Zeitungsartikel: 2007-04-04 Donaukurier

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Historischer Mordfall

Detailinformationen

Datum

04.04.2007

Ort

Ingiolstadt

Art des Dokumentes

Zeitungsbericht

Verfasser

unbekannt

Verfasst für

Donaukurier

Verfügbar

Zeitungsarchiv

Inhalt

Historischer Mordfall

Waidhofen. Vor 85 Jahren ereignete sich im Weiler Hinterkaifeck bei Waidhofen einer der spektakulärsten und mysteriösesten Mordfälle des Landes.

Sechs mit besonderer Brutalität ermordete Menschen fanden die Nachbarn auf dem Hof, bis heute ist nicht geklärt, wer der Täter war. In der Nacht vom 31. März auf den 1. April 1922 wurde eine ganze Familie ausgelöscht. Alle Leichen waren zugedeckt. Unter einer alten Tür lagen Andreas Gruber, 63-jähriger Austragsbauer, seine Frau Cäzilia (72), ihre 35 Jahre alte Tochter Viktoria (35) und deren siebenjährige Tochter Cäzilia. Offenbar wurden alle nacheinander in die Scheune gelockt und dort mit einer Hacke ermordet. Die Magd Maria Baumgartner (44), die am 1. April ihren ersten Arbeitstag auf dem Hof gehabt hätte, fand man in ihrer Kammer unter Bettwäsche begraben. Den Kinderwagen, in dem der zweijährige Gabriel erschlagen wurde, verhüllte ein Unterrock.
Mit höchst ungewöhnlichen Mitteln versuchte die Kriminalpolizei, dem Täter auf die Spur zu kommen. Sie ordnete sogar an, dass den Leichen die Köpfe abgetrennt und einer Wahrsagerin vorgelegt wurden. Lange ging die Polizei von einem Raubmord aus, obwohl Geld und Schmuck auf dem Hof zurückgelassen worden waren.

Als gesichert gilt heute, dass in Hinterkaifeck eine inzestuöse Verbindung zwischen Vater und Tochter bestand, aus der die beiden Kinder stammten. Beide mussten im Jahr 1915 eine Haftstrafe wegen "Blutschande” verbüßen. Nicht nur deswegen hatte die Familie schon vor der Tat den Ruf, unnahbar und seltsam zu sein, hinzu kam ein gewisses Vermögen, das möglicherweise auch Neider auf den Plan gerufen hat.

Heute werden zwei Männer als mögliche Täter gehandelt. Zum einen ein Nachbar, der Viktoria heiraten wollte und der immer wieder als Vater des zweiten Kindes galt . Und dann ist da noch Viktorias Ehemann, der nach kurzer Ehe 1914 in den Krieg zog. Lange ging man davon aus, dass er noch in diesem Jahr gefallen ist. Recherchen der Redaktion haben allerdings ergeben, dass er den Krieg möglicherweise doch überlebt und die Identität eines verstorbenen Kameraden angenommen hat. Er könnte zurückgekehrt sein und entdeckt haben, dass seine Frau ein Kind von einem anderen bekommen hat. Eine Geisenfelderin erinnert sich an die Erzählungen in einer befreundeten Familie, die sehr detailgetreu vom Lebensweg des vermeintlich verstorbenen Ehemannes samt einer Art Geständnis berichteten. Beweise fehlen freilich.

Merkwürdige Details kommen zu all den Theorien noch hinzu. Viktoria hat vier Tage vor dem Mord 700 Goldmark im Beichtstuhl der Waidhofener Kirche versteckt. Vom Pfarrer zur Rede gestellt, reagierte sie nervös. Die Hinterkaifecker berichteten zudem über einen versuchten Einbruch kurz vor dem Mord, und auf dem Dachboden fanden sich Spuren, die darauf hindeuteten, dass jemand die Familie beobachtet haben könnte. Die Räume im Haus waren durchwühlt, ein Teil des Geldes fehlte, ein beträchtlicher war aber noch da. Ein pensionierter Ingolstädter Kriminalkommissar hat jahrelang privat weiterermittelt und sogar die Tatwaffe, eine Art Spitzhacke, rekonstruiert.

Die Bluttat hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Journalisten und Forscher auf den Plan gerufen, und bis heute gibt es immer wieder Berichte über den Fall Hinterkaifeck. Hörspiele, Dokumentationen und Romane befassen sich mit dem Thema. Vor einem Jahr kam der Krimi "Tannöd” von Andrea Maria Schenkel hinzu.

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