Aussagen: 1932-05-02 Schäfer Franziska

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Quelle

Staatsarchiv Augsburg

Detailinformationen

Datum

02.05.1932

Ort

München

Zugegen

Franziska Schäfer, geb. Baumgartner

Inhalt

Vernehmung der Franziska Schäfer

München, den 2. Mai 1932

Die Ausgehersehefrau

Franziska Schäfer

geb. Baumgartner, geb. 30.8.1878 zu Kühbach, B. A. Aichach, wohnhaft Dachau, Schwanklerstr. 3, gibt auf Befragen an:

„Ich bin die Schwester der in Hinterkaifeck mitermordeten Dienstmagd Maria Baumgartner. Ich hatte insgesamt fünf Geschwister und zwar zwei Brüder und drei Schwestern. Meine Brüder leben noch, die Schwestern sind bereits gestorben. Mein Vater ist bereits im Jahre 1888 und meine Mutter im Jahre 1904 gestorben.

Mit meinen Geschwistern hatte ich wenig Verbindung. Insbesondere waren meine Brüder oft jahrelang, ja jahrzehntelang fort und ich hatte mit ihnen nicht die geringste Verbindung. Mein Bruder Narziss ist fünf Jahre älter als ich und mein Bruder Josef ist ein Jahr jünger.

Geheiratet habe ich im Jahre 1904. Ich habe mit meinem Mann zuerst in Dachau gewohnt. Dann haben wir im Juli 1916 in Hohenwart ein Anwesen gekauft. Im Frühjahr 1917 haben wir dieses Anwesen wieder verkauft und haben dafür ein Anwesen in Mühlried gekauft, das wir dann bis Juli 1922 besessen haben.

Aufgewachsen bin ich ebenso wie meine Geschwister in Kühbach bei Aichach. Kühbach ist etwa zwei Stunden von Schrobenhausen entfernt. Das elterliche Anwesen in Kühbach wurde nach dem Tode der Eltern von meiner ältesten Schwester fortgeführt. Meine Schwester Balbina ist aber schon während des Krieges gestorben. Da niemand das Anwesen fortführen wollte, haben wir das Haus verkauft. Ich weiß noch, daß wir zum Verkaufen die Unterschriften aller Geschwister gebraucht haben. Damals waren aber meine Brüder nicht aufzufinden und wir haben sie dann durch einen Notar ausschreiben und suchen lassen. Sie haben sich dann auch beim Notar gemeldet und haben ihr Einverständnis zum Verkauf gegeben.

Gesehen habe ich meine Brüder erst wieder, wie wir in Mühlried das Anwesen hatten. Damals sind eines Tages meine beiden Brüder für einige Stunden zu Besuch gekommen. Wann das war, weiß ich heute nicht mehr. Ich meine aber, daß es mindestens ein Jahr vor dem Mord war. Wo meine Brüder waren, wie der Mord passiert ist, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob meine Brüder die Maria besucht haben vor sie ermordet wurde.

Die Maria war, vor sie nach Hinterkaifeck kam, im Frühjahr 1922 in Kühbach in unserem elterlichen Anwesen. Das war zwar damals schon verkauft, aber die Maria hat bei einer Verwandten namens Franziska Birner, sich aufgehalten. Von dort aus hat sie mich dann in Mühlried besucht und hat mir geklagt, daß sie keine rechte Heimat mehr hätte; sie wollte damals eine Stellung suchen und ich habe ihr versprochen, daß ich versuchen würde für sie etwas zu finden. Ich ging dann nach Schrobenhausen zur Verdingerin Rockesmüller, die mir zusagte, sie würde versuchen einen Platz zu beschaffen. Die Maria hielt sich einstweilen wieder in Kühbach auf. Eines Tages Ende März 1922 kam dann die Rockesmüller zu mir nach Mühlried und teilte mir mit, daß sie jetzt einen Platz für meine Schwester wüßte und zwar nach Hinterkaifeck. Sie sagte mir, sie würde die Bäuerin von Hinterkaifeck zu mir schicken. Tatsächlich kam dann die junge Bäuerin von Hinterkaifeck am Donnerstag, den 30 März 1922, zu mir, nachdem sie schon kurz vorher einmal nachgefragt hatte. Da sie auch am 30.3.22 die Maria bei mir nicht antraf, vereinbarte ich mit ihr, dass ich meine Schwester zu ihr hinbringen würde. Am nächsten Tag kam dann die Maria mit ihrem Rucksack und ihren Sachen und ich habe sie noch am selben Nachmittag nach Hinterkaifeck begleitet.

Wir werden etwa gegen 5 Uhr nachmittags auf den Einödhof gekommen sein. Eigentlich wäre der Weg nicht einmal eine Stunde weit gewesen, aber wir haben uns verlaufen. Auf dem Hofe werde ich mich eine gute Stunde aufgehalten haben. Zuerst war nur die alte Bäuerin da. Der Bauer und die junge Bäuerin waren auf dem Acker. Dann kam auch noch die junge ins Haus. Ich habe mich dann von meiner Schwester verabschiedet und bin wieder heimgegangen.

Auf Befragen: Auf dem Hof ist mir nicht das geringste aufgefallen. Nur so unheimlich einsam kam mir der Hof vor und mich berührte es etwas eigentümlich, dass mir meine Schwester, wie ich schon weggegangen war, noch einmal gerufen hat, um sich nochmals mit der Hand zu verabschieden.

Es ist nicht richtig, dass jemand vom Dach heruntergeschaut hat, wie wir den Hof betreten haben. Ich kann auch niemals etwas derartiges erzählt haben. Wenn die Leute das trotzdem behaupten, so haben die Leute das selbst erfunden.

Ich habe auch auf dem Hof sonst niemanden gesehen.

Im Juli 1922 bin ich dann mit meinem Mann nach München gezogen, wo wir das Haus Winterstr. 3 gekauft haben. Nach München sind wir gezogen, weil ich nicht mehr die Landarbeit machen konnte. Auf Befragen: Meine Brüder hatte ich seit dem Besuch in Mühlried nicht mehr gesehen. Ich konnte die Brüder nicht einmal von der Ermordung der Schwester verständigen, weil ich ihren Aufenthalt nicht wußte.

Mein Bruder Narziss hat dann in München einige Jahre bei mir gewohnt. Er kam nämlich plötzlich eines Tages und sagte, er habe erfahren, daß wir jetzt in München seien. Von wem er das erfahren hatte, weiß ich nicht. Er hat dann gefragt, ob er bei uns bleiben könnte. Er ist zwar nicht gleich geblieben, aber in den nächsten Wochen ist er dann hergezogen.

Auf Befragen: Er hat mir schon erzählt, daß er erst aus der Zeitung erfahren habe, daß unsere Schwester Maria in Hinterkaifeck mitermordet wurde. Wo er aber da war, wie er dies gelesen hat, weiß ich nicht.

Auch der Josef kam später einmal zu uns in die Winterstr. Wann das aber war, weiß ich nicht mehr. Ich kann aber auch nicht sagen, wie der Josef zu uns fand. Vielleicht hat ihn doch der Narziss einmal mitgebracht. Meines Wissens hat der Josef bei uns nur einmal eine Nacht geschlafen. Ich habe mich um meine Brüder wenig gekümmert. Beide haben gern getrunken.

Ich habe keine Ahnung, wo meine Brüder waren, bevor sie zu uns in die Winterstr. gekommen sind.

Ob mein Bruder Narziss zur Zeit der Morde von Hinterkaifeck in München war, weiß ich nicht. Ich weiß auch nichts davon, daß er sich bald nach dem Morde in München abgemeldet haben soll.

Wenn die Leute behaupten, ich hätte das erzählt, so verstehe ich das nicht. Ich weiß ja davon gar nichts. Ich bin sogar der Meinung, mein Bruder wäre zur Zeit des Mordes weit fort gewesen. Wenn ich mich recht erinnere hat er sich nämlich mir gegenüber so geäußert, als ob er weit fort gewesen wäre, wie das passiert ist. Genau kann ich mich aber nicht mehr erinnern.

Ich weiß auch nicht, wo meine Brüder gearbeitet haben. Wie der Josef da war, habe ich nicht erfahren, woher er gekommen ist und ich weiß auch nicht wohin er gegangen ist. Auch heute weiß ich nicht, wo der Josef ist. Der Narziss, meine ich, wohnt in München. Verbindung habe ich keine mit den beiden.

Auf Befragen: Die Maria hat auch vor ihrer Ermordung nicht über die Brüder gesprochen. Ich glaube deshalb nicht, daß die Brüder sie besucht hatten. In München kamen schon manchmal Bekannte meines Bruders Narziss und es wurde dann auch in der Wohnung Bier getrunken, ich habe aber meinem Bruder immer gesagt, daß ich das nicht mag.

Das ist alles was ich weiß.“

V.g.u.u.

gez. Franziska Schäfer

Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck

Franziska Schäfer, Schwester der Magd Maria Baumgartner

Fragen/Bemerkungen

Als Ausgeher bezeichnete man früher einen Boten (siehe http://ahnenforschungen.de).