Aussagen: 1924-05-23 Strasser Anton

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Quelle

Staatsarchiv München

Detailinformationen

Datum

23.05.1924

Ort

München (?)

Zugegen

Anton Strasser, Metzgereibesitzer
Kollmer, Kriminalsekretär

Inhalt

Vernehmung des Metzgereibesitzers Anton Strasser


Polizeidirektion München
München, den 23.Mai 1924

Fahndungsabteilung

Betreff: Raubmord in Hinterkaifeck

Erscheint auf Vorladung der verh. Metzgereibesitzer

Anton Strasser

Wohnhaft Thalkirchenerstr. 30/III und gibt zur Sache folgendes an: “In den Jahren 1920 – 24 war ich die meiste Zeit in Waidhofen und Umgebung um Vieh aufzukaufen. Dadurch habe ich Waidhofen und die ganze Umgebung kennen gelernt und die Leute kennen auch mich.

Zum letzten Male war ich heuer 8 Tage vor Ostern wieder dort und habe in der Reger`schen Wirtschaft in Waidhofen, wo ich gewöhnlich übernachtete, unter den anwesenden Gästen, die immer wieder den Mord von Hinterkaifeck besprechen, vernommen daß sie, der Anschauung sind, daß die Sache nun so klar läge, daß sie bloß zugreifen dürften, jedoch sind sie der Meinung, daß die Einen nicht können und die anderen getrauen sich nicht.

So habe ich unter anderem von den Gästen vernommen, daß als Täter niemand anderer in Betracht kommen könne, als der

Wendelin Kaspar und der alte Thaler
Auch die Buben des Thaler sollen daran beteiligt sein.

Begründet werden die Vermutungen aus folgenden Gründen: Schon seinerzeit bei der Beerdigung der Opfer soll der amtierende Pfarrer von Waidhofen in seiner Grabrede sich dahin geäußert haben, daß man die Mörder einfach nur unter den Anwesenden herausholen könnte, so klar lege die Sache.
Auffallend war auch damals schon, daß Wendelin Kaspar und der alte Thaler vor dem Mord gute Freunde und nach dem Morde Todfeinde waren. Trotzdem kamen die Beiden nachts, als alles in Ruhe war zusammen und zwar kam entweder der Kaspar zu Thaler oder umgekehrt. Dies wurde von dem in Waidhofen wohnhaften Reun-Martl (Hausname desselben, der Schreibname ist mir nicht bekannt) beobachtet und hat seine Beobachtung in der Reger`schen Wirtschaft erzählt.

Bekannt wurde, daß Andreas Kaspar, Sohn des Wendelin Kaspar, der eine Tochter von Thaler zur Frau nahm, vor dem Morde ein Haus baute, das Bauen jedoch wegen Mangel an Geld einstellen mußte. Thaler sen. wollte dann vom Raiffeisenverein Waidhofen ein Darlehn aufnehmen, das er auch bekommen hätte, jedoch müßte er einen Bürge für ihn aufbringen. Es hätte sich auch ein Bürge für ihn gefunden, jedoch benötigte er denselben nicht mehr, denn kurz nach dem Morde hat Thaler wieder weitergebaut. Dies fiel damals besonders auf.

Mir ist auch zu Ohren gekommen, von wem, weiß ich heute nicht mehr, daß Thaler und Kaspar Wendelin die Handwerker (Maurer und Zimmerleute) nach dem Morde mit Goldgeld ausbezahlt haben sollten. Dies ist in Waidhofen allgemein bekannt und könnte evtl. dort nähers festgestellt werden.

Von dem Bäcker Lang in Waidhofen habe ich in der Reger`schen Wirtschaft erfahren bzw. Lang hat es dort öffentlich erzählt, daß Kaspar Wendelin nach dem Morde bei ihm einige Doppelzentner Mehl mit Goldgeld bezahlt hat. Auch ist dort jetzt überall bekannt, daß Kaspar Wendelin seiner Tochter die Aussteuer in Schrobenhausen glaublich bei Schuhbeck gekauft hat und ebenfalls mit Goldgeld bezahlte.

Einige Tage nach dem Morde ging ein gewisser Xaver Kraus, Gütler in Stadel von dort nach Hohenwart. Unterwegs traf er die Tochter des Wendelin Kaspar. Kraus fing mit ihr ein Gespräch an und sagte u.a. zu ihr, wie man jetzt immer hört, soll dein Vater dabei gewesen sein. Die Tochter erwiderte darauf, die Leute können ja sagen, was sie wollen und wenn es auch so gewesen wäre, dann brauchst ja nicht glauben, daß wir etwas aussagen.

Die Tochter des Wendelin Kaspar war einmal nach dem Morde bei einem gewissen Fleischmann senior in Waidhofen im Heimgarten, wo sie auch über den Mord zu sprechen kamen. Dort soll die Tochter erzählt haben, daß als sie einmal schon zu Bette lag, der Thaler zu ihrem Vater gekommen ist und dabei habe sie gehört, wie der Thaler zu ihrem Vater gesagt hat, jetzt geh weiter, jetzt bringen wir sie um, sein muß es doch einmal.

Diesen Vorgang erzählte die alte Frau Fleischmann einmal dem Oekonom Gollin in Waidhofen. Golling erzählte mir dies persönlich und bliebe darauf bestehen, daß ihm dies die Frau Fleischmann erzählt hat.

Zwischen Wendelin und Andreas Kaspar kam es einmal nachts zu einer Schießerei. (Näheres wurde hierüber bereits unterm 30.10.22 durch Anzeige hinterlegt) Nach der Schießerei kam ich einmal mit Andreas Kaspar im Hofe der Reger`schen Wirtschaft zusammen, wo auch ein gewisser Georg Karl zugegen war. Wir besprachen dabei den Vorgang mit der Schießerei, wobei Andreas Kaspar zu mir sagte: “Toni, was meinst wenn ich`s Maul aufmache, dann kommt ihm morgen der Kopf weg oder er kommt zum Zuchthaus überhaupt nicht mehr heraus“. Er meinte damit seinen Vater. Dieses Gespräch hörte auch der Karl mit an, denn wir saßen zusammen auf einer Waschbank.

Wie mir bekannt wurde hat der Wagnermeister Essigkrug von Waidhofen in letzter zeit dem Wendelin Kaspar in öffentlicher Wirtschaft (Gasthaus Brunner) den Mord in Kaifeck vorgeworfen. Wegen dieses Vorwurfes schwebt z. Zt. Zwischen Kaspar und Essigkrug ein Beleidigungsprozeß. Essigkrug verharrt jedoch auf seiner Äußerung und tritt mit Zeugenbeweis gegen Kaspar an.

Am Sonntag vor 14 Tagen (4.5.24) hat der Xaver Kraus dem Josef Thaler, Sohn des alten Thaler, in der Walter´schen Wirtschaft in Koppenbach öffentlich einen Meuchelmörder genannt. Thaler hat sich dieses Vorwurfes in keiner Weise verteidigt, vielmehr wurde er ganz blaß darüber. Diesen Vorfall erzählte mir hier Kraus persönlich.

Das die zuständige Gendarmerie in Hohenwart von vorstehenden Angaben, die dort sonst allgemein bekannt sind, wenig erfahren hat, dürfte damit seinen Grund haben, daß die Waidhofer bzw. die in dortiger Gegend ansässigen Leute gegenüber den Beamten der Gendarmerie wenig Vertrauen haben, da sie der Ansicht sind, daß zwischen ihnen und dem Kaspar ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis besteht. Inwieweit dies zutrifft, kann ich selbst nicht begründen. Ich selbst wurde einmal durch den Gend.Wachtm. Plank der Station Hohenwart in der Küche der Reger`schen Wirtschaft zu einer Sache vernommen. Währenddem haben in der Gaststube anwesende Gäste, darunter ein gewisser Ludwig, der bei Lebmeier wohnte, in seinem Beruf Schuhmacher ist, den von Plank in der Gaststube zurückgelassenen Rucksack durchgesehen. Dabei haben sie in dem selben eine Flasche Schnaps und ein Stück Fleisch, etwa 6 Pfd., wahrgenommen. Dies hat mir Ludwig nach entfernen des Plank erzählt. Die Veranlassung zu dieser Nachschau gab dem Ludwig, weil er den Wachtm. Plank mit leerem Rucksack zu Kaspar hineingehen und mit gepackten herausgehen sah.

Weitere Angaben zur Mordangelegenheit kann ich heute nicht machen. Sobald ich wieder etwas wesentliches erfahren sollte, werde ich Mitteilung machen
.

V.g.u.u.
Zur Sache gehört:
Anton Strasser
gez. Kollmer, Kr.Sekr.

Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck

Hielt sich in den Jahren vor und nach der Tat regelmäßig im Raum Waidhofen auf und brachte die Brüder Thaler, deren Vater und Kaspar in Verbindung mit dem Sechsfachmord in Hinterkaifeck.

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