Aktencheck: Die Aussagen des Ehepaar Maier 1931ff

Aus Das Hinterkaifeck-Wiki
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Viele Menschen meldeten sich im Laufe der vielen Jahre bei der Polizei, um zum Mordfall Hinterkaifeck eigene Hinweise abzugeben. Und viele dieser Hinweise liefen ins Leere, weil sie einer Überprüfung nicht standhielten oder weil sie nicht bewiesen werden konnten.
Ein solcher Ermittlungsstrang waren die Aussagen und Ermittlungen zu Sebastian Maier und seiner Frau Rosa, die sich 1931 an die Polizei wandten.

Chronologie

20.01.1931
Freiwillige Aussage Sebastian Maiers in Neuburg a.d. Donau bei Oberstaatsanwalt Kestel
Es wird notiert, dass Maier angetrunken erschienen war, sich seit 1 Jahr mit HK beschäftigt und den Schlittenbauer verdächtigt.
Er schlägt vor, seine Wohnung einem ortsfremden Kriminalbeamten zur Verfügung zu stellen und sich als sein Schwager auszugeben, um Schlittenbauer überführen zu können. Präzisere Angaben kann er an diesem Tag nicht machen.

22.01.1931
Trotz Skepsis bittet Kestel die Polizeidirektion München um weitere Ermittlungen und Überprüfung von Maiers Angaben und stellt die Übernahme etwaiger Kosten (auch für Dienstreisen) in Aussicht.
Dem Schreiben legt er auch das Strafregister des Sebastian Maiers bei.

27.01.1931
Fragenliste an die Gendarmeriestation Hohenwart über die Verhältnisse von Maier und was er wissen kann über die Tat. Ein Hinweis wird notiert, wonach Maier auf keinen Fall persönlich befragt werden soll.

29.01.1931
Antwort durch Goldhofer, der den Aussagen von Maier keine besondere Bedeutung beimisst. Maier kann von seiner Wohnung aus entgegen seiner Aussage Schlittenbauer nicht beobachten, er wohnt 25 min vom Hof des Schlittenbauers entfernt und dazwischen liegen noch Wälder. Maier ist auch erst binnen des letzten Jahres aus der Nandlstadter Gegend nach Waidhofen gezogen und lebt in einer Notwohnung. Er ist zu diesem Zeitpunkt arbeitslos und kann nur Gerüchte kennen, was eben so in den Gaststätten gesprochen wurde.

zum Dokument der o. g. Ausführungen



18.04.1931
Erneute Aussage Maiers. Er gibt an, am 13.03.1930 nach Wangen gezogen zu sein und dort mit seiner Familie ein kleines Häuschen zu bewohnen. Arbeit fand er im Sägewerk in Wangen. Er gibt an, zusammen mit seiner Frau Rosa den Mordfall Hinterkaifeck klären zu wollen und dass als Täter nur Schlittenbauer in Frage käme. Sein Nachbar Greger soll ihm davon erzählt haben, dass er mit Schlittenbauer zusammen als erstes zum Tatort gekommen war und Schlittenbauer ihn schon vorab warnte, dass er nicht über die Leichen stolpern sollte, falls sie alle erschlagen wären. Maier wiederholt das Bekannte, dass Schlittenbauer an Grubers Fuß zog und dann nach seinem Sohn suchte. Allerdings soll Schlittenbauer vor der Nachschau, so im Vorbeigehen, Heu in den Futterbarren geworfen haben. Greger soll zunächst Schlittenbauer die Tat nicht zugetraut haben, mittlerweile aber anderer Meinung sein und das dem Maier und seiner Frau in dessen Wohnstube erzählt haben.
Maier wiederholt ebenfalls die Episode mit der Taschenlampe in der Tatnacht bei HK, die er von Michael Plöckl selbst erfahren haben will. Plöckl soll gesagt haben, dass die Statur des unbekannten Mannes auf Schlittenbauer passte. Plöckl soll zudem Rauch im Backofen bemerkt haben und einen unangenehmen Geruch, als würden Lumpen verbrennt werden. Maier ist überzeugt, dass Schlittenbauer seine blutige Kleidung verbrannte.
Auch das Ehepaar Schaupp wird von Maier als Zeugen angegeben, sie sollen nicht nur einem Mann begegnet sein, der aus einem Feld herausgekommen war und der Schlittenbauer sein konnte, sie wollen auch einen Streit auf Hinterkaifeck angehört haben. Gegen 9.00 in der Mordnacht. Weiter soll eine Tochter vom Schlittenbauer, die in eine Bäckerei eingeheiratet hatte, im Streit ihren Vater gesagt haben, ihn nicht mehr verschonen zu wollen. Dieser habe ihr dann auffällig viel Geld als Heiratsgut mitgegeben.
Maiers Frau Rosa soll eine weitere Tochter vom Schlittenbauer mal bewußt provoziert haben, in dem sie für die armen Seelen von Hinterkaifeck beten wollte und bei der Schlittenbauertochter einen sofortigen Heulanfall auslöste.
Maier selbst hat dann vermeintlich Schlittenbauer allein durch hartnäckiges Anstieren zum Verlassen einer Kartenpartie gebracht, was seinen Verdacht gegen Schlittenbauer noch verstärkte.
Auch hat auch einige Male nachts den Tatort besucht, weil er glaubte, der Täter würde dorthin zurück kehren.
Maier führt noch an, dass Schlittenbauer seine Töchter ausheiraten konnte und seinem Sohn ein Haus baute, was er vermutlich mit Goldgeld aus Hinterkaifeck finanzierte.
Auch in Karslhuld soll Maier mal zusammen mit Schlittenbauer in einer Wirtschaft gewesen sein und bei einer Konfrontation mit dem Verdacht soll Schlittenbauer weder bejaht noch verneint haben. Aus der Tatsache, dass Schlittenbauer keinen der Provokateure verklagt hat schließt Maier ebenfalls auf ihn als Täter.
Bärtl will Maier persönlich gekannt haben und schliesst ihn als Täter aus, obwohl er ihn seit fast 10 Jahren nicht gesehen hat.

26.04.1931
Die Gendarmeriestation Hohenwart berichtet der Staatsanwaltschaft Neuburg von der obigen Aussage. Sie weist darauf hin, dass Maier ein Trunkenbold ist und mehrfach vorbestraft. Als Motivation Maiers vermutet man die hohe Belohnung. Die meisten der von Maier erwähnten Zeugen und deren Aussagen vermutet Goldhofer bereits in den Akten und wartet auf weitere Anweisungen der Staatsanwaltschaft.

12.05.1931
Riedmayr beurteilt Maiers Aussagen als Schwätzereien, die vor Ort häufig anzutreffen sind. Er verweist auf sein erst kurz zuvor geführtes Verhör mit Schlittenbauer, nach dem er die Täterschaft Schlittenbauers für sehr unwahrscheinlich hält.
Dennoch erwähnt er, dass er Gregers Sinneswandel sowie die ihm unbekannte Aussagen Schaupps noch näher beleuchten möchte. Durch eine unauffällige Befragung Schaupps sollen Maiers Angaben gegengeprüft werden.

13.06.1913
Kestel weist an, den Gütler Johann Schaupp in Wangen und dessen Ehefrau zu befragen.

26.06.1931
Einvernahme Schaupp. Dieser stellt richtig, dass seine Beobachtungen einige Tage vor dem Mord gemacht wurden und dass er laute Stimmen aus dem Schlittenbauerschen Anwesen hörte und nicht von Hinterkaifeck, dort war es still. Eine Begegnung mit einem unbekannten Mann hat es nie gegeben. Maier wird von Schaupp als Schwätzer eingeschätzt, der oft betrunken ist. Schaupp kann gegen Schlittenbauer keinen Verdacht aussprechen.
Schaupps Frau bestätigt die Angaben ihres Mannes.

16.07.1931
Riedmayr beurteilt unter Heranziehen der Aussage Schaupps die Angaben des Maiers dahingehend, dass es sich dabei "in den wesentlichen Punkten um Übertreibungen und Schwätzereien handelt". Ihm fehlen neue Anhaltspunkte, um eine Wiederaufnahme gegen Schlittenbauer zu rechtfertigen.

12.09.1933
Aussage der Rosa Maier auf der Gendarmeriestation Hohenwart. Frau Maier gibt an, dass sie 1921 ihr Ingolstädter Haus verkauft hätten und auf der Suche nach einem neuen Haus gewesen war, als sie im Mai 1921 in die Nähe von Hinterkaifeck gekommen ist. In Laag sollte ein Haus zum Verkauf stehen.
Sie ist dann auf dem Weg nach Laag in Hinterkaifeck vorbeigefahren und hat "im Wohnhaus bezw. im Hofraum" einen heftigen Streit gehört. Aus Neugierde ist sie näher gegangen und hat gelauscht. Ein unbekannter Mann habe geschrieen "jetzt soll ich Dir die 6 000 RM wieder geben für das, weil ich Dich für die Lumperei ausgeholfen habe und ich die Vaterschaft angenommen habe, sonst wärest ja wieder eingesperrt worden und die Alimente möchtest auch noch verlangen, wenn ich das bezahlen muß, dann bringe ich Euch alle um". Der Streit, den Frau Maier belauschte, soll eine Dreiviertelstunde angedauert haben. Nachdem der Mann fort gewesen war will Frau Maier zu Viktoria gegangen sein und gefragt haben, was denn los gewesen sei. Viktoria habe den Mann als Schlittenbauer vorgestellt und dass dieser sehr gefährlich sei. Auch der Gruber soll dabei gewesen sein und die Magd mit einem unehelichen Kind. Frau Maier kannte auch Riegers Herkunftsort Kühbach, nur ihren Namen nicht.
Die Kreszenz Rieger wird von Frau Maier auch als Zeugin für den Streit angegeben und sie soll zuvor von Schlittenbauers Mutter vor deren eigenem Sohn gewarnt worden sein, weil er alle umbringen wollte samt dem Kind.
Die lange Wartezeit zwischen dem Mord und der Aussage der Frau Meier begründet sie mit der Hoffnung, noch mehr über diese Angelegenheit zu erfahren. Seit sie 1930 in Wangen wohnte hörte sie oft den Verdacht gegen Schlittenbauer und ihre vermeintlichen eigenen Beobachtungen bestärkten sie noch mehr in ihrer Meinung.

13.11.1933
Mit der beigefügten Aussage der Rosa Maier soll der Aufenthaltsort der Kreszenz Rieger bestimmt werden, um sie darüber zu befragen.

04.12.1933
Nach einem falschen Treffer soll weiter nach der richtigen Kreszenz Rieger geforscht werden.

09.12.1933
Aussage Kreszenz Rieger, mittlerweile verheiratete Schmid. Schmid gibt an, Schlittenbauer nur vom Sehen zu kennen, weil Viktoria seinen Namen einmal erwähnt hatte, als dieser mit seinem Gespann am Anwesen vorbei fuhr. Daran, dass Schlittenbauer während ihrer Beschäftigungszeit von April 1920 bis Oktober 1921 jemals im Anwesen war oder einen Streit gehabt hatte, kann sie sich nicht erinnern. Die Mutter des Schlittenbauer hat sie nie kennen gelernt.

19.12.1933
Die Polizeidirektion München stellt fest, dass die Angaben von Rosa Maier in wesentlichen Punkten nicht den Tatsachen entsprechen und daher weitere Ermittlungen nicht veranlaßt werden.

Faktencheck

1. Greger als Erster am Tatort - durch alle Aussagen der Auffinder und durch Greger selbst widerlegt

2. Ehepaar Schaupp hörte in der Tatnacht Streit auf Hinterkaifeck - durch beide widerlegt, sie hörten einige Tage vor der Tat laute Stimmen aus dem Schlittenbauerschen Anwesen

3. Begegnung des Herrn Schaupp mit einem Unbekannten nachts - widerlegt durch Schaupp selbst

4. Haus in Laag zum Verkauf 1921 - in den Jahren um dieses Datum herum gibt es keine Einwohnerwechsel in Laag, widerlegt durch die Einwohnerliste

5. Kreszenz Schmid, geb. Rieger als Mitzeugin des angeblichen Streits - diese bestreitet nicht nur den Streit sondern auch, dass sie Schlittenbauer je gesprochen oder im Hof gesehen hat

6. Frau Schlittenbauer sen. verwarnte Kreszenz Schmid, dass ihr eigener Sohn auf Hinterkaifeck alle erschlagen wollte - Kreszenz Schmid kam erst 1920 nach Hinterkaifeck wohingegen Frau Schlittenbauer sen. bereits 1918 verstarb

7. Viktoria und Gruber informierten eine Fremde ausführlich über Streitereien wegen Unterhalts eines unehelichen Kindes - passt zu keiner der Beschreibungen der Hinterkaifecker, die als leutscheu bekannt waren und wahrscheinlich keiner fremden Lauscherin noch ihr Vertrauen geschenkt hätten

8. Rosa Maier 1921 auf Hauskauf - die Frau Maier war angeblich alleine auf Hauskauf, nachdem sie ihr Haus in Ingolstadt verkauft hatten; was nicht so ganz passt ist, dass es ein arger Zufall gewesen wäre, dass sie aus Ingolstadt schnurstracks in der Hinterkaifecker Gegend landete und dorthin tatsächlich 10 Jahre später zog und den Mord aufklären wollte. 1931 jedenfalls war ihr Gatte arbeitslos und beide wohnten in einer Notunterkunft. Von einem verkauften Haus 10 Jahre zuvor oder gar einem neu erstandenen Haus ist nichts zu sehen.