Berichte: 1922-05-12 Renner Ferdinand, Staatsanwalt: Unterschied zwischen den Versionen

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Die seit Erstattung meines Berichts vom 10.4.22 fortgesetzten Ermittlungen haben ein greifbares Ergebnis nicht gezeigt. Da mir die Gendarmerie des Tatorts (Station Hohenwart und Hauptstation Schrobenhausen) etwas zu schwerfällig arbeitete und nicht genug Initiative entwickelte, hatte sich auf mein Veranlassen Krim.Kom. Neuss von der Polizeidirektion München mit einem weiteren Beamten im April erneut an den Tatort begeben, um die aus den persönlichen und örtlichen Beziehungen der Ermordeten sich etwa ergebenden Spuren gründlich zu klären und weiter zu verfolgen. Das Ergebnis seiner mehrwöchentlichen sehr eifrigen und gründlichen Erhebungen war indessen ebenfalls negativ. Doch kann nun der in meinem ersten Berichte erwähnte Verdacht gegen den Ortsführer Schlittenbauer von Gröbern entgültig als beseitigt gelten; ebenso ist das Alibi eines in der Schroben-hausener Gegend vielfach verdächtigen Tagners Karl Bichler von Waidhofen, der Beziehungen zu den Ermordeten hatte, einwandfrei dargetan worden, wenn er auch infolge dieser Erhebungen eines schweren Diebstahls und einer ganzen reihe einfacher Diebstähle überführt und verhaftet wurde.
Die seit Erstattung meines Berichts vom 10.4.22 fortgesetzten Ermittlungen haben ein greifbares Ergebnis nicht gezeigt. Da mir die Gendarmerie des Tatorts (Station Hohenwart und Hauptstation Schrobenhausen) etwas zu schwerfällig arbeitete und nicht genug Initiative entwickelte, hatte sich auf mein Veranlassen Krim.Kom. Neuss von der Polizeidirektion München mit einem weiteren Beamten im April erneut an den Tatort begeben, um die aus den persönlichen und örtlichen Beziehungen der Ermordeten sich etwa ergebenden Spuren gründlich zu klären und weiter zu verfolgen. Das Ergebnis seiner mehrwöchentlichen sehr eifrigen und gründlichen Erhebungen war indessen ebenfalls negativ. Doch kann nun der in meinem ersten Berichte erwähnte Verdacht gegen den Ortsführer Schlittenbauer von Gröbern entgültig als beseitigt gelten; ebenso ist das Alibi eines in der Schroben-hausener Gegend vielfach verdächtigen Tagners Karl Bichler von Waidhofen, der Beziehungen zu den Ermordeten hatte, einwandfrei dargetan worden, wenn er auch infolge dieser Erhebungen eines schweren Diebstahls und einer ganzen reihe einfacher Diebstähle überführt und verhaftet wurde.


Die Scheußlichkeit der Tat ließ die Annahme, sie könne von einem Geisteskranken oder unter Beteiligung eines solchen verübt sein, aufkommen und lenkte den Verdacht auf den Bäcker Josef Bärtl [[Personen: Bärtl Josef | Bärtl]] von Geisenfeld und dem gleich ihm seinerzeit in der Heilanstalt Günzburg verwahrt gewesenen und daraus entsprungenen Konditor Alfons Philippe von Mörchingen, zumal beide wegen Raubes von anderen Behörden verfolgt werden, Bärtl auch schon andere Straf-taten in der Schrobenhausener Gegend verübt hat und ein früherer Genosse von ihm Äußerungen von ihm berichtete, die auf den plan eines Raubüberfalles bei Schrobenhausen hindeuten. Trotz erneuter öffentlicher Ausschreibung mit Abbildung konnte Bärtl indessen noch nicht wieder ergriffen werden, während Philippe nach neuerlicher Meldung sich als geisteskrank in der Heilanstalt Waldheim in Sachsen befinden soll. Hierüber sind weitere Erhebungen im Gange.
Die Scheußlichkeit der Tat ließ die Annahme, sie könne von einem Geisteskranken oder unter Beteiligung eines solchen verübt sein, aufkommen und lenkte den Verdacht auf den Bäcker Josef[[Personen: Bärtl Josef | Bärtl]] von Geisenfeld und dem gleich ihm seinerzeit in der Heilanstalt Günzburg verwahrt gewesenen und daraus entsprungenen Konditor Alfons Philippe von Mörchingen, zumal beide wegen Raubes von anderen Behörden verfolgt werden, Bärtl auch schon andere Straf-taten in der Schrobenhausener Gegend verübt hat und ein früherer Genosse von ihm Äußerungen von ihm berichtete, die auf den plan eines Raubüberfalles bei Schrobenhausen hindeuten. Trotz erneuter öffentlicher Ausschreibung mit Abbildung konnte Bärtl indessen noch nicht wieder ergriffen werden, während Philippe nach neuerlicher Meldung sich als geisteskrank in der Heilanstalt Waldheim in Sachsen befinden soll. Hierüber sind weitere Erhebungen im Gange.


Daneben liefen und laufen weitere Ermittlungen gegen eine ganze Reihe anderer Personen, deren Alibi z. Teil inzwischen schon nachgewiesen ist und im übrigen nachgeprüft wird.
Daneben liefen und laufen weitere Ermittlungen gegen eine ganze Reihe anderer Personen, deren Alibi z. Teil inzwischen schon nachgewiesen ist und im übrigen nachgeprüft wird.

Version vom 20. März 2011, 12:46 Uhr

Bericht des Staatsanwalts Renner an die Oberstaatsanwaltschaft

Quelle

Staatsarchiv München

Detailinformationen

Datum

12.05.1922

Ort

N e u b u r g a.D.

Autor/Funktion

Ferdinand Renner, Staatsanwalt

Inhalt

Bericht der Staatsanwaltschaft N e u b u r g a.D. Neuburg a.D., den 12. Mai 1922 Betreff: Sechsfacher Raubmord in Hinterkaifeck Die seit Erstattung meines Berichts vom 10.4.22 fortgesetzten Ermittlungen haben ein greifbares Ergebnis nicht gezeigt. Da mir die Gendarmerie des Tatorts (Station Hohenwart und Hauptstation Schrobenhausen) etwas zu schwerfällig arbeitete und nicht genug Initiative entwickelte, hatte sich auf mein Veranlassen Krim.Kom. Neuss von der Polizeidirektion München mit einem weiteren Beamten im April erneut an den Tatort begeben, um die aus den persönlichen und örtlichen Beziehungen der Ermordeten sich etwa ergebenden Spuren gründlich zu klären und weiter zu verfolgen. Das Ergebnis seiner mehrwöchentlichen sehr eifrigen und gründlichen Erhebungen war indessen ebenfalls negativ. Doch kann nun der in meinem ersten Berichte erwähnte Verdacht gegen den Ortsführer Schlittenbauer von Gröbern entgültig als beseitigt gelten; ebenso ist das Alibi eines in der Schroben-hausener Gegend vielfach verdächtigen Tagners Karl Bichler von Waidhofen, der Beziehungen zu den Ermordeten hatte, einwandfrei dargetan worden, wenn er auch infolge dieser Erhebungen eines schweren Diebstahls und einer ganzen reihe einfacher Diebstähle überführt und verhaftet wurde.

Die Scheußlichkeit der Tat ließ die Annahme, sie könne von einem Geisteskranken oder unter Beteiligung eines solchen verübt sein, aufkommen und lenkte den Verdacht auf den Bäcker Josef Bärtl von Geisenfeld und dem gleich ihm seinerzeit in der Heilanstalt Günzburg verwahrt gewesenen und daraus entsprungenen Konditor Alfons Philippe von Mörchingen, zumal beide wegen Raubes von anderen Behörden verfolgt werden, Bärtl auch schon andere Straf-taten in der Schrobenhausener Gegend verübt hat und ein früherer Genosse von ihm Äußerungen von ihm berichtete, die auf den plan eines Raubüberfalles bei Schrobenhausen hindeuten. Trotz erneuter öffentlicher Ausschreibung mit Abbildung konnte Bärtl indessen noch nicht wieder ergriffen werden, während Philippe nach neuerlicher Meldung sich als geisteskrank in der Heilanstalt Waldheim in Sachsen befinden soll. Hierüber sind weitere Erhebungen im Gange.

Daneben liefen und laufen weitere Ermittlungen gegen eine ganze Reihe anderer Personen, deren Alibi z. Teil inzwischen schon nachgewiesen ist und im übrigen nachgeprüft wird.

gez. Renner

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