Zeitungsartikel: 1953-05-06 Weltbild

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Sie nennen mich Mörder ohne den Schatten eines Beweises!

Detailinformationen

Datum

06.Mai 1953

Ort

Art des Dokumentes

Zeitungsartikel

Verfasser

Heinz Ulrich u. Gerhard Gronefeld

Verfasst für

Weltbild

Inhalt

„Dort geht der Mörder!” raunen die Leute auf der Straße und drehen sich nach ihm um. Fünf Jahre war er im Außendienst des Wohnungsamtes tätig. Jeder zweite kennt ihn daher in der kleinen Stadt.

Die grauenvolle Bluttat auf dem bayerischen Einödhof Hinterkaifeck — sechs Menschen erschlagen, eine ganze Familie ausgerottet — ist seit dreißig Jahren ungesühnt und rätselhaft geblieben. WELTBILD —Reporter suchten im vorigen Jahr (Weltbild Nr. 7/1952) einen Priester auf, dem eine Frau auf dem Totenbett anvertraut hatte, dass ihre beiden Brüder die Mörder gewesen seien. Die Staatsanwaltschaft griff ein und verhaftete den überlebenden Bruder. Und jetzt melden Rundfunk und Presse: Endlich der Mörder gefunden, aber wegen Verjährung der Tat in Freiheit gesetzt! Unsere Reporter G. Gronefeld und H. Ulrich haben mit jenem Mann gesprochen, der wegen des furchtbaren Verbrechens über Nacht zum Geächteten wurde.





Anton Gump

Sie nennen mich Mörder
Ohne den Schatten eines Beweises!
„Ich bin unschuldig!" beteuert Anton Gump, der 65 jährige Rentner, der wochenlang in Untersuchungshaft schwersten Verhören unterzogen wurde. „Ich habe mein ganzes Leben ehrlich gearbeitet. Wenn meine Schwester wirklich mich und meinen toten Bruder Adolf mit ihrer Bezichtigung gemeint haben sollte, so kann ich nur sagen: Mit meinem Bruder war sie verfeindet, und ich habe sie seit meinem 13. Lebensjahr ganze zweimal gesehen. Wie konnte sie zu einer solch furchtbarer Anschuldigung kommen."

Ehepaar Gump

Wie ein Blitzschlag trifft dieses Ehepaar die Rundfunkmeldung, man habe den Mörder von Hinterkaifeck. „Auf Silvester, beim Halmaspielen, hören wir es. Wir atmen beide auf. Gott sei Dank! ruf ' ich aus. Da merke ich entsetzt: Ich selber bin ja gemeint!" Ein hinter die Kirche geducktes Haus, grau, mit langen Reihen kleiner Fenster. Ein Scheunentor führt hinein. Wo wohnt Herr Gump? Eine Frau deutet zu einer schmalen eisernen Treppe hinüber. „Da oben!" Lüstern, neugierig schaut sie uns an. „Ich hab es in der Zeitung gelesen", sagt sie, „der Frau soll es sein, sagen die Leute . . ." Die eiserne Treppe wankt unter unserm Gewicht. Dann lesen wir an der Tür: Gump!
Wir sind aufgeregt. Wir besuchen ja in dieser bayerischen Kleinstadt einen Mörder.


Herr Leykam

Zwölf Jahre lang, schon 1922, habe ich in der Fabrik neben Gump Anton gesessen", sagt Herr Leykam, ein Arbeitskollege. „Da lernt man einen Menschen kennen. Er war immer vergnügt. Hab' nie was bemerkt. Für den leg ich meine Hand ins Feuer!"


Bauer Thoma

„Die größten Räuschehaben wir miteinander gehabt", erzählt der Bauer Thoma in Schönbichl vom verstorbenen Adolf Gump, der viele Jahre bei ihm gewohnt hat. „Nie was Verdächtiges gehört. Im Rausch hätte er bestimmt nicht den Mund gehalten."


Johann Liebl

„Hören sie mir aufmit dem Totenbettgeständnis!" Gumps Schwager Herr Liebl, war vor dem Krieg in Amerika und las dort Briefe der Verstorbenen an einen Onkel. „Sie strotzten nur so von Verleumdungen. Wie kann man diese Person ernst nehmen!"
"Eine Bestie in Menschengestalt", hat ihn eine Zeitung genannt. Sechs Menschen sind damals, am 31. März 1922, erschlagen worden. Hinterkaifeck, das war ein Einödshof, fünfhundert Meter vom nächsten Dorf weg, zwischen Augsburg und Ingolstadt. Der Bauer Gruber hauste darin mit seiner Familie, seltsame, abweisende, etwas verrufene Leute. Die zwei Kinder auf dem Hof waren in Blutschande gezeugt. Aber Geld hatten die Leute, viel Geld, in Papier, Silber und Gold. Und davon fehlte nichts, gar nichts, als man den Mord entdeckte. Die Leichen des alten Bauern und seiner Frau, der Tochter Viktoria und der siebenjährigen Cäcilie lagen in der Scheune neben der Stalltür. Alle mit einer Hacke erschlagen. Dem kleinen Josef, dreijährig, war durch das Dach des Kinderwagens der Schädel zertrümmert worden, die Magd lag tot in ihrer Kammer.
Es fehlte kein Geld, es fehlten nur geräuchertes Fleisch und Eier. Aus einer Brieftasche wurde etwas genommen, sonst war nichts durchwühlt. Und wie merkwürdig: das Vieh wurde die drei Tage nach das Mordtat immer gefüttert.

Aus zwei Liegeplätzen im Heu schloß man auf zwei Mörder. Zahlreiche Verdächtige wurden verhaftet, aber weil das Verbrechen erst an vierten Tage entdeckt wurde und frischer Schneefall Spuren verwischte, versagten selbst die Hunde der Polizei. Haß und Rache tobten sich alsbald in der Gegend aus. Eine Tochter zeigte ihren Vater an, er sei der Mörder von Hinterkaifeck, und der alte Mann saß drei Monate, bis sich seine Unschuld herausstellte.

Der Staatsanwalt hat uns vor Gump gewarnt: "Das ist ein versierter Mensch. Der kennt sich aus. Der wird Sie in Grund und Boden reden!" Das kann man sich vorstellen bei einem Mann, der sechs Menschen erschlug und diese Tat dreißig Jahre in seinem Innern verbarg.

Wir klopfen. Wir öffnen die Tür und stehen in einer kleinen sauberen Küche. Eine alte Frau steht vor uns. Böse sieht sie uns an. Kampfbereit wischt sie die Hände an ihrer Schürze ab und deutet nach hinten: "Da sitzt mein Mann."

Vom Sofa erhebt sich ein kleiner alter rotbäckiger Mann mit einer großen Nase und grauen Haaren, die wie bei einer Bürste nach oben stehen. Er trägt einen Schnurrbart, der heftig zu zittern beginnt, sobald er erregt ist. Unbeholfen, hilflos steht er da, erschrocken, aufgeregt, übernächtigt. Die Röte auf seinem Gesicht weicht dann und wann einer wächsernen Blässe.

Wir zeigen ihm die "Warnung", die er selbst in der Zeitung veröffentlicht hatte: "Im Zusammenhang mit der Mordtat von Hinterkaifeck und den diesbezüglichen Presseberichten wurde in Ingolstadt und auswärts mein Name genannt. Ich werde jeden gerichtlich belangen, der mich mit der genannten Tat mündlich oder schriftlich in irgendeine Verbindung bringt. Ich bin mir keinerlei Schild bewusst und werde versuchen, auf dem Prozesswege meine Unschuld zu beweisen." Gump spricht stockend, er sucht nach Worten, es fällt ihm schwer, fließend zu reden. Seine Worte sind einfach, vom Augenblick eingegeben, nicht vorbedacht. Dieser Mann soll "versiert" sein? Wir verstehen den Staatsanwalt nicht.

Diese Mann hier lebt unter einem furchtbaren Druck, dem er nicht ausweichen kann. Schon die Geschichte der Warnung, die er uns jetzt erzählt, bezeugt seine Hilflosigkeit.

Da erscheint in der Zeitung seiner Stadt ein Artikel, in dem Gump, zunächst noch ohne Namen, des Mordes bezichtigt wird. Drei Tage später bestellt ihn dieselbe Zeitung auf ihre Redaktion, durch einen Brief, in dem steht:"... daß in den nächsten Tagen mit Wahrscheinlichkeit Ihr Name in Zusammenhang mit der Affäre Hinterkaifeck durch die Presse gehen wird ... wir wollen Ihnen Vorschläge machen, um dies zu vermeiden."

Gump geht geängstigt hin. Man fordert von ihm, er solle eine Warnung in die Zeitung setzen, um sich gegen böse Zungen zu wehren. Er weigert sich. Da läßt man ihn selbst ein Telefongespräch führen, aus dem er glaubt entnehmen zu müssen, auch in Pfaffenhofen werde sein Name in Verbindung mit Hinterkaifeck genannt. Darauf gibt er, ganz verstört, seine Einwilligung zu der Warnung, die als kostenloses Inserat am nächsten Tage erscheint. Form und Inhalt der Warnung setzt ihm die Redaktion auf. Der Rechtsanwalt, zu dem er nachher geht, weil man ihm in der Redaktion auch noch, ohne ihn zu fragen, fotografiert hat, fragt entsetzt:
"Wie konnten Sie so was zulassen? Wissen Sie nicht, was das in den Augen der Leser bedeutet? Sie haben sich selbst gleichsam des Mordes bezichtigt."

Die Frau tritt neben ihren Mann. Ihr Gesicht ist vom Weinen gerötet! "Mein Toni ist kein Mörder!" Sie klammert sich an ihn. Er greift sich mit der Hand an die Brust. Hilflos und schmerzlich ist sein Blick auf uns gerichtet.
"Ich bin unschuldig", sagt er in einem Ton der so wahr und echt klingt, daß es uns erschüttert. "Ich habe überhaupt nichts mit der ganzen Sache zu tun."
"Wir sind jetzt dreiunddreißig Jahre verheiratet", sagt Frau Gump. "Damals ist er in die 'Deutschen Werke eingetreten und hat fünfundzwanzig Jahre dort gearbeitet. Immer im Akkord. Er kam abends müde nach Hause und hat sich gleich hingelegt. Der hatte keine Zeit, um Leute umzubringen. Und damals sind wir jung verheiratet gewesen. Ich war krank. Ich bin sehr viel krank gewesen. Ich kann mir keinen besseren Mann als Toni vorstellen. So geduldig hat er mich gepflegt. Glaube Sie, eine Frau hätte das nicht in dreiunddreißig ihrer Ehe herausbekommen, ob ihr Mann ein Mörder ist oder nicht?"

Ausschnitt in der Zeitung mit Sarg-und Hoffoto

Im Kreuzverhör

"Ich war im vergangenen Mai drei Wochen in Untersuchungshaft", sagt Gump. Der Untersuchungsrichter hat mir gesagt, ich solle ruhig gestehen, es wäre ja schon verjährt ... Aber ich konnte ja nicht gestehen, wenn ich nichts wusste!" Dann setzt er leise hinzu: "Ich habe ihm gesagt: 'So etwas kann nicht verjähren. So ein scheußlicher Mord muss aufgeklärt werden. Der darf nicht verjähren.' Aber das hat er auch wieder sehr verdächtig gefunden."
"Wenn es nicht endlich herauskommt, wer wirklich der Mörder war, dann bleibt es ja doch auf dem Toni", schluchzt seine Frau, Am Silvesterabend haben die beiden aus dem Radio gehört, daß die Jagd auf ihn noch einmal anging. Dann kamen die vielen Artikel in den Zeitungen. "Ich habe die Nächte nicht mehr schlafen können", weint Frau Gump. Und er wirft ein: "Ich habe den Gashahn aufdrehen wollen, aber dann hätten doch alle gesagt: 'Aha, da sieht man's. Er ist es also gewesen.'"

Ja, da sind die Leute, die sie persönlich kennen, die lachen darüber, daß der Toni ein Mörder sein soll. Aber da sind die vielen andern, die zwar wissen, wie 'Gump aussieht - er war zuletzt fünf Jahre Prüfer beim Wohnungsamt und lief einmal von Wohnung zu Wohnung -, aber die ihn nicht näher kennen. Die sind es, die tuscheln und mit dem Finger auf den alten Mann zeigen und die es glauben, wenn in einer Frankfurter Zeitung steht: "Der Untersuchungsrichter richtet keine Fragen mehr an den überführten Mörder. Angesichts des vor ihm kauernden Verbrechers läuft es sogar dem erfahrenen Kriminalisten eiskalt den Rücken hinunter. "An dieser Schilderung ist kein wahres Wort.
Was hat diesen Mann in diesen furchtbaren Verdacht gebracht? Die Aussage seiner Schwester, einer Frau, die auf dem Totenbett gestanden haben soll, ihre beiden Brüder seien die Mörder von Hinterkaifeck. Eine Frau, die auf dem Totenbett liegt, spricht die 'Wahrheit, scheint ein unumstößlicher Satz zu sein. Aber die Kriminalgeschichte kennt mehr als einen Fall, in dem Sterbende bewußt gelogen haben, um einen satanischen Haß auch nach ihrem Tode noch walten zu lassen. Was ist diese Creszentia Meier, die ihre Brüder des Mordes bezichtigt hat, für eine Frau gewesen!

"Ich hab' sie 1919 zum erstenmal gesehen, bevor wir geheiratet haben", erzählt die Ehefrau. "Der Toni hat mich als seine Braut vorgestellt, und sie hat wütend zu ihm gesagt: 'Ich kenne dich nicht,' "

Am anderen Tag sind wir mit dem alten Mann unterwegs. Wir sind etwas vorsichtig. Immerhin glaubt die Staatsanwaltschaft doch anscheinend immer noch, daß er ein Mörder ist. Vielleicht ist doch etwas dran? Wir setzen Gump vorne neben den Fahrersitz. Der Sicherheit halber...

Bei dem Bauern Thoma in Schönbichl sind wir zuerst. Dort hat der andere Bruder gewohnt, Adolf Gump, von dem es heißt, daß er von erbitterten Kriegsgefangenen, die er brutal gequält haben soll, erschlagen wurde. Aber hier ist nur was von einem Fahrradunfall bekannt. Man stellt ihm das beste Zeugnis aus. Er sei ein großer "Militarist" gewesen, aber sonst eine "Seele von Mensch". Die Witwe legt uns später den Totenschein ihres Mannes vor. Es wird darauf bestätigt, daß Gump eines natürlichen Todes gestorben ist. Dieses Dokument befindet sich anscheinend nicht in den Akten des Staatsanwalts.

Der alte Thoma erzählt uns, wie die Creszentia Meier 1938 ihren sterbenden Vater dazu gebracht hat, vor seinem Tode zu ihr zu ziehen. "Einmal ist sie hier gewesen. Im Gasthaus hat sie gewohnt. Es war ihr nicht fein genug hier bei uns. Dem alten Gump hat sie gesagt, sie würde ihn Pflegen wie ihren Augapfel. Er hat nicht recht gewollt. Dann hat sie heimlich Briefe an ihren Vater geschrieben. Ich weiß nicht, was sie geschrieben hat. Was Gutes wird es nicht gewesen sein. Denn der Vater ist wirklich mißtrauisch geworden auf uns. Und auf den Adolf. Eines Tages hat er seine Sachen zusammengepackt und ist nach Augsburg gefahren. Ich weiß dann nicht mehr viel. Bloß daß die Centa den Vater für hundert Mark an die Anatomie in München verkaufen wollte. Meine Tochter, die ihn nach Augsburg gebracht hat, die hat sie verdächtigt, ihn bestohlen zu haben."
Wir erreiche Augsburg. Gump sitzt jetzt hinten. Langsam haben sich Gestalt und Wesen der Frau herausgeschält, die eine so entsetzliche Anklage gegen ihre Brüder erhob.
Bei der Schwester Tina liefern wir unseren "Mörder" ab. Es dauert nicht lange, und wir haben die ganze Familie um uns versammelt, zwei Schwestern, einen Schwager, eine Kusine. "Soll ich es sagen?" ruft Schwester Rosa aus, und Schwester Tina sagt: "Wir müssen es sagen. Wir müssen dem Toni jetzt helfen. Wir können keine Rücksicht auf die Familie nehmen."

Hundert Teufel im Leib?

Und dann erfahren wir die scheußlichsten Dinge über die Tote, von allen bezeugt, so schlimm, daß es uns ekelt vor so viel Niedertracht und menschlicher Kälte. Es ist unmöglich, alles das öffentlich auszubreiten, es genügt, wenn bezeugt wird, daß Frau Centa Meier ihren sterbenden Vater dafür geprügelt hat, daß er nicht reinlich genug war, daß sie ihm die Blumen aus der Hand riß und zerstampfte, weil Schwester Tina uns Schwester Rosa sie dem Vater mitgebracht hatten. Das letzte Wort des Vaters über seine Tochter Centa ist gewesen: "Die hat nicht einen Teufel im Leib, sondern hundert."
Als Schwester Tina die Tobende einmal zur Rede stellt, wie sie den Vater so schrecklich behandeln könne, schreit sie: "Ich bin ja gar keine Tochter net von eurem Vater." Sie beschimpft die tote Mutter, bezichtigt sie eines Seitensprungs mit dem Vater desselben Adolf Meier, den sie geheiratete hat. Die Meiers haben neben dem Hause der Gumps gewohnt. "Unsere Mutter ist eine gute Mutter gewesen", weint Schwester Tina. Wir hören von Prügeleinen, die diese Centa angezettelt hat, um derentwillen sie stadtbekannt war, wir hören davon, wie Meiers von Wohnung zu Wohnung ziehen mußten, weil Centa überall die Menschen verleumdete, wir hören, daß Centa Jahre vor dem ersten Weltkrieg von einem Sturz aus dem Heuboden eine schwere Kopfverletzung davontrug und auf eigene Verantwortung ungeheilt entlassen wurde.

Zuletzt besuchen wir noch jenes Cafè in Augsburg, wo Centa Meier einmal Hausmeisterin war. Die Besitzerin erinnert sich bald. "Herrgott, das war doch die, die so unglaublich schmutzig war. Gestohlen hat sie, Und sonst war es auch nicht richtig bei ihr. Ja, die haben wir sehr schnell wieder entlassen ... Ja, die ... wenn es die ist, die Sie meinen, dann kann ich Ihnen nur sagen, daß bei ihrer angeborenen teuflisch Art alles Lug und Trug war, was sie gebeichtet hat."

Wir erinnern uns, was ihr Beichtvater, Kaplan Hauber, einigen Jugendlichen über Frau Meier erzählt hat: "Diese Frau hat nur erklärt, daß ihre Brüder in Augsburg leben." Aber weder Adolf noch Anton Gump haben jemals in Augsburg gewohnt...

Anton Gump ist zur Zeit der Tat Fabrikarbeiter gewesen. Adolf Gump, der ältere, war Korbmacher. Er zog mit einem Schubkarren voller Körbe, Bettzeug und ähnlichem Hausrat mit seinem Vater zusammen auf dem Lande umher, von Dorf zu Dorf, wegen seiner Armut und seines Berufes bei den begüterten Bauern nicht eben angesehen.
Bettelarm war Adolf, arm war sein Bruder. Aber der Hof in Hinterkaifeck war voller Geld. Gold und Silber fand man in einem Schrank, denn die Mörder nicht einmal aufgemacht hatten, obwohl sie noch drei Tage nach der Tat im Hause gewesen sein müssen. Nicht einmal das Papiergeld, das der alte Bauer in einer Tasche unter seinem Kopfkissen verbarg, haben die Mörder genommen. Welches Unmaß von Haß muß die Mörder getrieben haben, wenn in der damaligen Zeit der beginnenden Inflation sogar Gold und Silber für sie gleichgültig waren. Und man fragt sich: Hätten so arme Leute wie die Gumps, drei Tage mit diesen Schätzen eingesperrt, der Verlockung widerstanden?
Wir haben weiter gesucht. Wir dachten an Eifersucht. Aber war es denkbar, daß einer aus Eifersucht eine ganze Familie ausrottet und daß ihm dabei der unbeteiligte Bruder hilft? Wir haben geforscht und haben einen Zeugen gefunden, der die Grubers gut gekannt hat. Was dieser Mann aussagt, deutet auf Rache, aber weit weg von den Brüdern Gump. Der Staatsanwalt ist eine Spur zu Ende gegangen. Er muß umkehren und weitere Spuren verfolgen, vielleicht lassen sie sich noch einmal auffrischen, vielleicht ergeben sich zwischen ihnen Zusammenhänge. Der Name Hinterkaifeck bleibt auch nach dreißig Jahren in rätselhaftes Dunkel gehüllt.
ENDE


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