Zeitungsartikel: 1909-09-26 Rosenheimer Anzeiger: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 13. November 2022, 00:43 Uhr

Detailinformationen

Datum

26. September 1909

Ort

Rosenheim

Art des Dokumentes

Zeitungsartikel

Verfasser

unbekannt

Verfasst für

Rosenheimer Anzeiger

Inhalt

Oberbayerisches Schwurgericht.
München. 24. September.
(Spezialbericht des „Rosenheimer Anzeiger".)
Den Nachbarn des Hauses Nr. 23 ½ am Bahnhofsweg im Markte Grafing fiel am 28. Februar ds. Js. auf, daß die Besitzerin des Hauses, die Händlerswitwe Rosa Obermaier schon einige Zeit nicht mehr gesehen wurde, daß nachts in ihrer Stube kein Licht brannte, die Holzlegtür aber offen stand. Man schöpfte Verdacht, daß der Obermaier, welche allein ihr Häuschen bewohnte, etwas zugestoßen sein müsse und verständigte die Gendarmerie. Das Haus der Obermaier wurde gewaltsam geöffnet. Den Eintretenden bot sich, als sie in das Schlafzimmer der Obermaier gelangten, ein schrecklicher Anblick. Die Leiche der 57jährigen Frau lag am Boden. Beim ersten Anblick schon war es zweifellos, daß sie ermordet worden war. Das Aussuchen im Schlafzimmer und den anstoßenden Räumen ließ auf einen Raubmord schließen. Die Leiche lag vollständig bekleidet auf dem Fußboden, der Mund war mit einem Taschentuch zugebunden, die Hände waren mit einer Schürze über den Leib gefesselt. Das Schürzcnband war an den Fuß der Bettstelle geknüpft. Die Beine waren mit einem Schurz zusammengebunden, die Füße stacken in einem Rucksacke, der mit einem Strick zugebunden und dann an dem Beltstattfuß angebunden war. Auf die Leiche war das Oberbett geworfen. Aus der Leiche der zweifellos Ermordeten stoß Blut. Die Schläfe war angschwollen. -Die Sektion der Leiche bestätigte den grausen Verdacht, daß die Obermaier auf eine schreckliche Weise von ruchlosen Händen gewaltsam ums Leben gebracht worden war. Die Ermordete war zweifellos durch einen Schlag auf die linke Schläfe betäubt worden. Als Knebel wurde ihr ein Handschuh in den Mund und den Schlund geschoben, um sie am Schreien zu verhindern; dann war sie offenbar gefesselt und festgebunden worden. Der Tod war durch Ersticken eingetreten.
Im Schlafzimmer und den anstoßenden Zimmern war alles durchgewühlt. Die Mörder hatten nach Beute gesucht, denn die Obermaier galt allgemein als eine wohlhabende Frau. Alle Kastenschubladcn waren herausgerissen und durchwühlt. Im Wohnzimmer lag auf dem Tisch der leere Geldbeutel der Ermordeten, auf dem Boden ein leeres leinenes Geldsäckchen. Aufgehängte Wäschestücke wiesen Blutspuren auf, Bargeld wurde gar keines vorgefunden. Die Wertpapiere, Pfandbriefe im Betrage von 13 500 Mk., und verschiedene Schuldscheine wurden nicht mitgenommen, wohl aber fehlten verschiedene Pfandbriefcoupons und auch ein Pfandbrief von 1000 Mk., dessen Kupons jedoch vorhanden waren. Da nach den gepflogenen Erhebungen die Obermaier Ende Februar eine Kuh verkauft und sie auch aus ihrem Viktualienhandel Geld eingenommen hatte, war es zweifellos, daß dem Raubmörder eine nicht unerhebliche Barsumme- sie wurde auf 400 Mk. geschätzt- in die Hände gefallen war.
Die Suche nach den Raubmördern.
Am Sonntag, den 26. Februar war die ermordete Frau Obermaier zum letzten Male gesehen worden und am Tage zuvor wurden in Grafing zwei fremde Männer beobachtet, die sich in auffallender Weise herumtrieben. Sie wurden auch gesehen, wie sie abends zwischen 5 und 6 Uhr in das Haus der Rosa Obermaier hineingingen, herauskommen hat sie aber niemand gesehen. - Da die Frau Obermaier kurz zuvor Nachbarn gegenüber geäußert hat, daß sie wegen Verkaufes ihres Hauses mit zwei Männern in Unterhandlung stehe, wurde der Verdacht rege, daß jene zwei verdächtigen Männer unter der Maske von Käufern sich Eingang in das Haus der Obermaier verschafft und den Raubmord verübt hatten. Einer dieser Männer wurde als eine große Figur mit dunklem Schnurr- und Spitzbart, steifen Hut, grauen Mantel, dunklen Wollhandschuhen mit weißen Streifen, der kleinere Mann ohne Bart und Mantel beschrieben. Die Spuren wiesen auf München hin, das Signalements der beiden verdächtigen Männer wurde auch in den verschiedenen Morgenblättern veröffentlicht. Durch die Münchener Polizei wurden am Morgen in der Belgrad- und Herzogstraße zwei Burschen als verdächtig verhaftet, denen nach ihrem schrecklichen Vorleben die Tat wohl zuzutrauen ist.
Die Angeklagten.
Es war dies der 32jährige Taglöhner Joh. Hauser von Mühldorf, sein Freund der 26jährige ledige Anstreicher Peter Huber von Obing, A.-G. Trostberg. Beide sind übel beleumundete, vielfach vorbestrafte Burschen. Jeder von ihnen verbüßte zuletzt wegen Diebstahls eine 6jährige Zuchthausstrafe in Kaisheim, wo sie sich kennen lernten und schon die Mordtat planten. Hauser wurde im Februar 1908 aus dem Zuchthaus Kaisheim entlassen. Anfangs schien er gebessert, er arbeitete fast ein Jahr lang in einer Münchener Fabrik. Im Januar l. J.. hörte er das Arbeiten auf und fiel in sein altes Laster, das Stehlen, zurück. In München und Umgebung verübte er zahlreiche Fahrraddiebstähle; 21 sind ihm nachgewiesen. Wegen dieser Diebstähle wird er sich später vor dem Landgericht zu verantworten haben. Huber wurde nach Verbüßung seiner Zuchthausstrafe noch ein halbes Jahr lang im Arbeitshause Rebdorf verwahrt. Am 20. Januar 1909 wurde er entlassen, wo er sich dann nach München begab und sein Geld mit einer Prostituierten verbrauchte. Beide trafen sich nun wieder in München, gaben sich als Brüder aus und Huber mietete sich sogar unter dem Namen Hauser ein.
Der Aufenthalt in Grafing
An den zwei in Betracht kommenden Tagen (25. und 26. Februar) waren Huber und Hauser nicht in München; sie behaupten und beschworen diese Angaben, denselben stehen jedoch andere gegenüber, insbesondere von einer Anzahl von Zeugen wird bewiesen, daß Hauser und Huber am 25. u. 26. September in Grafing waren. Sie wurden sowohl in Grafing als auch auf dem Bahnhof gesehen und als Hauser, der vor seiner Verhaftung den Spitzbart hatte abnehmen lassen, denselben im Untersuchungsgefängnis wieder wachsen lassen mußte, auch wieder erkannte. Hauser und Huber haben von Anfang an geleugnet, mit dem Grafinger Raubmord in Verbindung zu stehen. Sie waren aber nach der Tat im Besitze größerer Geldmittel. Bei seiner Verhaftung hatte Hauser noch 100 Mk., wie er jedoch angab, aus Fahrraddiebstählen herrührend. Das Verhalten des Angeklagten macht ihn auch verdächtig. Hauser verkaufte seinen Ueberzieher in Mühldorf und Huber wechselte oft seine Kleider, Ueberzieher, Hüte und Handschuhe. Sie suchten sich auf verschiedene, jedoch misslungene 'Weise ihr Alibi zu sichern. Aeußerungen, die Huber und Hauser teils hier, teils im Arbeilshause Rebdorf und teils im Zuchthaus« zu Kaisheim gemacht hatten, lassen daraus schließen, daß die Tat von ihnen bereits lange vorher geplant war.
(Fortsetzung folgt.)