Aussagen: 1922-05-04 Bichler Karl

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Quelle

Staatsarchiv Augsburg

Detailinformationen

Datum

04.05.1922

Ort

Althegnenberg bei Bürgermeister Johann Glück.

Zugegen

Karl Bichler
Neuss, Krim.Kom.
Kollmer, Krim.Sekr.

Inhalt

Polizeidirektion München
Althegnenberg, den 4.Mai 1922

Fahndungsabteilung

Betreff: Raubmord in Hinterkaifeck.


Im Nachgange zur Anzeige vom 2.Mai 22 wurde heute vormitt. 8 1/2 Uhr in der Wohnung des Bürgermeisters Johann Glück von Althegnenberg der led. Hilfsarbeiter
Karl Bichler
Geboren 12.Oktober 1901 in Waidhofen, B.A. Schrobenhausen, ehelich der Gütlerseheleute Martin und Viktoria Bichler, letzt. Geb. Steinbichler in Waidhofen, Hs-Nr. 47 wohnhaft, z. Zt. Im Gemeindehaus in Althegnenberg wohnhaft, vorläufig festgenommen.

Zur Sache selbst gab er folgendes an:

Was die mir vorgehaltene Beschäftigung betrifft, so erkenne ich diese als richtig an! Nach meiner letzten Beschäftigung bei Josef Greppmeier in Steinerskirchen am 17.Juli 21 blieb ich einige Wochen zuhause bei meiner Mutter und ging dann Anfangs August 21 zu dem Bauern Zeisl im Ludwigsmoos zur Ernte. Dort blieb ich etwa 14 Tage in Arbeit und begab mich dann wieder nach Hause zu meiner Mutter. Von da ab verrichtete ich kleinere Gelegenheitsarbeiten, bis ich am 3.Febr. 22 bei dem Bauern Martin Lester in Oberbärnbach B.A. Aichach in Stellung kam. Ich wurde dort nach etwa 14 Tagen bis 3 Wochen wieder entlassen, hielt mich dann 3-4 Tage bei meinem Bruder Georg Bichler in Schrobenhausen, Breitwiesengasse Nr.81 auf und erhielt am 2. oder 3.März 22 im Gute Lindahof bei Frau Therese Drexl als Dienstknecht Stellung.

Die Nacht vom 31.März auf 1.April 22 hielt ich mich in der Wirtschaft vom Bergmüller in Althegnenberg auf. Von einem von dem Schreinermeister Peter in Althegnenberg veranstaltetem Theaterstück, welches am 9. und 17.April zur Aufführung gelangte, fanden vorher wiederholt Proben statt, bei diesen ich auf Bestehen des Peter mitwirkte. Ob in der Nacht vom 31.März auf den 1.April eine Probe abgehalten wurde, bei der ich mitwirkte, weiß ich nicht. Ich bin aber fast täglich mit dem Baumeister Michael Huber vom Gute Lindahof nach der Arbeit etwa gegen 6 1/2 Uhr mit ihm nach Althegnenberg in die Wirtschaft zum Bergmüller gegangen. Diese meine Angaben kann sowohl Bergmüller, als auch die dortige Kellnerin “Tina“ bestätigen.

Die Ermordeten in Hinterkaifeck mit Ausnahme der Dienstmagd habe ich persönlich gekannt. Ich habe dort im Herbste 1919 bei der Kartoffelernte mitgeholfen. Die häuslichen Verhältnisse waren mir in soweit bekannt, daß ich nur Bescheid wußte, über das Wohnzimmer, Küche und Stallung. Die übrigen Räumlichkeiten waren mir nicht näher bekannt. Es ist richtig, daß mir bekannt war, daß die Ermordeten vermögend waren und auch noch Goldgeld hatten, was ich in der Wirtschaft und von anderen Personen erfahren habe.

Vom Morde erfuhr ich aus der Zeitung. Vom Täter bzw. Mittäter oder Anstifter fehlt mir jeder Verdacht.

Die mir vorgehaltenen Angaben, wonach ich mich dahin geäußert hätte,
-Anl. 2-
Wie wäre es denn, wenn man dahinten Hinterkaifeck einbrechen täten, den Alten Gruber müßte man wegräumen und die Weiber würden uns das Geld so geben, sind unwahr. Ich habe eine solche Äußerung nicht gebraucht, dagegen habe ich mich dahin geäußert, das Geld von den Hinterkaifeckern wäre schon recht, da bräuchte man nichts mehr zu arbeiten. Derartige Äußerungen sind nicht nur von mir, sondern auch von anderen Personen gefallen, so sagte insbesondere der led. Metzger Andreas Kaspar von Waidhofen, 25 Jahre alt, einmal in der Wohnung des Bäckermeisters Lang in Waidhofen, “Ich tät schon wissen, wo die Hinterkaifecker ihr Geld haben“. Das ich jemanden darum ersucht hätte, mit mir das Geld in Hinterkeifeck zu stehlen, entspricht nicht den Tatsachen.

Daß ich mich dahin geäußert hätte,“arbeiten tue ich nichts mehr, so dumm bin ich nicht mehr, daß ich mir die Hände dreckig mache, es muß so auch gehen und wenn ich mir die Hände blutig machen muß“, bestreite ich entschieden, insbesondere die Äußerung, daß ich mir die Hände blutig machen werde. Richtig ist es, daß ich mich dahin geäußert habe, daß ich mir die Hände nicht mehr dreckig machen will. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, daß ich mit der Handelschaft und zwar damals mit dem Kartoffelhandel mich fortbringe.

Richtig ist es, daß ich mich für ein Mittel interessiert habe, durch dessen Anwendung man einen Hund lahmlegen könnte.
–Anl. 5-
Ich verkehrte wiederholt bei den Gütlern Reil und Riedl in Waidhofen und beide habe ich gefragt, ob sie das Mittel wüßten, wonach man einen Hund unwachsam machen könnte. Nicht zutreffend sei, daß ich mich bei dem Schäfer meines seinerzeitigen Dienstgebers Josef Greppmeier in Steinerskirchen nach einem solchen Mittel erkundigt hatte. Dagegen hat sich der Gemeindehirte von Epenhofen bei Schrobenhausen, glaublich mit Vorname “Martin“ mir gegenüber dahin geäußert, daß er jeden Hund lahmlegen könnte. Diesen hirten habe ich gebeten mir das Mittel zu verraten; er gab mir aber zu Antwort: “nicht für 1000 M“. Ich hatte bis heute ein derartiges Mittel noch nicht in Händen und ist mir auch ein solches nicht bekannt.

Es ist mir nicht erklärlich, daß man gerade auf mich den Verdacht des Mordes bzw. der Anstiftung oder Beihilfe wirft, da es doch in Waidhofen noch genug Personen gibt, die den ganzen Winter nichts gearbeitet haben und fast täglich in der Wirtschaft zechten, ohne das sie vermögend sind oder Ökonomie treiben. So möchte ich nur auf die Person eines von Pfaffenhofen a.I. im Herbste v.J. nach Waidhofen übersiedelten led. Schuhmachers Josef Fleck oder ähnlich, der noch einen weitern Bruder dort hat, der Schneider ist, aufmerksam machen. Diese zwei verkehren außerdem viel mit dem Metzger Bichler Michael, der z. Zt., beim Unterbräu in Schrobenhausen beschäftigt und wohnhaft ist. Dieser hier erwähnte Schuster soll sich in Waidhofen einen Bauplatz um 4000 M gekauft, obwohl er in Wirklichkeit keine 1000 M Vermögen haben kann. Woher dieser das Geld zum bauen hat, ist mir unerklärlich. Dessen Bruder, der Schneider ist eine Person die ständig einen Revolver und einen Dolch bei sich trägt.

Bichler ist nach meiner Anschauung ein Lump. Er hat seinem Vater Getreide gestohlen und dann verkauft. Diesen hier genannten traue ich diese Tat zu und bitte ich, das gegen diese die Erhebung eingeleitet werden möchte.

Ich bestreite ganz entschieden, daß ich den Mord verübt, oder mich in irgend einer weise daran beteiligt hätte oder daß ich jemanden dazu angestiftet hätte. Es ist auch niemand an mich herangetreten, der sich über die Verhältnisse in Hinterkaifeck erkundigt hätte.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß auch die Gebr. Thaler in Unterkaifeck nicht sauber sind. Sie haben auch schon gestohlen. Ich bestreite auch, daß ich am 3. und 4.April in Schrobenhausen war und dort bei einem Herrn Buchernecker nach einer Landkarte erkundigt hätte. Ich bin seit meiner Einstellung im Gute Lindahof nicht mehr aus dem Gemeindebezirk Althegnenberg gekommen. Alle die in dieser Richtung gegen mich gehegten Verdächtigungen sind unwahr.
Über die Mordsache selbst kann ich weitere Angaben nicht machen“.



Es wurde Bichler bedeutet, daß ihm eine Reihe von Diebstählen zur Last gelegt werden und ob er sich darüber wahrheitsgemäß ohne irgend welchen Vorbehalt äußern möchte.

Bichler gab hierauf folgendes an:

Als Dienstbote bei Preschl in Westerbach habe ich im Jahre 1914 aus dem Taubenschlag heraus ein paar junge Tauben gestohlen, die ich wieder fliegen ließ, da ich bei der Tat ertappt worden bin.
Beim Wirt Johann Walter in Koppenbach habe ich im Jahre 1917 aus dessen verschlossenen Kassenschrank, der in die Mauer im Schlafzimmer eingelassen war, mit dem dazu gehörigen Schlüssel, der auf einer an der Wand hängenden Uhr versteckt war, einigemal kleinere Beträge in der Gesamthöhe von 50 M gestohlen.
Mit dem Dienstknecht Sebastian Böck, 18 Jahre alt, von Koppenbach habe ich im Herbste 1917 gegen 10 Uhr abends aus einem umzäunten Garten des Bauern Johann Walter (Sepp-Martl) in Koppenbach ein Schaf entwendet und an den Metzger Josef Kaspar in Waidhofen um 13 M verkauft. Kaspar wußte, daß das Schaf gestohlen war, denn ich habe ihn gefragt, ob er kein Schaf brauchen könne, worauf er erwiderte, ja, bring`s nur wenn eins haben kannst. Wie er es bereits hatte, wollte er hierfür nichts zahlen, erst auf wiederholte Forderung gab er mit 13 M hierfür. Nach meinem Dafürhalten war das Schaf zur selben Zeit mindestens 40 – 50 M wert.
Aus einem verschlossenen Schrank der Wohnung des Schmiedemeisters Greppmeier in Waidhofen, den ich mit der Hand aufgerissen habe, habe ich aus einer Westentasche eine Taschenuhr mit Kette und aus einem weiteren Schrank, der unversperrt war, eine braune, gut erhaltene Hose entwendet; ferner habe ich aus einem am Speicher stehenden, unversperrten Schrank, aus einer darin befindlichen Hose eine Geldbörse mit etwa 25 – 30 M Bargeld gestohlen.
Im August 1921 habe ich nachts um 11 Uhr aus dem mit einem lückenhaften Zaun umgebenen Anwesen des Bauern Johann Walter in Koppenbach und zwar aus der unverschlossenen Stallung, dessen Türe nur angelehnt war, ein Schaf im Werte von 150 M gestohlen. Dieses Schaf brachte ich wieder zu dem Metzger Kaspar in Waidhofen, und tat es in dessen Stallung, nachdem er mir schon vorher mitgeteilt hatte, das ich bei seiner Abwesenheit dasselbe nur in die Stallung bringen möchte. Am nächsten Tage wollte ich mir das Geld für das Schaf vom Kaspar holen. Kaspar erklärte mir aber, daß ihm das Schaf selbst heute Nacht selbst aus der Stallung gestohlen worden sei. Diesen Angaben schenkte ich keinen Glauben, nachdem ich ihm vorher zu wissen machte, daß ich ihm heute Nacht ein Schaf bringen werde. Ich erhielt deshalb von ihm nichts bezahlt.

Etwa im September 21, nach der Ernte, habe ich aus derselben Stallung auf dieselbe Weise nachts zwischen 10 und 11 Uhr weitere 2 Schafe gestohlen, die einen Wert von etwa 230 M hatten. Diese Schafe trieb ich bei Tag nach Schrobenhausen und verkaufte sie dort an den Metzger Johann Ott zu 230 M.

Im Oktober 21 habe ich bei eintretender Dunkelheit vom Acker des Bauern Andreas Schrittenlocher in Waidhofen weg einen Sack voll grüner Tabakblätter entwendet. Ich habe die Tabakblätter dann von den Pflanzen abgeschnitten und dieselben in meinen mitgebrachten Sack verpackt. Diese Blätter hab ich zum trocknen auf den Speicher der Wohnung meiner Mutter gehängt, wo sie sich heute noch befinden. Gleichzeitig habe ich vom gleichen Acker weg, einige Krautköpfe mitgenommen.

Der 19 jährige Gütlerssohn Wendelin Kottmeier in Waidhofen brachte mir im Herbste v.J. etwa 80 Pfund Weizen, die er seinem Vater entwendet hatte, in meine Wohnung in Waidhofen. Diese 80 Pfund Weizen verkaufte ich an den Bäckermeister Lang in Waidhofen um 210 M, die wir zu gleichen Teilen unter uns teilten.

In Oberbärnbach B.A. Aichach habe ich im Februar 22 dem Bauern Markus Leste, wo selbst ich bedienstet war, aus dessen verschlossenem Speicher 1 Zentner Korn entwendet und bei dem Gütler Josef Plapperer in Oberbärnbach verkaufen wollen. Dieser Diebstahl wurde dem Lester mitgeteilt und ich wurde auf dieshin entlassen. Der Sack Korn kam wieder in den Besitz des Leste.

Ende Februar d.J. habe ich dem Gütler Blasius Beck, gen Lipp Blasius, in Waidhofen in den Nachmittagsstunden aus dem versperrten Hühnerstall heraus 2 Hühner gestohlen. Diese beiden Hühner verkaufte ich an den Gastwirt Josef Neuschwandtner in Schrobenhausen für 60 M.

An weitere Diebstähle kann ich mich nicht entsinnen“.

Auf Vorhalt erkläre ich ferner:

“Ich bestreite entschieden, daß ich im Herbste 21 irgendwo Wäsche gestohlen hätte,
-Anl. 4-
weder aus einem Garten noch aus einem Hofe von der Aufhänge weg.

Was die Schafdiebstähle bei Walter in Koppenbach betrifft, so ist es nicht richtig, daß ich das erste mal 3 Stück Schafe entwendet hätte. Ich habe nur, wie ich bereits angegeben habe, alleine im Ganzen 3 Stück Schafe und mit dem Böck 1 Schaf gestohlen. Richtig ist aber, daß ich die 2 letzten Schafe mit dem Schubkarren des Gütlers Böck in Koppenbach abtransportiert und für den Rücktransport des Karren 2 m bezahlt habe.

Ich muß ferner bestreiten, daß ich Anfangs Dezember 19 dem Bauern Johann Walter in Koppenbach 10 Stück Hühner gestohlen hätte.

Unrichtig ist ferner, daß ich dem Gastwirt Johann Walter in Koppenbach 10 Stück Hühner gestohlen habe. Richtig ist aber, daß ich während meiner Dienstzeit vom 6.Februar 18 bis 1. Dezember 18 im Laufe der Zeit dem Wirt Walter nach und nach 10 Stück Hühner gestohlen habe. Diese Hühner habe ich jeweils auch mit Böck auf unserer Kammer gekocht und gegessen.

Das ich bei dem bereits zugestandenen Hühnerdiebstahl zum Nachteile des Reil von der Ehefrau Reil ertappt worden wäre und ich deshalb die Hühner wieder laufen ließ, ist nicht zutreffend. Richtig ist aber, daß die Frau, als ich die Hühner in einem Sack verpackt wegtransportieren wollte, dazukam, und ich die Flucht ergriffen habe. Bei diesem Diebstahl habe ich meinen Hut im Wohnzimmer des Reil zurückgelassen.

Es ist auch unrichtig, daß ich im herbste 20 oder 21 in den frühen Morgenstunden auf der Strasse nach Rachelsbach tote Hühner getragen habe.

Das ich irgendwo versucht hätte, Hühner zu stehlen –Anl. 10- stelle ich in Abrede.

Was das Wildern meines Bruders Anton betrifft, so erfuhr ich vom Wirt Reger in Waidhofen, daß mein Bruder täglich zum wildern gegangen sei und eines Tages von dem Jagdbesitzer, Rechtsanwalt Schneider in Schrobenhausen, erwischt worden ist. Nachdem ich damals stets auswärts gearbeitet habe, habe ich leider keinerlei Wahrnehmung gemacht. Ich selbst stehe mit ihm auf gespannten Fuß und hat er mir deshalb wahrscheinlich keinerlei Mitteilung hiervon gemacht.

Die von mir gemachten Angaben beruhen auf Wahrheit und habe ich hierzu keine weiteren Angaben zu machen.

L. U.


gez. Neuss
Krim.Kom.

gez. Karl Bichler

gez. Kollmer
Krim.Sekr.

Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck

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