Berichte: 1922-05-16 Neuss Georg, Kriminalkommissär

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Bericht des Kriminalkommisär Georg Neuss

Quelle

Staatsarchiv München

Detailinformationen

Datum

16.05.1922

Ort

München

Autor/Funktion

Georg Neuss, Kriminalkommissär

Inhalt

Bericht des Kriminalkommissärs Neuss
an die Polizeidirektion München


Polizeidirektion München
München, den 16.Mai 1922

Fahndungsabteilung


Betreff: Raubmord in Hinterkaifeck.


Nach der Anlage 16 meiner, dem Herrn I. Staatsanwalt am Landgerichte Neuburg a.D. in Vorlage gebrachten Anzeige vom 2.Mai 1922, will der led. 27 jährige Gütler und Metzger

Simon Reißländer,

von Westerbach B.A. Schrobenhausen, die Nacht vom 31.März auf 1.April 1922 bei seiner Braut, der Bauerstochter Viktoria Koppold in Brunnen, die er in nächster Zeit heiraten will, gewesen sein. Er will am 1.April gegen 3 Uhr früh, mit dem Fahrrad von Brunnen über Edelshausen nach Hause – Westerbach – gefahren sein und auf dem Wege zwischen Brunnen und Edelshausen und zwar unterhalb dem Einödhof Schachhof, wo der Wald bis an die Strasse vorstößt, am Waldrande 2 ihm verdächtig vorkommende Burschen gesehen haben.

Die näheren Angaben, sowie die von ihm abgegebene Personalbeschreibung der beiden Burschen, sind auf der Anlage 16 ersichtlich. Bezeichnet ist, daß Reißländer, wie er von dem Raubmord in Hinterkaifeck erfahren haben will, der Gedanke gekommen sei, daß die beiden Burschen am Mord beteiligt waren und daß der größere Bursche Karl Bichler von Waidhofen, zur Zeit wegen Diebstahl in Neuburg in Untersuchungshaft, und der kleinere, der ehem. Schmiedgehilfe, Georg Mader von München, der seinerzeit bei dem Schmiedemeister Greppmeier in Waidhofen beschäftigt war und mit Bichler verkehrt ist, gewesen sei.


Auffallend erscheinen mir auch die bestimmten Angaben des led. 24 jährigen Gütlerssohn

Johann Reißländer,

siehe Anzeige vom 2.Mai 1922 S.8. Johann Reißländer ist der Bruder des vorgenannten Simon Reißländer und ist ebenfalls in Westerbach wohnhaft. Derselbe gab mir an, daß er am Montag oder Dienstag, den 3. od. 4. April 1922 in Schrobenhausen zu tun gehabt habe und bei dieser Gelegenheit den ihm persönlich bekannten Karl Bichler gesehen hätte.


Bichler konnte sein Alibi in der kritischen Zeit nachweisen und verweise ich auf die –Anl. 22- meiner Anzeige vom 2.Mai 1922. Es ist dabei auch festgestellt worden, daß Bichler auch während seiner Dienstzeit im Gute Lindahof bei Althegnenberg, sohin vom 6.März bis 27.April 1922 nicht nach Schrobenhausen gekommen ist.


Der Schmiedgehilfe Georg Mader, geb. 20.12.1902 in München, hier bei seinen Eltern Orleansstr. 37/3 wohnhaft, hat zur kritischen Zeit und auch vorher bei der Bau- Aktiengesellschaft Frank in München gearbeitet und konnte nach den Feststellungen des Krim.Komm. Würfel nicht von hier abwesend sein, ohne daß er seine Arbeit rechtzeitig antreten hätte können.


Wie ich gelegentlich der Erhebungen feststellen konnte, hat auch Simon Reißländer in Westerbach ein Anwesen mit etwas Grund gekauft. Das Haus selbst läßt er z. Zt. In Stand setzen und verschiedene Auswechslungen dort vornehmen.


Zu dem Ankauf eines Anwesens, Verbriefung und Instandsetzung eines solchen sind zur jetzigen Zeit beträchtliche Barmittel erforderlich. Es soll der Reißländer selbst und seine Braut Viktoria Koppold in Brunnen nicht besonders vermögend sein. Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, daß auch solche Personen, wie Reißländer, sich zu einer Mordtat hinreißen lassen, um in den Besitze von Bargeld zu kommen.


Nach der hier vorliegenden Karte würde der nächste Weg von Westerbach nach Brunnen in unmittelbarer Nähe des Einödhofes Hinterkaifeck vorbeiführen. Es wäre daher in ganz unauffälliger Weise festzustellen, ob Reißländer bei Ankauf des Anwesens und bei der Instandsetzung desselben nach dem Morde größere Zahlungen gemacht hat, die nicht im Verhältnis zu seinen sonst verfügbaren Mitteln stehen, wozu noch berücksichtigt werden müßte, daß er zur Anschaffung landwirtschaftlicher Geräte und zu seiner Verheiratung ohnedies viel Geld benötigt.


Vielleicht würde es sich nebenbei unauffällig feststellen lassen, wann Reißländer zu seiner Braut nach Brunnen gekommen ist und wann er sich von dort wieder entfernt hat. Es fällt mir auch der Tag –Freitag- auf, an welchem er seine Braut aufgesucht haben will und die Zeit seiner Entfernung von dort. Ob den Brüdern Reißländer eine solche Tat zugemutet werden kann, müßten die vertraulichen Erhebungen ergeben.



Kriminalkommissär

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