Zeitungsartikel: 2006-05-09 Mittelbayerische Zeitung

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Das Geheimnis des Hagelstadter Sterbebildchens

Detailinformationen

Datum

09. Mai 2006

Ort

Ingolstadt

Art des Dokumentes

Zeitungsartikel

Verfasser

Martina Schaeffer

Verfasst für

Mittelbayerische Zeitung

Inhalt

HAGELSTADT/HINTERKAIFECK.

Deutschlands mysteriösester Mordfall, der Mord an einer Bauernfamilie aus Hinterkaifeck, gibt Rätsel um Rätsel auf. Und nun hat sich noch eins gefunden: Nach dem MZ-Bericht über den seit 30 Jahren ermittelnden Ingolstädter Hauptkommissar Konrad Müller, hat sich Stefan Rosenmeier aus Hagelstadt zu Wort gemeldet. Er besitzt ein Sterbebildchen mit verblassten Handschriftnotizen. Ein Unikat! Und nicht nur die hingekritzelten Worte - „Blutschande“ oder „Strafe Gottes“ - sind rätselhaft, sondern auch die Frage: Wie kam das Kärtchen vom Ort des Geschehens bei Schrobenhausen bis nach Hagelstadt?

Eigentlich ist Stefan Rosenmeier kein großer Fan von Kriminalromanen, doch diese Geschichte lässt den gelernten Maler irgendwie nicht mehr los. Von seinem Vater Johann hat er das Sterbebildchen übernommen, der war von 1976 bis 1985 Mesner in Hagelstadt und hat das kleine Stückchen Papier beim Abriss der alten Sakristei des alten Kirchleins Sankt Vitus in einem alten Kirchenbuch gefunden. Und fasziniert vom Aufdruck, den Namen der sechs Mordopfer, und den gekritzelten Randnotizen in verblassender schwarzer Tinte, hat er seinen mysteriösen Fund seinem Vorgänger, Alt-Mesner Hans Schwarz, gezeigt. Der konnte sich an den grauenvollen vermeintlichen Raubmord in der Nacht zum 1. April 1922 noch lebhaft erinnern und hat Rosenmeier geraten: „Du, heb' das gut auf“.

Eines wusste allerdings auch Schwarz nicht zu sagen: Wie das Sterbebildchen nach Hagelstadt kam. Stefan Rosenmeier, der Mesners-Sohn, hat im Laufe der Jahre mehrfach versucht, dieses Rätsel zu entschlüsseln. Er hat auch das Buch „Hinterkaifeck“ des Journalisten Peter Leuschner und das Theaterstück zum Thema gelesen. Doch schlüssige Anhaltspunkte hat er bislang nirgends gefunden.
Auch Heinz Beck, Vorsitzender der Hagelstädter Theaterfreunde und akribischer Rechercheur, hat sich auf Spurensuche begeben und zumindest geholfen, ein paar der handschriftlichen Hieroglyphen auf dem Kärtchen zu entziffern. „Strafe Gottes“, „1 Jahr“ oder „Blutschande“ steht in Gabelsberger Kurzschrift, einer Schrift, die zu jener Zeit nur ein Gelehrter, ein Geistlicher oder Lehrer, beherrschte, rings um die Namen der sechs Toten, darunter die zwei kleinen Kinder der Witwe Victoria Gabriel, vermerkt.

Beck hat die Sterbebücher durchforstet und bei Gesprächen erfahren, dass früher die Leute oft kilometerweit mit dem Fahrrad zu Beerdigungen gefahren seien. Doch eine engere Verbindung zwischen dem Ort des Geschehens und Hagelstadt hat auch er nicht gefunden. Nun nimmt Stefan Rosenmeier die Fährtensuche noch einmal auf, will den Kriminaler Müller besuchen und beispielsweise mit der Schwester des verstorbenen Pfarrers Brasch reden, der in Waidhofen die letzte Pfarrstelle inne hatte Denn: Bis 1950 gehörte Hagelstadt zur Pfarrei Langenerling, wurde von einem Kooperator, einem Kaplan, betreut. „Vielleicht war da mal einer da und hat das Sterbebild dann vergessen.“ Nein, der Mordfall Hinterkaifeck lässt Rosenmeier nicht mehr los - und auch seine 15-jährige Tochter Katharina scheint von dem Virus schon infiziert, die Neutraublinger Gymnasiastin hat das Thema in einem Referat aufgegriffen. „Weil's so mysteriös ist und keine Erklärung gibt - das lässt einen nicht ruhen“, sagt der 52-jährige Maler, früher ein begeisterter Theaterspieler.

Nur eines weiß Rosenmeier gewiss: Das Sterbebildchen könnte er leicht verkaufen, es hat dank seiner Aufschrift absoluten Seltenheitswert. „Viele würden einen Haufen Geld dafür geben, aber ich geb's nicht her.“

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