Aussagen: 1953-01-19 Ney Heinrich

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Quelle

Staatsarchiv München

Detailinformationen

Protokoll der richterlichen Vernehmung des Heinrich Ney vom 19.1.1953

Datum

19 Januar 1953

Ort

Augsburg

Zugegen

Heinrich Ney, Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht Kaufbeuren
Leinfelder, Gerichtsassessor (als Beamter der Staatsanwaltschaft)
Anzenhofer, Just.Ang.

Inhalt

Staatsanwaltschaft Augsburg

Augsburg, den 19.Januar 1953

Gegenwärtig:

Gerichtsassessor Leinfelder als Beamter der Staatsanwaltschaft
Just.Ang. Anzenhofer

Es erscheint heute Herr Heinrich Ney, Gerichtsvollzieher beim
Amtsgericht Kaufbeuren und teilt in der Sache Hinterkaifeck
folgendes mit:

Personalien: Ney, Heinrich, gb.21.11.1895 in Neuburg / Donau,
verh. Gerichtsvollzieher in Kaufbeuren, Edelweißstr.21, Tel. AG
Kaufbeuren, 2505, Nebenstelle 5 ( Ger. Vollz.)

Zur Sache:

Ich bin am 1.1.1921 zur Staatsanwaltschaft Neuburg /Donau als Kanzleiassistent gekommen. Zur damaligen Zeit war Herr Staatsanwalt Renner erster Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Neuburg/ Donau. Die Staatsanwaltschaft Neuburg / D. wurde ungefähr am 2. Oder 3. April 1922 ( Tag der Entdeckung) von der Gendarmeriestation Schrobenhausen oder Geiselhöring über den Mord in Hinterkaifeck verständigt. Gleichzeitig wurde uns mitgeteilt, dass bereits die Kriminalpolizei München verständigt und bereits unterwegs sei. Ich bin zusammen mit Herrn Staatsanwalt Renner, Landgerichtsarzt Dr. Aumüller und dem Mietautobesitzer Schwimmbacher aus Neuburg an der Donau, der das Auto zur Verfügung stellte, an den Tatort gefahren. Dort war bereits die Kriminalpolizei aus München (Krim Komm. Neuss) und andere mir nicht mehr bekannte Gendarmeriebeamte.

Wir fanden die die Leichen so vor, wie die Tat ausgeführt wurde. Der alte Gruber, dessen Ehefrau, die junge Frau Gabriel und das 12-jährige Kind lagen alle beisammen in dem schmalen Gang, der durch den Stadel zur Tenne führte. Die Magd lag in ihrem Zimmer auf dem Boden vor dem Bett. Das 3-jährige Kind lag noch im Kinderwagen, der im Zimmer der Eheleute Gruber stand. Bei meiner Ankunft auf dem Anwesen bemerkte ich noch, dass außen am Fenster (Küchenfenster) Zeitungen und Briefe steckten.

Am nächsten Tage wurde dann die Sektion der Leichen auf dem Anwesen vorgenommen. Bemerken möchte ich zu dieser Sektion folgendes: Herr Landgerichtsarzt Dr. Aumüller erklärte bei der Sektion der 11-jährigen Viktoria Gabriel, dass das Kind hätte bei rechtzeitiger Tatentdeckung noch hätte gerettet werden können, nachdem durch den Schlag eine Halsverletzung herbeigeführt worden war, die erst 2- 3 Stunden nach dem Schlag den Tod herbeiführte.

Ein weiterer Umstand fiel mir noch auf: Die Leichen wurden im Hofe auf einem dort abgestellten Tisch seziert. Die sezierten Leichen wurden dann jeweils in die offenstehende Tenne zurückgebracht. Als wir den alten Gruber, dessen Ehefrau, die Frau Gabriel bereits in die Tenne zurückgebracht hatten, und anschließend das 11jährige Kind hineintrugen, bemerkten sowohl ich als auch die 2 Träger , deren Namen mir momentan unbekannt sind, dass plötzlich von der Tenne (Querbalken) ein daumenstarkes Heuseil, das vorher nicht da war, herabhing. Die Träger waren derart erschrocken, dass sie die Bahr fallen ließen und ganz erschreckt ausriefen, woher denn plötzlich dieses Seil komme. Wir haben uns sofort gedacht, dass sich jemand in der Zwischenzeit vom Heuboden heruntergelassen hat, nachdem das Seil nicht in Schlangenlinien, sondern vollkommen straff herunterhing. Oben an dem Querbalken sah man noch die Abdrücke der Hände, die derjenige, der sich an dem Seil heruntergelassen hatte, hinterlassen hat. Außerdem war der Knoten, der das Heuseil mit dem Querbalken verband, sehr fest zugezogen, so dass wir sofort bemerkten, dass sich eine erhebliche Last an dem Seil heruntergelassen hat. Wir hatten unser Beobachtung der ganzen Kommission sofort mitgeteilt, die auch sogleich hereinkam. Trotz Ansetzung des Spürhundes konnte jedoch nichts festgestellt werden.

Bei der Sektion wurden sämtlichen Leichen die Köpfe abgeschnitten. Anschließend wurden die Köpfe an das Pathologische Institut der Universität München zum Präparieren gesandt. Mit diesen präparierten Köpfen fuhr ich im Auftrage des Herrn Ersten Staatsanwalts Renner zu einem Hellseher, dessen Namen mit nicht mehr bekannt ist, nach Nürnberg. Mit dieser Fahrt hatte es folgende Bewandtnis: von der Staatsanwaltschaft Neuburg war für die Ergreifung des Täters war eine Belohnung von 100.000 Mark, die später auf 500.000 M erhöht wurde, ausgesetzt. Hierauf meldete sich ein Hellseher aus Nürnberg, der vorgab, die Täter mit Hilfe der Köpfe bezeichnen zu können. Das Ergebnis des Versuchs war jedoch negativ. Der Hellseher gab lediglich an, dass 2 Personen die Tat ausgeführt hätten, dass Vollmond geherrscht hätte und dass sich die Mordwaffe noch im Anwesen befinde. Die Ermittlungen wurden durch diese Feststellungen weder in positiver noch in negativer Richtung beeinflusst.
Ich habe in einer Zeitungsnotiz, der Name der Zeitung ist mir nicht mehr bekannt, erfahren, dass ein Maschinenmonteur zu dem Vorgang in Hinterkaifeck vernommen worden sei. Nach Schilderung der Zeitung habe der Monteur erklärt, dass er nachdem er die Reparatur an dem Benzinmotor ausgeführt habe, durch den Stadel hindurchgegangen sei, durch den Stall die Küche betreten habe und sich dort die Hände gewaschen habe. Sofern dies zuträfe, so muss nach meiner Ansicht der Maschinenmonteur die Leichen gesehen haben, denn auf dem Weg in die Küche ( durch den Stall hindurch) musst er über die 4 Leichen unbedingt hinweg steigen. Dies ist mir sofort aufgefallen, als ich die entsprechende Zeitungsnotiz las. Ich werde versuchen, den entsprechenden Artikel der Zeitung beizuschaffen.

Der Tatverdacht richtete sich damals in erster Linie gegen den Schlittenbauer. Es ist mir auch erinnerlich, dass im Jahre 1922 oder 1923 Ermittlungen gegen eine Person namens Gump gepflogen worden sind. Soviel mir erinnerlich ist, wurde eine Person dieses Namens in der angegebenen Zeit von einem Gericht , es mag das Amtsgericht Schrobenhausen gewesen sein, richterlich vernommen. Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass dieser Gump tatverdächtig war. Mir ist auch noch schwach in Erinnerung, dass ich zu dieser Zeit mit Herrn Staatsanwalt Renner zu der Vernehmung des Gump nach Schrobenhausen gefahren bin. Wir haben dort auch wegen der Sache übernachtet. An Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern. Als ich mit Herrn Staatsanwalt Renner nach der Vernehmung nach Hause fuhr, sagte dieser mir noch: „Das war auch wider nichts“. An weitere Ermittlungen wegen Gump, insbesondere richterliche Handlungen, kann ich mich nicht mehr erinnern.

Ich bin dann im Jahre 1923 von der Staatsanwaltschaft Neuburg an das Amtsgericht München versetzt worden und weiß seit der Zeit nichts mehr.

Nachtragen möchte ich noch bezüglich des Maschinenmonteurs: Wenn es richtig ist, dass er sich in der Küche die Hände gewaschen hat, so musst er unbedingt den Weg durch den Stall wählen, nachdem die Haustüre verschlossen war. Als wir am Tatort erschienen, war die Haustür versperrt.
Just.Ang. AnzenhoferJust.Ang. Anzenhofer


Nach Diktat genehmigt:

Gerichtsassessor: Leinfelder
Gerichtsvollzieher: Heinrich Ney

Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck

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