Sachverhalte: Strafprozess wegen Blutschande gegen Andreas Gruber und Viktoria Gabriel 1915: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Das Hinterkaifeck-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 59: Zeile 59:
== Die Strafe ==
== Die Strafe ==
Andreas Gruber wurde zu einem Jahr Zuchhaus und Viktoria Gabriel zu einem Monat Gefängnis verurteilt. StA. Pielmayr erwähnt dies ebenfalls in seiner [[Dokumente: 1926-11-06 Zusammenstellung des Staatsanwaltes Pielmayr | Zusammenfassung]] aus 1926.<br>
Andreas Gruber wurde zu einem Jahr Zuchhaus und Viktoria Gabriel zu einem Monat Gefängnis verurteilt. StA. Pielmayr erwähnt dies ebenfalls in seiner [[Dokumente: 1926-11-06 Zusammenstellung des Staatsanwaltes Pielmayr | Zusammenfassung]] aus 1926.<br>
<br>
[[Personen: Renner Ferdinand | Staatsanwalt Renner]] hingegen [[Berichte: 1922-04-10 Renner Ferdinand, Staatsanwalt | berichtet]], dass Viktoria Gabriel zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden ist.<br>
[[Personen: Renner Ferdinand | Staatsanwalt Renner]] hingegen [[Berichte: 1922-04-10 Renner Ferdinand, Staatsanwalt | berichtet]], dass Viktoria Gabriel zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden ist.<br>


Welche Variante der Wahrheit entspricht, ist nicht nachvollziehbar.
Welche Variante der Wahrheit entspricht, ist nicht nachvollziehbar.

Version vom 4. April 2011, 03:47 Uhr

Strafprozess wegen Blutschande gegen Andreas und Viktoria Gruber 1915

Die Anzeige

Ende des Jahres 1914 oder zu Beginn des Jahres 1915 wurde gegen Andreas Gruber und Viktoria Gabriel eine Anzeige wegen Blutschande gemacht.
Zu diesem Zeitpunkt war Viktoria von ihrem gefallenen Ehemann Karl Gabriel schwanger oder hatte erst kurze Zeit zuvor Cäzilia Gabriel zur Welt gebracht.

Der Anzeiger

Da die Prozessakte nicht vorliegt, kann über den Anzeiger von Andreas Gruber und Viktoria Gabriel nur spekuliert werden. Folgende Personen werden in diesem Zusammenhang diskutiert:

Martin Asam

Pro

Da Martin Asam, der Stiefbruder von Viktoria, zu diesem Zeitpunkt ev. noch auf Hinterkaifeck wohnte, könnte er seine Stiefschwester und seinem Stiefvater beim Geschlechtsverkehr gesehen haben. Martin bekam nach dem Tod seines Vaters ein geringes Vatergut von 100 Mark. Seine Schwester Cäzilia Starringer hingegen bekam fast 700 Mark. Vielleicht wollte Martin Asam auch den Hof übernehmen. Er war der einzigste männliche Nachfahre und könnte sich ein größeres Recht am Hof eingeräumt haben, als er seiner Stiefschwester zugestand. Aus diesen Gründen könnte es ein Racheakt gewesen sein.

Kontra

Da nie etwas bekannt wurde, wonach Martin zum Zeitpunkt der Anzeige nicht mehr auf Hinterkaifeck lebte, müsste er dann mit den Leuten, die er angezeigt hat, weiter unter einem Dach leben. Dabei stellt sich die Frage, ob ihn Viktoria als Hofbesitzerin nicht rausgeworfen hätte.

Lorenz Schlittenbauer

Pro

Lorenz Schlittenbauer könnte als Nachbar auch etwas mitbekommen haben. Von kirchlicher Seite gesehen, hätte er eine solche Situation nie geduldet. Viktoria Gabriel selbst soll sich seiner Frau Viktoria Schlittenbauer anvertraut haben. Auch könnte Mitleid mit Viktoria eine Rolle gespielt haben.

Kontra

Nach letzten Recherchen soll Lorenz Schlittenbauer zum Zeitpunkt der Anzeige im Krieg und in Belgien stationiert gewesen sein.

Viktoria Schlittenbauer

Pro

Viktoria Gabriel selbst soll sich Viktoria Schlittenbauer anvertraut haben. Ein moralischer Hintergrund oder Mitleid mit Viktoria könnte auch hier den Anlass geboten haben.

Kontra

_

Karl Gabriel sen.

Pro

Da die Anzeige nahe bei der Geburt von Cäzilia gemacht wurde, könnte die Geburt und die Anzeige in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Karl Gabriel sen. könnte von der Blutschande gewusst haben, ev. sogar von seinem Sohn Karl, dem Ehemann der Viktoria. Der Zweifel an der Vaterschaft von Karl an Cäzilia Gabriel könnte einen solchen Schritt rechtfertigen.

Kontra

--

Nachbarschaft-Arbeiter

Pro

In dem abgeurteilten Zeitraum soll es auf Hinterkaifeck einen Umbau gegeben haben, bei dem auch die Nachbarn mitgeholfen hatten. Josef Schrätzenstaller gibt dies in seiner Aussage 1952 an. Auch Josef Schrittenlocher berichtet in seiner Aussage davon.
Dabei hatten die Arbeiter einen Einblick, was das tägliche Leben der Hinterkaifecker angeht und somit könnten sie etwas beobachtet haben.

Kontra

Wenn es 1908 oder 1909 zu Beobachtungen gekommen ist, stellt sich die Frage, warum der mutmassliche Anzeiger so lange mit der Anzeige gewartet hat. Schliesslich wäre 1915 für diesen Zeitraum die Verjährung eingetreten.

Es kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass Keiner der genannten Personen die Anzeige gemacht hat.

Prozess

Aus der Zusammenfassung des Staatsanwaltes Pielmayr ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Neuburg an der Donau unter dem Aktenzeichen Str.P.Reg. 105/15 Anklage erhob und es zu einem Strafprozess kam. Am 28. Mai 1915 erfolgte eine Verurteilung beider Personen wegen eines Verbrechen gegen die Sittlichkeit (schwere Blutschande). Ein inzestiöses Verhältnis konnte für den Zeitraum von 1907 bis 1910 nachgewiesen werden.

Die Strafe

Andreas Gruber wurde zu einem Jahr Zuchhaus und Viktoria Gabriel zu einem Monat Gefängnis verurteilt. StA. Pielmayr erwähnt dies ebenfalls in seiner Zusammenfassung aus 1926.
Staatsanwalt Renner hingegen berichtet, dass Viktoria Gabriel zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden ist.

Welche Variante der Wahrheit entspricht, ist nicht nachvollziehbar.

Rechtliche Grundlage

Andreas Gruber und Viktoria Gabriel sind höchstwahrscheinlich nach §173 des StGB, gültig vom 01.01.1872 bis 01.10.1953, verurteilt worden:

(1) Der Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie wird an den ersteren mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, an den letzteren mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.
(2) Der Beischlaf zwischen Verschwägerten auf- und absteigender Linie, sowie zwischen Geschwistern wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.
(3) Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
(4) Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie bleiben straflos, wenn sie das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet haben.