Zeitungsartikel: 1922-04-08 Bayerischer Kurier

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Zum sechsfachen Mord bei Schrobenhausen

Detailinformationen

Datum

08. April 1922

Ort

unbekannt

Art des Dokumentes

Zeitungsartikel

Verfasser

unbekannt

Verfasst für

Bayerischer Kurier

Inhalt

Zum sechsfachen Raubmord bei Schrobenhausen
Ein Leser unseres Blattes, der den Ort des Verbrechens besichtigt hat, sendet uns über seine Wahrnehmungen folgenden Bericht: Als am Donnerstag, 30. März, Leute von Gröbern zum Markte nach Schrobenhausen gingen, trafen sie den alten "Kaifecker", wie er sich über Fußspuren im Neuschnee verwunderte, die zu seinem Anwesen hin, aber nicht mehr wegführten. "Heut Nacht hat man einbrechen wollen, " sagte er. Hätte er die Polizei verständigt, so wären am Ende gar die unliebsamen Gäste in der Scheune entdeckt und deren grausige Tat verhindert worden. Am Freitag,
31. März, nachmittags traf, begleitet von ihrer Schwester, die neue Magd Maria Baumgartner von Kühbach ein, die von einer Vorahnung beunruhigt, den Dienst in der Einöde nur ungern antrat. Am Samstag, 1. April, fehlte bereits das
8 1/2jährige Mädchen des Hauses, Cäzilie, in der Schule, weshalb vermutet wird, daß sich das Drama bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag abspielte. Am Samstag abend will ein Vorübergehender noch Licht im Backofen gesehen haben, was fast unglaublich scheint, will man nach an eine besondere Frechheit der Verbrecher glauben, die sich ruhig Zeit ließen. Am Dienstag, 4. April, reparierte ein Arbeiter den Motor des Kaifeckers, ging dann nach dem nahen Gröbern und erzählte, daß da draußen niemand zu Hause sei und daß das Vieh im Stalle schreie, man solle Mitteilung machen von seiner Arbeit. Ein Bub ging und fand alles verschlossen, sah durch ein Fenster eine Leiche, rannte zurück und machte Lärm, Gröbern rückte aus und fand zunächst ein Stück Vieh von der Kette los, woraus folgende Schlüsse gezogen wurden: Die Täter waren im Haus verborgen, hatten die Tat vorbereitet und dadurch eingeleitet, daß sie ein Stück Vieh losließen und in den Nebenraum verbrachten, um dadurch die Bewohner herauszulocken. Auf das Brummen der beunruhigten Tiere kamen sie dann auch: die Frau des Hauses, Viktoria Gabriel, eine Kriegerwitwe, ihre Eltern Andrea und Cäzilie Gruber und der Witwe 8 1/2jährige Tochter Cäzilie. Eines nach dem anderen scheint an der Türe empfangen und mit einer Hacke, die sich bei der Futterkrippe fand, niedergeschlagen worden zu sein. Denn sie lagen in wirrem Knäuel durcheinander, die Hirnschalen zertrümmert neben der Türe. Die neue Magd, scheinbar mit Auspacken ihrer Habseligkeiten beschäftigt, wurde in ihrer Kammer auf gleiche Weise niedergemacht. Der 2 1/2jährige Joseph lag in der Schlafkammer der Mutter im Kinderwagen, durch dessen zertrümmertes Dach das Mordinstrument auf das arme Würmlein niedersauste. Die Leichen bieten einen entsetzlichen Anblick und sind bis zur Unkenntlichkeit entstellt. 1800 Mark in Gold, 150 Mark in Silber und 13 000 Mark in Pfandbriefen wurden noch vorgefunden. Die Kästen waren nicht durchwühlt; möglicher Weise haben sich die Täter mit dem jedenfalls nicht in geringer Menge vorhandenen Papiergeld begnügt. Staatsanwalt und Kommission walteten ruhig und eifrig ihres traurigen Amtes. Neugierige und Teilnehmende kamen am Mittwoch von allen Seiten; auch einige recht verdächtige Individuen hatten sich eingefunden. Wenn man denkt, daß oft Verbrecher an den Ort ihrer Tat zurückkehren oder Beobachter senden, muß es eigentlich wundernehmen, daß sie nicht verhaftet oder wenigstens ihre Personalien festgestellt wurden. Der als wachsam gerühmte Haushund, ein mittelgroßer Spitz, umkreiste bei Entdeckung des Verbrechens winselnd das Haus in einer Entfernung von etwa 50 Schritten - er wurde angehängt und lag nun ganz eingeschüchtert an seiner Kette, als trauerte er um seine Herren. Wie es scheint, hat auch er einen Hieb über das rechte Auge bekommen. Die ermordete Familie hat sich von jeher gern von den Mitmenschen abgesondert. Die Fütterung der Tiere geschah auch sonst unregelmäßig, so daß das Brüllen der Tiere, selbst wenn es gehört worden wäre, nicht auffallen konnte. Die ganze Gegend ist entsetzt und bis ins Innerste erregt, um so mehr, als dieser Tage auch ein Einödsbesitzer, Herr Stadler und in Zuchering ein Gütler aus dem Hause gelockt und übel zugerichtet wurden. Ersterer rettete sein Leben dadurch, daß er sein Geld - 2000 Mark - hergab, von letzterem konnten die Täter verscheucht werden. So mehren sich die Verbrechen in unheimlicher Weise und zwar im gleichen Maße, wie man bestrebt ist, Religion, Gewissen, Gottesglauben zu zerstören. Heißt es da nicht geflissentlich Bestien in Menschengestalt großziehen durch fortschreitende Entchristlichung der Schule? Zu spät werden die Augen aufgehen. Aus der Geschichte lernt man nicht, sonst müsste das Wort des einstigen Preußenkönigs an seine Minister und Räte in die Ohren klingen: "Schafft mir wieder Religion ins Land, ich kann nicht mehr regieren!" Das Ministerium des Innern hat für die Ergreifung oder die sichere Ermöglichung der Ergreifung der Täter eien Belohnung von 100 000Mark ausgesetzt.

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