Aktencheck: zum Verbleib des Täters auf dem Hof nach der Tat

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   - im Entstehen -

Was?

Das der/die Täter nach der Tat den Tatort nicht sofort verließ/en ist durch die Nachtathandlungen gesichert, doch wie lange hielt sich noch jemand auf dem Hof auf? Wann wurde er endgültig verlassen und was bewegte den/die Täter für einen möglichen längeren Aufenthalt? Auf dieser Seite sollen die vermeintlichen Anzeichen aufgelistet werden, die sich anhand der erhaltenen Akten ergeben.

Rückschlüsse über Auffälligkeiten und/oder Aktionen des/r Täter/s auf dem Anwesen

Einige der offenen Fragen im Mordfall Hinterkaifeck betreffen den Tatort selbst und die Vermutung, dass der oder die Täter sich noch einige Zeit nach der Tat auf dem Hof aufgehalten hatte(n). Was spricht dafür, was dagegen? Von welcher Verweildauer kann man ausgehen?

Die folgende Zitatsammlung soll solche Informationen auflisten, die zur persönlichen Beantwortung dieser Fragen herangezogen werden können. Eine Bewertung findet nicht statt.


Hinweis: Die Aktenfundstücke sind chronologisch in aufsteigender Reihenfolge angegeben. Je höher die Quellennummer, umso weiter ist diese Aussage zeitlich gesehen vom Tatgeschehen entfernt. Bitte beachten Sie dies bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit/Belastbarkeit der jeweiligen Quelle/Information.

  • Dabei bemerkte ich, dass mir schon am 1. und am 3.4.22 im Hause von Gabriel die ausserordentliche Stille aufgefallen ist, insbes. hat sich der dortige Hund nicht mehr gerührt. [1]
  • Alle Türen waren verschlossen, mit Ausnahme des Tores am Maschinenhaus, welches offen stand. [4]
  • Am Samstag abend will ein Vorübergehender noch Licht im Backofen gesehen haben, was fast unglaublich scheint, will man nach an eine besondere Frechheit der Verbrecher glauben, die sich ruhig Zeit ließen. [10]
  • Dort angekommen wollte ich bei dem Gartentürchen, dass beim Stadel war in den Hof, konnte aber da nicht hinein, weil verschlossen war. Ich ging dann um das Haus herum, um von hinten in das Haus gelangen zu können. Da von hinten die Haustüre verschlossen war, sah ich durch das Küchenfenster und durch das Stallfenster hinein, ob ich niemand sehen könnte, was aber nicht der Fall war. (…) Nachdem ich das Motorhaus wieder abgesperrt hatte, ging ich von hinten durch den Wurzgarten in den Hofraum. Dort bemerkte ich, dass die Scheunentür in aller Weite offen stand. [12]
  • In den folgenden Tagen gingen verschiedene Personen am Anwesen vorbei und bemerkten wohl eine auffallende Ruhe auf dem Anwesen [13]
  • am 1.April aber verschiedene vorübergehende Personen schon die auffallende Stille auf dem Anwesen und die vermeintliche Abwesenheit der Anwesensinwohner bemerkt hatten. [13]
  • Am Dienstag, den 4.April 1922 kam im Laufe des Nachmittags der Monteur Hofner an das Anwesen, da er den Auftrag hatte, am Motor eine Reparatur vorzunehmen, er klopfte wiederholt und machte sich bemerklich; es ließ sich aber niemand sehen. [13]
  • Ein Zeuge, Michael Plöckl, der am Samstag, den 1.April morgens, sodann am gleichen Tag des Abends wieder am Hinterkaifeck Anwesen vorbeigegangen ist, will bemerkt haben, dass am Morgen die Backofentüre geschlossen, abends aber ungefähr halb offen war und dass am Abend der Kamin etwas geraucht haben soll; auch will er an dem Wald, der in der Nähe des Anwesens bis nahe an die Strasse geht, am Abend ein aufblitzendes Licht, wie etwa von einer Taschenlaterne kommend, bemerkt haben. [13]
  • Nach dem Befund war in der Wohnung eigentlich nichts durchwühlt, mit Ausnahme des Schlafzimmer, wo der oder die Täter einige Zeit herumgesucht haben müssen [13]
  • Der Weg, den ich damals ging, führte in einer Entfernung von ungefähr 800 – 1000 m an Hinterkaifeck vorbei. Aus diesem Hof hörte ich überhaupt nichts, ich hörte nicht einmal einen Hund bellen. [15]

Rückschlüsse über das Vieh

Zusätzlich zu Beobachtungen oder Aktivitäten auf dem Hof selbst wäre das Vieh ein wichtiger Zeuge für ein Verbleiben auf dem Hof, denn gerade bei den Rindern ist es ja so, daß diese Nutztiere an regelmäßige Zeiten der Versorgung gewohnt sind, darüberhinaus hätten die Kühe bedingt durch das ausfallende Melken Schmerzen im Euter bekommen und durch Brüllen auf diesen Umstand hingewiesen.
Bezüglich einer möglicherweise stattgefundenen Viehversorgung, ist zu beachten, daß hier sowohl Pro’s als auch Contra’s vorliegen. Aber wie verhielt sich das Vieh? Welchen Eindruck machte es? Wie wurde der Zustand von den Auffindern und Nachbarn die selbst auch Landwirte waren eingeschätzt? Ab wann wurde das Vieh laut(er)?


Hinweis: Die Aktenfundstücke sind chronologisch in aufsteigender Reihenfolge angegeben. Je höher die Quellennummer, umso weiter ist diese Aussage zeitlich gesehen vom Tatgeschehen entfernt. Bitte beachten Sie dies bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit/Belastbarkeit der jeweiligen Quelle/Information.

Ich habe mich dann um das Vieh angenommen und dieses gefüttert. [2]
Ich und der Pöll entfernten uns nun aus dem Hause, während Schlittenbauer so viel ich weiß zurück blieb und das Vieh fütterte. [3]

zum Verhalten des Viehs

Zwischen der Tat und der Auffindung lagen 4 Tage, die die Tiere im Hinterkaifecker Stall zubringen mussten. Wurden sie gefüttert? Kann man aus den Aktenschnipseln Rückschlüsse auf die Versorgung und damit auf den Aufenthalt des Täters auf dem Hof noch nach den Morden ziehen?


Hinweis: Die Aktenfundstücke sind chronologisch in aufsteigender Reihenfolge angegeben. Je höher die Quellennummer, umso weiter ist diese Aussage zeitlich gesehen vom Tatgeschehen entfernt. Bitte beachten Sie dies bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit/Belastbarkeit der jeweiligen Quelle/Information.

  • Dabei bemerkte ich, dass mir schon am 1. und am 3.4.22 im Hause von Gabriel die ausserordentliche Stille aufgefallen ist, insbes. hat sich der dortige Hund nicht mehr gerührt. [1]
  • Kurz darauf kamen meine Söhne zurück und gaben an, dass sie niemanden angetroffen haben, dass sie etwas winseln hörten u. das Vieh im Stall schreie. [2]
  • Nur der Hund und das Vieh gab Laut. [4]
  • Als die Kommission am 4.4. nachts den Stall betrat, war das Vieh noch sehr unruhig u. brüllte durcheinander. [5]
  • Am Dienstag, den 4. April 1922 wurde im Anwesen der Gütlerswitwe Viktoria Gabriel in Gröbern bzw. Kaifeck Gem. Wangen die Wahrnehmung gemacht, dass in demselben in auffallender Weise das Vieh brüllte sich aber sonst gar nichts in demselben rühre. [7]
  • Der Mord war erst am Abend vorher ruchbar geworden, als Nachbarn aus der Ortschaft Gröbern unter Führung des Ortsführers Schlittenbauer, durch die Abwesenheit der Hofbewohner und das Brüllen des verlassenen Viehs stutzig gemacht, in das Anwesen eindrangen [9]
  • Am Dienstag, 4. April, reparierte ein Arbeiter den Motor des Kaifeckers, ging dann nach dem nahen Gröbern und erzählte, daß da draußen niemand zu Hause sei und daß das Vieh im Stalle schreie, man solle Mitteilung machen von seiner Arbeit. [10]
  • Der Ortsführer schickte seinen Buben "hinauf": der sah und hörte im ganzen Hause außer den brüllenden Tieren nichts [10]
  • Ich hörte weiter nichts, als das Brüllen der Kühe und das Bellen eines Hundes. Mir fiel wohl das starke Brüllen der Kühe auf …[12]

über den Zustand des Viehs

Tiere können nur bedingt ohne Nahrungs- und ohne Flüssigkeitseinnahme auskommen. Sie sind auf regelmäßige Fütterung angewiesen. Was weiß man über den Zustand der Tiere nach der Entdeckung der Tat und kann man hierüber den Aufenthalt des Täters beweisen?


Hinweis: Die Aktenfundstücke sind chronologisch in aufsteigender Reihenfolge angegeben. Je höher die Quellennummer, umso weiter ist diese Aussage zeitlich gesehen vom Tatgeschehen entfernt. Bitte beachten Sie dies bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit/Belastbarkeit der jeweiligen Quelle/Information.

  • Dieser Hund wurde jeden Abend in den Stall gesperrt und er war auch noch im Stall drinnen, als Schlittenbauer mit noch zwei anderen Einwohnern von Gröbern als erster nach der Tat das Anwesen betrat. [5]
  • Der Hühnerstall war noch geschlossen. Der Hund, welcher Nachts regelmäßig im Stalle untergebracht wurde, war auch am 4.4 nachmittags noch im Stalle. Dieser soll an einem Auge verletzt sein, er wird als ein sehr wachsamer Hund bezeichnet. (…) Er hat sich auch erboten 2 junge kranke Schweine, die anscheinend durch Hunger und Durst stark gelitten hatten in Verwahr zu nehmen. [6]
  • Ich ging dann dem Wohnhaus entlang und der Haustür zu. Vor der Haustür war der Hund angehängt, der fürchterlich bellte. [12]
  • Schlittenbauer hatte am 4.April 1922 abends nach Entdeckung der Mordtat noch das Vieh und den Hund gefüttert, da diese längere Zeit nicht gefüttert war, wie aus dem kläglichen Brüllen und dem Bellen und Winseln des Hundes zu entnehmen war. [12]

weitere Hinweise

Es gibt noch weitere Indizien, die thematisch nicht zusammenzufassen sind. Hier eine Liste:


Hinweis: Die Aktenfundstücke sind chronologisch in aufsteigender Reihenfolge angegeben. Je höher die Quellennummer, umso weiter ist diese Aussage zeitlich gesehen vom Tatgeschehen entfernt. Bitte beachten Sie dies bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit/Belastbarkeit der jeweiligen Quelle/Information.

  • Da die Unmenschen schnell zum gewollten Raub gekommen waren, sahen sie von einer weiteren Durchwühlung der Schränke und Behälter ab. An Vorräten scheinen die Mörder lediglich Brot – da kein einziges Stückchen mehr vorgefunden wurde, der Ofen war zum Backen hergerichtet – und Fleisch mitgenommen zu haben. [8]
  • Es wurde im Hause nicht ein einziges Stücklein Brot mehr vorgefunden und im Backofen hatte man die Feuerung zurecht geschichtet. [11]
  • In der Räucherkammer, die sich auf dem Dachboden oberhalb der Küche befand, hingen noch 10 – 12 Stück Rauchfleisch; von einem war die Hälfte weggeschnitten; ob noch weitere ganze Stücke abgekommen sind, liess sich nicht feststellen, ist aber wohl möglich. [12]
  • Es besteht sogar die Möglichkeit, dass die Täter sich noch nach der Tat einige Zeit im Anwesen aufgehalten und das Vieh gefüttert haben, damit es nicht vorzeitig durch übermäßiges Brüllen verrate, dass niemand Lebender mehr im Anwesen sei. Will der Zeuge Plöckl doch sogar gesehen haben, dass am 1. April 1922 abends, also zu einer Zeit, zu welcher die Tat schon verübt sein musste, der Backofen geraucht hat. [13]

Quellen

[1] Aussage Michael Pöll vom 05.04.1922
[2] Aussage Lorenz Schlittenbauer vom 05.04.1922
[3] Aussage von Jakob Sigl am 05.04.1922
[4] Aussage der Kaffeehänder Schirovsky vom 05.04.1922
[5] Augenscheinprotokoll des Oberamtsrichter Wiessner vom 06.04.1922
[6] Bericht von KOI Reingruber, 06.04.1922
[7] Bericht Goldhofer 06.04.1922
[8] Münchner Zeitung, 10.04.1922
[9] Bericht Renner 10.04.1922
[10] Bayerischer Kurier am 08.04.1922
[11] Augsburger Zeitung am 08.04.1922
[12] Aussage Hofner 15.05.1925
[13] Bericht Pielmayer 06.11.1926
[15] Aussage der Eheleute Schaupp vom 26.06.1931

Offene Fragen/Bemerkungen

  • Wer hat den Hund kurz vor der Auffindung umgeleint?
    • war es möglich, daß der/die Täter während der Anwesenheit des Monteurs noch auf dem Hof waren? Hofner berichtet in seiner Aussage [11] darüber den Hund angeleint an der Haustür gesehen zu haben, während er bei der Auffindung nur wenig später im Stall gewesen ist.
  • Stand die Scheunentür schon bei der Ankunft von Albert Hofner [11] offen?
    • Hätte er dieses bei den von ihm gegangen Wegen sehen können?
    • Oder war die Scheunentür bereits seit Samstag (Aussage Kaffeehändler Schirovsky [4]) offen und wurde durch den Wind bewegt?