Berichte: 1922-04-06 Reingruber Georg

Aus Das Hinterkaifeck-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

‎‎ == Quelle == Staatsarchiv München

Detailinformationen

Datum

06.04.1922

Ort

München, Ettelstraße, Polizeidirektion

Autor/Funktion

Georg Reingruber, Kriminal Oberinspektor

Inhalt

Bericht des ermittelnden

Kriminal Oberinspektors Georg Reingruber

Vom 06.04.1922

Die Ehegatten G r u b e r und Frau G a b r i el galten al vermögende Leute. Sie lebten sparsam, zurück gezogen und pflegten wenig Umgang. Über ihre Verhältnisse haben sie sich auch Verwandten gegenüber nicht ausgesprochen. Es war in der Umgebung bekannt, dass die Familie Bargeld, auch Hartgeld und Pfandbriefe besitzen, Es ist anzunehmen, dass der oder die Täter von diesen Umständen Kenntnis hatten.

Die Tat selbst ist zweifellos am Freitag abends, vielleicht von 8-11 Uhr verübt worden.

Dies dürfte daraus zu schließen sein, dass Andreas Gruber nur mit Unterhose und Hemd und die Zäzilie Gabriel nur mit dem Hemdchen bekleidet war. Beide dürften vorher schon im Bett gelegen oder doch Anstalten zum Schlafengehen getroffen haben.

Wie die vernommenen Zeugen Schlittenbauer, Pöll und Siegel angaben, war bei ihrer Ankunft im Stalle ein Rind losgekettet gewesen. Vielleicht ist durch diese im Stalle entstandene Unruhe eines von den Ermordeten und vielleicht die Viktoria Gabriel in den Stall gegangen, dort niedergeschlagen und in die Tenne geworfen worden. Die weiteren Personen dürften infolge längeren Ausbleibens der Ersteren nach und nach zur Nachschau in den Stall nachgefolgt sein. G r u b e r oder die kleine G a b r i e l dürften die letzten gewesen sein, da die G a b r i e l in der Tenne am nächsten an der Stalltüre lag. Die Dienstmagd Maria B a u m g a r t n e r dürfte in ihrer Kammer überrascht worden sein. Warum der oder die Mörder auch noch den 2 jährigen Knaben töteten, lässt sich nicht recht erklären. Bei diesem Kinde dürfte keine Gefahr zu befürchten gewesen sein. Es müsste denn sein, dass der Mörder eine dem Kinde namentliche Person war oder aber das Kind hat Lärm gemacht. Möglicherweise ist das Kind aus verwandtschaftlichem Interesse, (Erbschaft) weggeräumt worden.

Der Hühnerstall war noch geschlossen. Der Hund, welcher Nachts regelmäßig im Stalle untergebracht wurde, war auch am 4.4 nachmittages noch im Stalle. Dieser soll an einem Auge verletzt sein, er wird als ein sehr wachsamer Hund bezeichnet. Alle weiteren Beweise dafür, dass die Tat am Freitag den 31.3. abends oder nachts verübt worden ist, ist anzusehen, dass die Zäzili G a b r i el am Samstag den 1.4.22, die Schule in Waidhofen nicht mehr besucht hat. Der Lehrer Georg S ö l l w a n g e r in Waidhofen hat bestimmt erklärt, dass die genannte am 1.4. die Schule nicht mehr besucht hat. Ähnlich ist auch bestimmend die Aussage der beiden Cafereisenden Hans und Eduard Schirovsky. Diese waren am Samstag, 1.4. bei dem Anwesen, haben wiederholt an den Fenstern geklopft und schauten durch die Fenster in die Wohnung, konnten aber keine Person wahrnehmen.

Über die Person der oder die Täter besteht aber bisher keine greifbaren Anhaltspunkte.

Nicht unerwähnt zu lassen ist, dass der Ortsvorsteher Lorenz S c h l i t t e n b a u e r, der er mit uns an die Mordstätte kam, ein etwas aufgeregtes Benehmen zeigte. Er redet sehr viel und macht sich auch sonst wichtig, nahm sich um alles an und war auch mit den häuslichen Verhältnissen der Ermordeten gut vertraut. Er wusste am Besten bescheid. Er hat sich auch erboten 2 junge Schweine, die anscheinend durch Hunger und Durst stark gelitten hatten in Verwahr zu nehmen. Im Einverständnis des Bürgermeisters G r e g e r hat er diese Schweine in seiner Behausung untergebracht. Die Erregtheit des Schlittenbauers kann man sich vielleicht erklären dadurch, dass unter den Ermordeten sein eigenes Kind, der 2 ½ Jahre alte Josef G r u b e r war. Schlittenbauer hatte, als er noch im Witwenstand war, mit der Witwe Viktoria Gabriel, deren Ehemann im Jahre 1915 oder 1916 im Felde gefallen ist, ein Verhältnis unterhalten, das nicht ohne Folgen blieb. Schlittenbauer hätte die Viktoria Gabriel auch geheiratet, allein der Vater Andreas Gruber war mit dieser Heirat nicht einverstanden. Er hat die Alimente für den Knaben in Gesamtheit im voraus beglichen und sich dann mit einer anderen Frauensperson verheiratet. Er gilt als gut situiert. Später habe er auch noch bei den Familien Gruber und Gabriel verkehrt, ist schon mit ihnen nicht verfremdet gewesen.

Das Motiv zu einer solch entsetzlichen Tat fehlt bei Schlittenbauer.

Weiter ist zu erwähnen, dass in der Nacht am Donnerstag den 30.3.33 im Anwesen der verlebten von 2 Männern ein Einbruch verübt worden ist. Es ist nach Angabe des Andreas Gruber das Motorenhäuschen erbrochen, jedoch nichts entwendet worden. Im Neuschnee waren Fußspuren von 2 Männern ersichtlich, die zum Anwesen führten, es war aber angeblich keine Spur vorhanden, welche vom Anwesen weggeführt hätte. (Angaben des Schlittenbauer).

Am Mittwoch den 29.3. nachm. sollen nahe dem Walde des Anwesens der Ermordeten 2 Buschen im Alter von 18 bis 22 Jahren bemerkt worden sein. Sie sollen ein Lucklarsieges Aussehen haben. Eine genau Beschreibung konnte ich nicht beibringen. Die Gend. Hohenwart hat hiervon Kenntnis und wird weiter Feststellungen hierüber einleiten. Wie mir heute -6.4.22 die Gend. Kom, in Hohenwart gelegentlich einer Fernspruchanfrage mitteilte, seinen auch am 29. und 30.3. in der Umgebung der Mordstelle und zuletzt in Waidhofen, 2 Männer, etwa 40 Jahre alt, sprachen fremden Dialekt, gewöhnlich gekleidet, ohne Ueberzieher, angeblich versprengte Oberschlesier, aufgetaucht. Weitere Erhebungen und Bericht folgen von der Gend. Hohnewart.

Über die Auffindung der Leichen durch die Zivilpersonen gestatte ich mir auf die bereits an die Staatsanwaltschaft Neuburg a.D. abgegebenen Vernehmungen hinweisen zu dürfen.

Bemerkt wird noch, dass angenommen er könnte auch ein erst kürzlich entlassener Strafgefangener in frage kommen bei sämtlichen hier wohnhaften und in letzter Zeit entlassenen Anstaltsgefangenen Erhebung über ihren Aufenthalt am 31.3. und 1.4. eingeleitet wurden.

Ferner sind die Strafanstalten Landsberg, Straubing, Kaisheim um namentliche Verzeichnisse über die in letzter Zeit entlassenen Gefangenen ersucht worden. An Hand dieser Verzeichnisse werden dann die entsprechenden Aufenthaltserhebungen der einzelnen Entlassungen über ihren Aufenthalt zur kritischen Zeit eingeleitet.

Die Polizeihunde konnten eine Witterung von den Tätern nicht aufnehmen. Es ist zu berücksichtigen, dass in der Zwischenzeit Schneefall und Regenwetter eingetreten ist. Der Bericht des polizeilichen Erkennungsdienstes folgt.


Unterschrift des G. Reingruber


Kriminal-Oberinspektor

Fragen/Bemerkungen

  • Bewertung