Aussagen: 1951-12-17 Schrätzenstaller Josef

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Quelle

Staatsarchiv Augsburg 1 Js 244/1952

Detailinformationen

Datum

17.12.1951

Ort

Gröbern

Zugegen

Josef Schrätzenstaller
Josef Prähofer, Oberkommissar der Landespolizei

Inhalt

Landespolizei Bayern
Chefdienststelle Schwaben
- Kriminalstelle -

z.Zt. Gröbern, den 17.12.51


Vernehmungsniederschrift


Aufgesucht, mit dem Gegenstand der Vernehmung vertraut gemacht und zur Wahrheitsangabe ermahnt, gibt Josef Schrätzenstaller folgendes an:

Zur Person:

Schrätzenstaller Vorname Josef, verh. Bauer, geb. 2. 9. 1895 in Loch, Lkrs. Schrobenhausen, wohnh. in Gröbern, Hs. Nr. 125 1/2, Lkrs. Schrobenhausen

Zur Sache:


Seit meinem 6. Lebensjahr wohne ich in Gröbern. In meiner Jugend bin ich hin und wieder nach Hinterkaifeck gekommen. Der alte Bauer Andreas Gruber war mir gut bekannt. In der Zeit von 1919 bis 1921 habe ich auf dem Anwesen Hinterkaifeck hin und wieder als Taglöhner gearbeitet. Auch habe ich dort immer beim Dreschen mitgeholfen. Der junge Bauer Karl Gabriel war mir ebenfalls bekannt. Dieser ist 1914 in Frankreich gefallen.
Am Dienstag, den 2.4.1922 gegen 16:30 Uhr fuhr ich mit meinem Ochsengespann von der Feldarbeit nachhause. Als ich mich am Westrand von Gröbern befand, begegneten mir einige Ortsbewohner, die sich nach Hinterkaifeck begaben. Diese sagten mir, daß man in Hinterkaifeck alle Personen ermordet habe. Ich brachte mein Ochsengespann in den Stall und begab mich ebenfalls nach Hinterkaifeck. Bei meinem Eintreffen waren dort etwa 40-50 Personen anwesend. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Bewohner von Gröbern.
Ich kann mich heute nicht mehr daran erinnern, ob sich unter den Anwesenden mit fremde Personen befanden. Das Anwesen war meines Wissens umzäunt, aber der Holzzaun (Stangen) war schon sehr morsch. Als ich durch das Fenster der hinteren Kammer sah, konnte ich die in ihrem Zimmer ermordete Dienstmagd vor ihrem Bett liegen sehen. Ich glaube ich noch erinnern zu können, daß ich dann das Anwesen Hinterkaifeck durch die Stalltüre betreten habe. Von dort aus ging ich zur Futterkammer, wo 3 Leichen lagen. Diese waren mit einem Brett von 1.20 x 1.00 m zugedeckt. Ob auf den Leichen auch Heu oder Stroh gelegt war, kann ich heute nicht mehr sagen. Über die Lage der Leichen im einzelnen und über deren Verletzungen kann ich keine Auskunft geben. Ich habe mir die Leichen nicht näher beschaut. Seinerzeit hielt ich mich etwa 1 Stunde im Anwesen Hinterkaifeck auf. Die Leiche des kleinen Buben im Kinderwagen habe ich ebenfalls gesehen. Ich kann aber heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, ob diese in der Küche oder im Schlafzimmer war. Zu dieser Zeit war meines Wissens die zuständige Gendarmerie von Hohenwart am Tatort noch nicht eingetroffen. Diese wurde jedenfalls nach der Entdeckung der Tat sofort verständigt. Ich selbst wurde in der Nacht vom 2./3. IV. 1922 als Bewachungsposten des Anwesen Hinterkaifeck eingeteilt. um 24.00 Uhr mußte ich dort meinen Dienst antreten. Neben mir waren auch die Bauern Bichler und Kreitmeier, beide wohnhaft gewesen in Gröbern, zur Nachtwache eingeteilt. Wir hielten uns während der Nacht in der Hauptsache in der Backhütte auf. Zum Aufwärmen machten wir im Backofen Feuer. Dabei möchte ich erwähnen, daß das Holz, welches wir verbrannt haben, bereits in dem Backofen eingelegt war Vermutlich wurde das Holz noch von den Besitzern von Hinterkaifeck eingelegt. Unsere Nachtwache dauerte bis zum Morgengrauen. Während der Nachtzeit sind wir hin und wieder durch den Hof gegangen, die Räumlichkeiten haben wir nicht betreten.
Wo sich der Hofhund befand, als ich zum erstenmale nach der Tat nach Hinterkaifeck kam, kann ich heute nicht mehr sagen. Ich glaube, daß er in seiner Hütte war. Bestimmt weiß ich aber, daß dieser am Kopf eine Verletzung hatte. Ich glaube, es war ihm ein Auge ausgeschlagen.
Das Motorenhaus war an der Straßenseite an das Haus angebaut. Es war ein Mauerwerk und mit dem Hauptbau fest verbunden. An ein Maschinenhaus kann ich mich nicht erinnern. Unter Umständen ist dabei der Schuppen gemeint, welcher rechts vom Wohnhaus stand. Es handelte sich dabei um einen Holzbau im Ausmaße 8 - 12 m. Gruber hatte dort seine Wagen, Ackergeräte usw. untergestellt. An der vordersten Ecke war die Hundshütte angebaut. Die auf der Zeichnung mit x bezeichneten Stellen deuten an, wo die Dachziegel hochgehoben waren.
Beim Abbruch des Anwesens wurde in unmittelbarer Nähe der Futterkammer im Fehlboden die Haue (Tatwaffe) gefunden. Das Seil, welches von einem Balken zur Tenne herunterging, ist mir bekannt. Es hing fast bis zum Boden und zwar in unmittelbarer Nähe des Scheunentores links von der Hofseite aus betrachtet. Zum Dachboden kam man vom Hausflur aus über eine Treppe zum Getreideboden und dann zum Spitzboden. Der Dachboden lag in der Versenkung über der Küche und dem Schlafzimmer. Die Räucherkammer befand sich am Kamin. Dort befanden sich zur Tatzeit etwa 15 - 20 Ranken Geräuchertes. Wie man zu dem Spitzboden kam, kann ich nicht mehr genau sagen. Von einem Loch oder einer Falltüre ist mir nichts bekannt. Das Haus wurde erst in den Jahren 1908/1909 gebaut, sodaß die Gebäudlichkeiten neuzeitlich waren.
Als häufige Viehaufkäufer in Gröbern und Hinterkaifeck waren zur damaligen Zeit die Händler von Schrobenhausen und ein gewisser Wendelin Kaspar von Waidhofen in dieses Gebiet gekommen. Wendelin Kaspar war auch der Hausmetzger bei Gruber und hat das meiste Vieh, welches zum Verkauf stand, dort erworben. Kaspar ist aber vor 15 Jahre gestorben. Von einem Wandkästchen in der Stube in Hinterkaifeck ist mir nichts bekannt. Es ist möglich, daß ein solches bestanden hat. Mit Bestimmtheit kann ich angeben, daß das Anwesen Hinterkaifeck 2 Haustüren hatte. Dies weiß ich deshalb so genau, weil vom Brunnen aus eine Wasserrinne zur Küche und zum Stall führte und wenn man die hintere Haustüre benutzen wollte, mußte man erst die Wasserrinne beiseiteschieben. Das Motorenhaus konnte meines Wissens nur von der Straßenseite aus durch die dort angebrachte Türe betreten werden, in den Stadel oder das Haus konnte man nicht kommen.

Bei meinem Eintreffen in Hinterkaifeck war der Futtergang im Stall mit langem Heu gestreut. Wer dies gemacht hat, weiß ich nicht. Es ist möglich, daß durch Ortsbewohner mit diesem Heu das Vieh gefüttert wurde.

Die von mir angefertigte Skizze habe ich nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Soviel ich mich noch an das Anwesen Hinterkaifeck erinnern kann, war die Einteilung der Räumlichkeiten so, wie sie von dem Beamten nach meinen Angaben gezeichnet wurde.

Der Name Eser oder Kerner Hiasl ist mir nicht bekannt. Seine im Donaukurier gemachten Angaben über die Mordtat von Hinterkaifeck und auch über seine Erlebnisse mit dem russischen Kommissar betrachte ich als eine Lüge.
V.g.u.u.
Im Entwurf gez.
Schrätzenstaller Josef

geschlossen:
Prähofer (O.Komm. d.LP)

Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck

Fragen/Bemerkungen

  • Bewertung

Schrätzenstaller erinnert sich definitiv falsch, was das Datum seiner Nachtwache auf Hinterkaifeck angeht.
Da die Auffindung der Opfer erst am 4. April 1922 stattfand, 4 Tage nach der Tat, kann die früheste Nachtwache erst in der Nacht vom 4. auf den 5. April stattgefunden haben.