Die Rahmenhandlung

Auf der folgenden Seite sollen die wichtigsten Eckpunkte der Geschichte in ihrer chronologischen Reihenfolge aufgezeigt werden. Sollte es mehrere Versionen zu einzelnen Aspekten geben, so müssen sie aus Gründen der Übersichtlichkeit separat diskutiert werden.

Der Fokus hier wird auf solche Details gelegt, die logisch oder faktisch überprüft werden können. Alle weiteren Details können Sie unserer Quellenliste zu dieser Geschichte entnehmen. Da sehen Sie das, was der Erbringer der Geschichte, Frank Helmut Noack, teilweise zusammen mit dem Journalisten Matthias Petry konkret veröffentlicht hat.

 

Vorgeschichte

Nach Kriegsende 1918 war Bayern voll von Waffen, Geräten und Munition. Nur ein Teil davon wurde gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrags abgeliefert. So soll Andreas Gruber für die Reichswehr von 1919 bis 1921 zehn Fokker D III die in Schleißheim zerlegt und auf dem Transport zur Vernichtung nach Ingolstadt „verloren“ gingen auf seinem Hof eingelagert haben. Andreas Gruber soll dafür 50.000 Mark in Silber erhalten haben. Offenbar entnahm Gruber der Lieferung, bzw. den Kartons die beigefügten Frachtbriefe der deutschen Reichswehr mit Stempel und Unterschrift der abgehenden Dienststelle (Oberschleißheim), den aufgeführten Werknummern der Fluggeräte sowie den Stempeln der alliierten Kontrollkommission.

Mit einem dieser insgesamt zehn Frachtbriefe soll -der nun gierig gewordene- Gruber versucht haben die Reichswehr, um eine Weiterführung des einträglichen Geschäftes zu erpressen. Andernfalls würde er den Vorgang der Entente-Kommission mitteilen. Eine Zahlung der Reichswehr (Schweigegeld?) soll Gruber abgelehnt haben, aber die Vergrößerung der Remise für weitere Einlagerung(en) hatte er erwähnt. Im Buch wird nun aufgrund des Bruchs des Versailler Vertrages und der Möglichkeit Frankreichs zum Nachvollziehen desselben aufgrund der von Gruber entnommen Papiere- angedeutet, daß Frankreich ein Grund hat in Bayern einzumarschieren und „die holen uns die Reichswehr aus den Kasernen und stellen Bayern unters Kriegsrecht.“

Grubers Erpressungsversuch landete schließlich bei einem Hauptmann Langer aus Ingolstadt von der Demobilisierungsstelle Ingolstadt -ob er sich direkt an ihn wandte oder zunächst an eine andere Person ist nicht bekannt. Langer seinerseits informiert nun seinen Vorgesetzten, einen Oberstleutnant Rosner beim Militär (Wehrkreiskommando). Ab da wird von Rosner -der als nicht blutrünstig beschrieben wird- diese Kommandoaktion organisiert.

 

Die Initiatoren der Kommandoaktion

Von Mehnert werden offenbar die Namen „Ramers“ und „Rosner“ genannt (keine Vornamen). Sie stehen für zwei Behörden, die eng miteinander zusammenarbeiteten. Dabei kommt Ramers aus den zivilen Reihen der Landespolizeidirektion und Rosner ist Oberstleutnant beim Militär (milit. Staatsschutz).

Die Aufgabenteilung: Rosner ist für die Vorbereitung und Durchführung verantwortlich, Ramers bietet zivile Schützenhilfe, schickt u.a. ein Vorkommando nach Hinterkaifeck, welches den Hof und die Gewohnheiten der Bewohner ausspähen soll.

 

Die Kommandos

Übersicht Kommando

Geplant war, die von Gruber einbehaltenen neun Frachtbriefe aus dem Anwesen zu holen, um damit der Erpressung die Grundlage zu nehmen.

Das Vorkommando

Für etwa eine Woche wurde Hinterkaifeck wurde von einem Vorkommando beobachtet, das aus Polizisten aus Schrobenhausen und Umgebung bestand. Namentlich erwähnt wird ein Leutnant Borowski von der Bayerischen Landespolizei.

Das Vorkommando sollte die Familie Gruber/Gabriel beobachten und ihre Gewohnheiten studieren mit dem Ziel, eine Möglichkeit zu finden, unentdeckt ins Haus zu gelangen zu können. Das ist nicht möglich, weil zumindest die alte Frau Gruber mit ihrem Enkel das Haus nicht verlässt.

Das Kommando

Oberstleutnant Rosner wählte als Kommandoführer Ernst Friedrich Mehnert, zu dem er ein freundschaftliches, respektvolles Verhältnis pflegte, die zwei weiteren Angehörigen des Kommandos wurden von Hauptmann Langer vorgeschlagen, Angehörige vom Pionierbataillon 4 Ingolstadt. Diese sind namentlich bekannt.

  • Feldwebel Schmidt, ursprünglich aus der Region Traunstein kommend wurde als Wilderer 1912 wegen Totschlags an einem Jäger zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt
  • Wachtmeister Ploner, ein gebürtiger Tiroler der nach einfacher Pionierausbildung in Ingolstadt, zum Fronteinsatz kam

Mehnert, Schmidt und Ploner trafen sich erstmals in der Prinz-Leopold-Kaserne einen Tag bevor der Auftrag starten sollte. Mehnert -als Kommandoführer- unterrichtete dort Schmidt und Ploner über den Auftrag, dann wurde Ausrüstung und Bewaffnung (deren Anwendung aber vermieden werden sollte) geprüft, bevor es auch schon losging. Vorgesehen war eine Verweildauer von maximal zwei Tagen auf dem Hof. Das Kommando war sich einig den Auftrag in der Reichswehruniform auszuführen, da diese für mehr Respekt während des Einsatzes und auch bei der nachfolgenden Absetzbewegung sorgen sollte.

Am 29.03.1922 morgens wurden das Kommando nebst Ausrüstung (u. a. auch Fahrräder für die Absatzbewegung zurück nach Augsburg) mittels einem von der Bayerischen Landespolizei bereitgestellten LKW von der Polizeikaserne Augsburg aus bis in die Nähe des Hofes gebracht. Dort wurden sie vom Vorkommando (namentlich: Leutnant Borowski der Bayer. Landespolizei) über deren Beobachtungen unterrichtet, wie etwa dass die Bewohner nie alle gleichzeitig das Anwesen verlassen würden, es aber dennoch einen Weg gäbe in das Haus einzudringen (auf diese wird im Buch nicht eingegangen).

Am Rande des Hexenholzes mit Sicht auf die Gebäude bezog das Kommando Quartier. Hierfür wurden zwei Mulden (eine für Räder und Ausrüstung und eine für die Männer) ausgegraben, die am Boden mit Zweigen und einer Zeltbahn bedeckt wurde was vor Feuchtigkeit schützen sollte. Mit Zeltstangen wurde eine flache Bedeckung konstruiert, die mit Zweigen abgedeckt das Kommando nahezu unsichtbar machte.

Eindringen in den Hof und Tatausführung

In der darauffolgenden Nacht (29.3/30.3) gegen 4 Uhr erhielt der in der Stellung zurück gebliebene Mehnert mittels Lichtzeichen (dieses Kommunikationsmittel war zuvor vereinbart worden) die Nachricht, daß die beiden Männer erfolgreich in die Gebäude eingesickert waren.

Am 31. März wurde Mehnert -noch immer im Hexenholz ausharrend- unruhig. Er hatte seit die Männer ihm den Zutritt signalisierten keine Nachricht mehr erhalten. Stattdessen musste er weiterhin beobachten, daß die Bewohner den Hof nicht verlassen wollten und das Kommando nicht tätig werden konnte.

Am späten Abend des 31. März entschied Mehnert nun die Aktion abzubrechen, da nach Tagen der Bewachung sowohl von außen als auch vom Inneren selbst klar war, dass, ohne entdeckt zu werden, keine Sicherung der Unterlagen möglich ist.

Nun war es Mehnert der ein Lichtsignal zum Hof schickte und unmittelbare Bestätigung „vom Dachboden“ erhielt; allerdings wurden unmittelbar nach dieser Verständigung weitere Lichtsignale abgesendet. Diese kamen aus der Stalltüre.

Als Mehnert zum Hof kam stand der Feldwebel (Schmidt) in der offenen Stalltüre und berichtete Mehnert, daß er und Ploner angeblich beim Abgang entdeckt und angegriffen wurden. Beschrieben im Buch ist das wie folgt: Nachdem der Befehl zum Abbruch kam, wollten die beiden Männer das Anwesen über die Stalltüre verlassen und wurden dabei von Viktoria Gabriel überrascht. Ploner habe ihr dann den Mund zugehalten, während sie Schmidt mit der Hacke betäuben wollte aber zu fest zugeschlagen hat. Dann sei alles ganz schnell gegangen, weil dann ja noch nacheinander die Eheleute Gruber und Cäzilia Gabriel gekommen seien.

Während Mehnert sich den Tatablauf in der Küche schildern lässt und überlegt was als nächstes zu tun ist, sei Cäzilia Gabriel (die zuvor mit den drei Erwachsenen in der Scheune lag) taumelnd in die Küche gelaufen gekommen, Dort hätte der Wachtmeister (Ploner) ein Stück Bandeisen vom Herd genommen und das Mädchen tödlich getroffen.

Nachtathandlungen

Die kleine Cilli wurde zu den anderen Toten in den Stall (sic!) gebracht, und Mehnert befahl seinen Männern, die Toten abzudecken. Wachtmeister Ploner wollte wohl den Boden aufgraben was Mehnert aber unterband. Stattdessen wurden die Toten mit einer an der Wand lehnenden Türe bedeckt.

In den darauffolgenden Tagen schlossen sich die Männer im Anwesen ein, fütterten das Vieh und durchsuchten die Gebäude nach den Papieren deretwegen sie hier waren. Dabei entdeckten sie auch eine nicht unerhebliche Menge an Bargeld, Silbergeld und Aktien, die aber auf Befehl Mehnerts hin unangetastet zu bleiben hatte „wir sind deutsche Soldaten und keine Banditen“. Die Suche bleibt lange erfolglos. Dann erst unter den Brettern von Viktorias Schlafzimmer werden alle Dokumente gefunden. Anschließend erfolgt das Verbrennen der Unterlagen bis auf eine Synchronisationsanweisung für Maschinengewehre, die als Beweis gegenüber dem Auftraggeber erhalten bleibt.

Flucht

Eigentlich wollte das Kommando am Dienstag abrücken, doch da näherte sich der Monteur dem Anwesen. Erst nach Hofners Weggang von Hinterkaifeck verlassen auch die drei Kommandomitglieder den Hof. Sie fahren mit den im Wald versteckten Fahrrädern wie besprochen in Richtung Augsburg. In Taiting legen sie nach ca. 2 1/2 h Fahrt Rast in einem offenen Stall/Scheune ein.

In Taiting entbrennt zwischen dem Feldwebel und dem Wachtmeister ein Streit um die Beute, als Mehnert hinzutrat und die beiden Männer erkennen, daß dieser unbestechlich ist, sie sich seinem Befehl widersetzt haben (sich nicht zu bereichern) sollen die Männer versucht haben ihre Waffen zu ziehen, aber Mehnert der schneller war konnte beide erschießen.

Ernst Friedrich Mehnert entnahm der Beute 1000 Mark in Silber und etwas Papiergeld und setzt sich in Richtung Augsburg ab und meldete spätestens in Augsburg fernmündlich den Mord an seinen Auftraggeber Ramer. Dieser wiederum sorgt für ein „Aufräumkommando“ in Taiting und  kontaktierte das Polizeipräsidium München. Im Buch wird dann erwähnt, dass In München Kriminaloberinspektor Georg Reingruber zu seinem obersten Vorgesetzten gerufen wird., zum Polizeipräsidenten höchstpersönlich der ihn „einnordet“!

Auszug zur Flucht aus der Kladde

Von Augsburg aus wollte er nach Westen und fuhr mit der Bahn nach Baden Baden. Dort gab ihm ein Viehhändler die Adresse eines Pferdehändlers im Schwarzwald. In Röt im Murgtal erwarb er das Kavalleriepferd „Petrus“ mit dem er dann über Offenburg in Richtung des Rheins ritt. Gegen Mitternacht am 10.04.1922 erreichte Mehnert -noch immer in der Reichswehruniform bei Iffezheim den Rhein. Die Nachlässigkeit (Wachwechsel, Unachtsamkeit?) der Grenzposten auf beiden Seiten nutzend lenkte er das Pferd in den Rhein und konnte auf diesem den Fluss überqueren.

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1922 ff

Mehnert hatte bis zur Ausweisung der deutschen Soldaten aus dem Reichsland Elsass/Lothringen eine Beziehung mit Margaux, der Krankenschwester, die ihn im Lazarett betreute und deren Vater in der Nähe eine Metzgerei betrieb (kolportiert wurde auch: Metzgerei mit angeschlossener Gastwirtschaft).

In der Nacht zum 12. April 1922 erreichte er mit dem Pferd Petrus die Metzgerei von Margauxs Vater im Elsass.

Das spätere Leben ab 1922 ist nur bruchstückhaft teils aus dem Buch [3] und teils aus den Videointerviews [4] und [5] bekannt, weshalb hier auch nur in Stichpunkten eine Chronologie erfasst ist.

  • Heirat mit Margaux und Annahme ihres Familiennamens
  • Sohn (Name unbekannt)
  • Tochter Susanne, geboren um 1930 – †2001
  • Übernahme des gastronomischen Betriebes, der später von seinen Kindern übernommen wurde
  • um 1960 Besuch in Waidhofen a.d. Paar mit Ehefrau
  • zu einem unbekannten Zeitpunkt soll er einen Schlaganfall erlitten haben
  • Aufgrund von grauem Star soll sein Sehvermögen gegen Ende seines Lebens stark nachgelassen haben
  • die Lebenserinnerungen in der Kladde sollen 1974 -sechs Monate vor seinem Tod- niedergeschrieben worden sein

 

Der Mythos eines ungeklärten Sechsfachmordes