Zeitungsartikel: 1935-02-01 Mittelbadischer Courier

Aus Das Hinterkaifeck-Wiki
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Detailinformationen

Datum

01. Februar 1935

Ort

Art des Dokumentes

Zeitungsbericht

Verfasser

unbekannt

Verfasst für

Mittelbadischer Courier

Verfügbar

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de

Inhalt

Sechsfacher Mörder gefaßt

Augsburg, 1. Febr. Von der Gendarmerie in Hohenwart bei Schrobenhausen wurde, wie gemeldet, ein gewisser Josef Pfleger aus Deimshausen verhaftet und nach Schrobenhausen in das Gefängnis eingeliefert, da Pfleger Äußerungen gemacht hatte, die ihn des furchtbaren Mordes in der Einöde Hinterkaifeck dringend verdächtig machen. Bei diesem Mord, der Ende März 1922 verübt wurde, sind sechs Personen auf bestialische Weise ums Leben gebracht worden. Die Verhaftung Pflegers war auf die Anzeige seiner eigenen 20 Jahre alten Tochter Maria hin erfolgt.

Pfleger ist seit zwei Jahren in Deimhausen tätig und bewohnt mit seiner Familie ein kleines, der Gemeinde gehöriges Haus. Er erfreute sich in seiner Heimat keines guten Rufes. Er hat wiederholt seine Frau mißhandelt und sie mit dem Tode bedroht und ist wegen Sittlichkeitsvergehens und anderer Delikte bereits mit Gefängnis bestraft. Zur Verhaftung Pflegers kam es, wie erwähnt, durch die Anzeige seiner Tochter, der er die grausige Tat von Hinterkaifeck gestanden haben soll. Die Frau und die Tochter Pflegers hatten in der letzten Zeit ein gedrücktes und verstörtes Wesen Pflegers beobachten können. Am Vormittag des 15. Januar, so sagte Maria Pfleger aus, habe ihr Vater erzählt, daß er und noch einer die Kaifecker umgebracht hätten. Den Namen des anderen sagte er nicht, doch soll sein Mithelfer bereits gestorben sein. Auf die Frage, wie er die schreckliche Tat ausgeführt habe, sagte er, daß er und sein Komplize in den Stall des Kaifecker Anwesens eingedrungen seien. Durch die unvermutete Störung in der Nacht sei das Vieh unruhig geworden, worauf der alte Bauer von Hinterkaifeck in den Stall gekommen sei, um Nachschau zu halten. Mit einer Hacke hätten sie den alten Mann niedergeschlagen. Dann seien sie in das Haus eingedrungen und hätten, als die Magd etwas bemerkte und aus ihrer Kammer gehen wollte, auch diese überfallen. Darauf hätten sie dem kleinen Kind, das in der Kammer nebenan lag, den Schädel zertrümmert, ebenso einem anderen, das ihnen in die Hände gelaufen sei. Als sie noch die Frau Gabriel, die verwitwete Besitzerin des Anwesens, und ihre Mutter durch Schläge auf den Kopf getötet hatten. hätten sie alle sechs Opfer in den Stadel geschleppt, nebeneinander gelegt und mit Heu zugedeckt. Drei Tage seien sie in Hinterkaifeck geblieben und hätten das Vieh gefüttert, damit dieses nicht etwa durch sein Gebrüll die beiden verraten könne. Aber als der Postbote öfters in das Haus gekommen sei, hätten sie es mit der Angst zu tun bekommen und seien auf und davon gegangen. Auf die Frage seiner Tochter, was er in Hinterkaifeck erbeutet habe, bemerkte Pfleger, daß jeder 700 Mark bekommen habe. Die Tochter, die seinerzeit sieben Jahre alt war, will sich noch erinner, da´der Vater ihr damals viel Geld gezeigt habe, über dessen Herkunft er aber nichts verlauten ließ. Die Frau Pflegers war zurzeit des Mordes in München, um sich dort einer Operation zu unterziehen.


Die Tochter Pflegers will die Aussagen ihres Vaters unter Eid nehmen und ihn deshalb angezeigt haben, weil sie wünsche, daß die schreckliche Tat von Hinterkaifeck gesühnt werde.

Bei seiner Vernehmung leugnete Pfleger alles und bezichtigte seine Tochter der Lüge. Als Pfleger von Hohenwart nach Schrobenhausen transportiert wurde, ging der Weg an dem vollständig niedergerissenen Anwesen von Hinterkaifeck vorbei. Als Pfleger dort vorüberkam, soll er heftig gezittert haben. Auch soll er, wie die Bewohner von Deimhausen und Umgebung versichern, schon seit Jahren die Nähe von Hinterkaifeck gemieden haben.


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