Dokumente: 1954-02-02 Einstellung Verfahren gegen Gump

Aus Das Hinterkaifeck-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Einstellung des Verfahrens gegen A. Gump

Detailinformationen

Datum

2. Februar 1954

Ort

Art des Dokumentes

Dokument

Verfasser

Dr. Herrnreiter , Oberstaatsanwaltschaft

Verfasst für

Quelle

Staatsarchiv München, PolDir 8091b

Inhalt

1 Js 244/52
Vfg.
I. Das Verfahren gegen Anton Gump wird eingestellt.
Gründe:
Am 16.11.1952 brachte die Schwäbische Landeszeitung xxx eine Reportage unter dem Titel „Rund um Hinterkaifeck schweigen noch immer die Wälder. Ich kenne den Mörder“, deren Inhalt in der Behauptung gipfelte, ein katholischer Priester in einer schwäbischen Kleinstadt kenne den Mörder von Hinterkaifeck.

Die auf Grund dieser Behauptung angestellten Ermittlungen führten zunächst zu der Feststellung, dass im Jahre 1941 oder 1942 eine kranke Frau anläßlich eines Versehganges xxx in der Beichte dem damaligen Kaplan der Stadtpfarrkirche St. Pankratius in Augsburg-Lechhausen und nunmehrigem Benefiziaten xxx mitgeteilt hatte, ihre beiden Brüder seien die Mörder von Hinterkaifeck. Auf Wunsch der Kranken hatte dieser die Namen der beiden Mörder auf einen Zettel notiert, den er zunächst nicht auffinden konnte. Später brachte Hauber dann einen Zettel bei, auf welchem die Namen Anton und Adolf Gump vermerkt waren. Es konnte festgestellt werden, in der Vernehmung am 1.2.41, dass es sich bei der kranken Frau um Kreszentia Mayer, geb. Gump handelte, und dass diese am 20.10.42 verstorben ist.
Kreszentia Mayer hatte aber auch xxx Geistlichen, nämlich dem inzwischen verstorbenen xxx von St. Pankratius, Geistl. Ritzl, unter xxx und um dieselbe Zeit xxx Mordes in Hinterkaifeck. xxx noch vernommen wurden xxx Hauber. Er konnte sich xxx an die ... ort derselben Karlskron erinnern.
Hauber und Ritzl, die nicht wußten, dass sie ihnen beiden dasselbe Geheimnis anvertraut hatte, gaben xxx an, daß die Kranke damals einen geistig normalen Eindruck gemacht habe. An der Richtigkeit der Angeben der beiden xxx zu zweifeln besteht kein Anlaß; es ist auch schwerlich anzunehmen, dass Kreszentia Mayer, selbst wenn sie mit ihren beiden Brüdern nicht auf bestem Fuße stand, angesichts des Todes auf dem Krankenbett diese zu Unrecht derart schwer belastet hat.

Im Zuge der weiteren Erhebungen konnte festgestellt werden, daß Adolf Gump am 29.2.1944 in Würzburg verstorben ist, während Anton Gump in Ingolstadt lebt. Ersterer unterhielt zur Tatzeit mit der ledigen landwirtschaftlichen Arbeiterin Magdalena Stampfl, nun verheiratete Schindler in Thalhausen (Lkrs. Freising) ein Liebesverhältnis. Beide zogen durchs Land und bestritten ihren Lebensunterhalt durch Korbmachen und aus Diebstählen. Magdalena Schindler ist noch am Leben und konnte – allerdings ohne besonderes Ergebnis – vernommen werden. Anton Gump stand Ende März bis Anfang April 1922 bei der Firma Despag in Ingolstadt in Arbeit. Wie dort jedoch festgestellt werden konnte, arbeitete der Betrieb um die genannte Zeit kurz, so daß durchaus die Möglichkeit besteht, daß in den letzten Tagen der Woche nicht gearbeitet wurde.

Zu diesen, den Beschuldigten stark belastenden Momenten kamen im Laufe der weiteren, nach der Festnahme des Beschuldigten getätigten Erhebungen noch folgende Verdachtsmomente hinzu:

a) Der Beschuldigte hat stets bestritten, die Örtlichkeit von Hinterkaifeck und die Orte Gröbern und Waidhofen zu kennen, obwohl er vier Jahre lang in dieser Gegend als landwirtschaftlicher Arbeiter beschäftigt war.

b) Auffallend ist auch, daß er bei seiner Vernehmung sofort sagte, es sei kein Raubüberfall gewesen, weil nichts geraubt worden sei, obwohl alle Presseveröffentlichungen stets nur von einem „Raubmord“ gesprochen haben.

c) Anfangs bestritt der Beschuldigte um die Tatzeit herum bei m Hamstern in der Schrobenhausener Gegend gewesen zu sein, während er später einräumen mußte, daß er im Herbst 1922 in einem Bauernanwesen in der Gegend von Schrobenhausen eine Gans und einen Apfel gehamstert habe. An den Ort will er sich nicht mehr erinnern können, sein Bruder habe bei dieser Gelegenheit aber nach Nordwesten gezeigt und gesagt, daß da hinten Hinterkaifeck liege. – Auch die Zeugin Schindler gibt an, daß sie 1922 mit den Gebrüdern Gump in der Schrobenhausener Gegend beim Hamstern gewesen sei.

d) Während seiner Inhaftierung Im Gerichts… Donauwörth erzählte Anton Gump einem Mitgefangenen, Strobl, daß sein Bruder der Mörder von Hinterkaifeck sei, er selbst aber mit dieser Tat nichts zu tun habe. Allerdings habe er kurz vor und nach der Tat mit seinem Bruder gesprochen.

e) Weiterhin wurde bei dem Beschuldigten ein Zettel sichergestellt, auf welchem er sich, offenbar in der Absicht, sich nicht in Widersprüche zu verstricken, Teile seiner früheren Aussage notiert hatte.

Ob alle diese Momente, welche den Beschuldigten zweifellos schwer belasten, zur Anklageerhebung gegen ihn ausgereicht haben würden, kann dahingestellt bleiben, da bisher nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte, daß in Richtung gegen Anton Gump vor dem Jahre 1922 eine zur Verjährungsunterbrechung geeignete richterliche Handlung vorgenommen wurde.

Die ursprünglichen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Augsburg sind beim Brand des Augsburger Justizgebäudes im Jahre 1944 ein Raub der Flammen geworden. Wenn es auch an….bei den Polizeibehörden verschwundenen Zweitschriften im allgemeinen gelungen ist, die früheren polizeilichen Ermittlungen zwar nicht lückenlos aber doch in groben Zügen zu rekonstruieren, so fehlen doch die nur in den zerstörten Gerichtsakten vorhandenen bis 1944 getroffenen gerichtlichen Entscheidungen, Verladungen und Anordnungen. Die in Richtung einer Rekonstruktion dieser xxx stücke angestellten Erhebungen konnten keinen einwandfreien Beweis dafür erbringen, daß tatsächlich eine rechtskräftige Verjährungsunterbrechung erfolgt ist.

Zwar konnte aus dem Namensverzeichnis des Amtsgerichts Neuburg/Do. vom Jahre 1922 festgestellt werden, daß Gump schon xxx wegen Raubmords gesucht wurde. Auch bekundete ein ehemaliger Polizeibeamter des LP-Postens Unterbruck (Lkrs. Freising ), daß er im Jahre 1937 oder noch später als Postenchef des vorerwähnten Postens auf Grund einer Anfrage, die entweder von der Staatsanwaltschaft Augsburg oder einem Gericht ausgegangen sei, nach dem Aufenthalt eines Gump geforscht habe. In diesem Auftragsschreiben sei Gump als der Tat in Hinterkaifeck verdächtig bezeichnet gewesen. Demnach wäre anzurechnen, daß nach 1937 der Beschuldigte als Täter in Frage kam und, da nach der Weisung des damaligen Leiters der Staatsanwaltschaft Augsburg auf eine Verjährungsunterbrechung in jedem Falle hinzuarbeiten war, die Verjährung unterbrochen worden ist.
Da jedoch keiner der zahlreichen in all den verflossenen Jahren im Landgerichtsbezirk Augsburg tätigen und in Betracht kommenden Richter verbindliche Angaben über eine Verjährungsunterbrechung machen konnte, kann trotz dieser Annahme ein eindeutiger Hinweis für eine solche nicht geführt werden.
xxxx.
Augsburg, den 2.2.1954
Der Oberstaatsanwalt
i.V.
gez. Herrnreiter
Erster Staatsanwalt

Offene Fragen/Bemerkungen