Aussagen: 1930-08-01 Kammerer Johann

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Quelle

Staatsarchiv München

Detailinformationen

Datum

04. August 1930

05. August 1930

Ort

München

Zugegen

Johann Kammer

Sehn Kriminalkommissar

Inhalt

München, den 1. August 1930
Der sechsfache Raubmord bei Hinterkaifeck
Am 29. März spät nachmittags, sagte Herr Andreas Gruber in der Eisenhandlung Vogel in Schwabhausen aus: Heute muss ich früher nach Hause. Bei mir stimmt etwas nicht mehr ganz. Gesten Nacht war in meinem Stall ein richtiger Radau. Das Vieh verhielt sich sehr unruhig. Als ich nachsah, war eine Kuh los. Ich kettete sie wieder an und legte mich wieder zu Bett. Von selbst konnte sich die Kuh nicht los machen. Heute Morgen, als ich der Geschichte besser nachforschte, sah ich beim Verlassen des Hauses, dass zwar eine Spur ins Haus führte, aber nicht mehr verließ. Es fiel des Nachts gerade Neuschnee) Im Hause fand ich nichts mehr Verdächtiges.
In den darauffolgenden Tagen sah man von Gruber und seinen Angehörigen (seine Frau Cäzilie, der Tochter Wtw. Viktoria Gabriel, deren Kinder Cäzilia und Josef im Alter von 7 und 3 Jahren aus Hinterkaifeck) niemanden.
Niemand ahnte etwas Schlimmes. Der Briefträger steckte wie sonst seine Zeitung in den Briefkasten und dachte, als dieselben von den Tagen vorher nicht herausgenommen wurde: Ha ja die haben halt jetzt nicht einmal Zeit zum Zeitunglesen.
Von Gruber war vor einigen Tagen ein Montör herbestellt worden, um einen Benzin-Motor zu reparieren. Nachdem ihm beim Anklopfen niemand öffnete, ging er alleine in den Raum, in dem sich der Motor befand, verrichtete seine Arbeit und verließ das Haus wieder in der Meinung die Bewohner seine arbeitend auf dem Felde.
darauf ging der Montör nach Waidhofen 800 m von Hinterkaifeck zu einem Herrn, namens Schlittenbauer. Dem erzählte der Montör, er habe bei Gruber niemand angetroffen, habe aber den Benzin-Motor repariert und hat Schlittenbauer, wenn er zufällig nach Hinterkaifeck käme soll er's den Leuten sagen.
Als der Montör fort war, ging Schlittenbauer zu einigen Nachbarn, einer davon hieß Sigl Jakob von Gröbern (Hauserbauer) und sagte: Kommt mit nach Hinterkaifeck, die Leute da droben sind alle umgebracht. Darauf gingen sie dorthin. Schlittenbauer hatte den Schlüssel zur Haustüre angesteckt, schloß sie auf und führte die Leute ins Haus. Als die Leute eine andere Richtung einschlagen wollten, rief Schlittenbauer: Ach da sinds nicht, da liegen sie! Er riss die Scheunentüre auf und deutete auf einen mit Stroh und alten Brettern bedeckten Haufen. Erst später wurden die Nachbarn darauf aufmerksam, dass Schlittenbauer den Schlüssel für das Haus hatte, und dass er den richtigen Weg zu den Leichen gleich wusste.
Wie konnte er das?
Unter dem Stroh und den Brettern fand man Andreas Gruber, seine Frau, die Wtw. Gabriel und die 7 jährige Cäzilia. Der 3 jährige Josef wurde im Schlafzimmer in seinem Wagen erschlagen. Die Dienstmagd, welche erst um 4 Uhr nachmittags am 29. März 1922 in Stellung trat wurde wahrscheinlich beim Ausziehen von dem tötenden Axthieb gespalten.
Die Entdeckung der Leichen fand nach Feststellung der Polizei erst nach 5 Tagen statt. Das Vieh würde aber während der 5 Tage gefüttert. Von Wem?
Es muss einer von Waidhofen gewesen sein, der die Verhältnisse der die Verhältnisse der Hinterkaifecker gut kannte. Hier kommt hauptsächlich der Schlittenbauer in Frage, da er der Vater des 3 jähr. Josef war.
Als man seine Frau fragte, ob Schlittenbauer während den in Frage kommenden Nächten zu Hause war, sagte sie nein. Darauf erwiderte Schlittenbauer: Er habe im Heustadl geschlafen nicht, dass bei ihm auch eingebrochen würde.
Woher konnte Schlittenbauer wissen, dass es bei Gruber nicht mehr sauber ist, wenn Gruber die Aeusserung nur in der Eisenhandlung Vogel in Schrobenhauesen laut werden ließ.
Einige Zeit später, saß Schlittenbauer in einer Wirtschaft bei dem Wirt Herrn Wenzeslaus Blei und sprachen und sprachen über den Fall Hinterkaifeck. Worauf der Wirt sagte, dass bei dem 6 fachen Mord mindestens 2 oder 3 Halunken zusammengeholfen haben müssen, und wie das zugehe , dass eine Spur ins Haus führte aber nicht mehr heraus. Da rief Schlittenbauer, das habe ich alles alleine gemacht. Da habe ich gewartet bis eins ums andere in den Stall kam und da hab ich jedem die Axt auf den Kopf geschlagen. Und mit der Spur, da bin ich vorwärts hinein und rückwärts hinaus. Darauf sagte der Wirt (verstorben) und Blei: Ja Lenzl bist es denn du gewesen? Nein, nein, sagte Schlittenbauer, was redet ihr denn da, ich meine den, der es gemacht hatte.
Als das Haus der Ermordeten noch baufällig stand, dachte sich ein Lehrer namens Uebelagger (Marzoll Reichenhall) im Vorbeigehen: Eigentlich könnte ich hier einmal hinuntergehen. Bei dieser Gelegenheit sah er Schlittenbauer, wie er auf einer Treppe saß und sehr sinnend und nachdenklich dreinsah. Auf die Anfrage des Lehrers erwiderte er schnell gefasst: Ich suche hier nur noch nach, vielleicht ist noch etwas zu finden.
Nach der Erbauung eines Marterls nebst eines Betstuhls, wo sonst alle Leute mit einem stillen Grauen vorübergingen, sah wieder Lehrer Ueblagger Schlittenbauer sehr nachdenklich und niedergeschlagen auf dem Betstuhl knien. Der Hauserbauer Sigl Jakob sah Schlittenbauer, als er in seinem Hause am Fenster stand, den Blick nach Hinterkaifeck gerichtet und sagte: Wenn nur das da drüben nicht vorgekommen wäre.
Wenn sich die schreckliche Bluttat verjährt bekommt er immer erhebliche Gewissensbisse. Auf der Strasse geht er immer sehr niedergedrückt. Wahrscheinlich lastet die fürchterliche Tat auf seinen Schultern.
Einen Tag nach der Mordtat kam des Nachts Bauer Blöckl Michael auf dem Heimwege von dem Hause der Umgebrachten vorüber und sah im Backraum Licht brennen. Er dachte bei sich: Die backen scheinbar nachts. Darauf kam ein Mann vom Hause mit einer Taschenlampe auf Blöckl zu, blendete ihn, worauf der Bauer sich fürchtend davonlief und in Zukunft, wenn er nach Hause ging einen anderen Weg einschlug.

Aufgenommen von: Johann Kammer, München,
Reifenstuelstrasse 8/III r. Rgd.



München, den 4. August 1930
Betreff: Mord in Hinterkaifeck

Es erscheint bei der Dienststelle 2 der led. Phototechniker Johann Kammer geb, 18.II 1913 zu München, wohnt Reifenstuelstrasse 8/III Rg., und erklärt folgendes:

Seit ungefähr Januar 1930 wohnt in dem Anwesen Nr. 4 an der Reifenstuelstrasse der Schreiner Wenzeslaus Bley, der von Waidhofen b/Schrobenhausen stammt. Mit diesem Bley wurde ich so nach und nach bekannt, weil wir in dem gleichen Anwesen unsere Werkstätte haben. Er hat mir im Verlaufe der letzten 2 Monate von dem Hinterkaifecker Mord verschiedenes erzählt. Ich habe alles, was er mir sagte, zusammengestellt und niedergelegt. Die Niederschrift übergebe ich hiermit den Akten.
Ich ersuche den Wenzeslaus Bley, Sigl Jakob, den Lehrer Ueblacker in Marzell b/Reichenhall und den Bauer Michael Blöckl, sowie den Besitzer der Eisenhandlung Vogel in Schrobenhausen zu vernehmen. Bley hat mir noch einen weiteren Zeugen namens Kreittmaier genannt, die nähere Adresse ist mir aber entfallen. K. soll mit Schlittenbauer die Leichen gefunden haben.

V. g. u. u. gez. Johann Kammer

gez. Sehn Krim. Kommissär



München, den 5. August 1930

Der Anzeiger Johann Kammer hat heute Vormittag wieder angerufen und ersucht, auch den Dr. Peintner in Hohenwart einzuvernehmen.


gez. Sehn Krim. Kommissär


Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck

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