Inhalt
-im Entstehen-
Die Waffenlagertheorie würde viele der Auffälligkeiten in den Hinterkaifeck-Ermittlungsakten erklären: die angespannte Stimmung innerhalb der Familie, die Spuren im Schnee, die Geräusche auf dem Dachboden, die Kuhlen im Heu, Begegnungen mit Fremden, blitzende Lichter am Waldrand usw. Hinzukommen unbestätigte Gerüchte darüber, dass auf Hinterkaifeck nach dem 1. Weltkrieg Waffen gelagert wurden und über nächtlichen Motorenlärm aus der Richtung des Bauernhofes dort.
Aber was ist dran an Noacks Geschichte?
Da innerhalb der Kommandotheorie Noack durchaus Punkte gibt, die es sich lohnt auf den Prüfstand zu stellen, versuchen wir hier diese einzelnen Episoden einem Plausibilitätscheck zu unterziehen.
Alle folgenden Beschreibungen beziehen sich auf die von Noack und Petry veröffentlichten Details zu dieser Kommandoaktion und sind ohne Konjunktiv beschrieben. Dass es dennoch erhebliche Zweifel an weiteren Aspekten dieser Veröffentlichungen gibt ist in der Zusammenfassung der Rechercheergebnisse nachzulesen. Die genannten Punkte haken an Plausibilität oder Wahrscheinlichkeit und bringen in der Vielzahl alleine die Geschichte ins Wanken. Alleine der Detailreichtum, der sich unmöglich aus den angeblich nur 4 beschriebenen Seiten der Kladde ergeben soll, spricht eher dafür, dass hier (so die Kladde denn überhaupt echt sein sollte) Vieles hinzuerfunden wurde.
Angaben zum Aufenthalt auf Hinterkaifeck und in der Nähe
Durch die Veröffentlichungen der Zeitungsartikel, Videos und sogar einem Buch (Liste siehe Quellen) und den dort ausgeführten Schilderungen ist es erstmals möglich, all das mit den Akten zu vergleichen was im weiteren Sinne die Tat und den Aufenthalt auf dem Hof betrifft.
Observation und Einsickern
Beschreibung lt. Noack: Nach einer mindestens einwöchigen Observation durch ein Vorkommando übernahm das eigentliche Kommando um Ernst Friedrich Mehnert am 29.03.1922, das war ein Mittwoch. Mehnert und seine beiden Männer sollen dazu im Hexenholz -jedoch mit Sichtkontakt zum Hof- u. a. zwei Mulden ausgegraben und diese mit Zweigen und einer Zeltbahn bedeckt haben. Noch in der gleichen Nacht (auf den 30.03.) erfolgte dann das Einsickern der Männer, denen sich aufgrund der ständigen Anwesenheit der Bewohner bis zur Tat am 31.03.1922 keine Möglichkeit bot, nach den Unterlagen zu suchen.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten: * Fund einer Ausgabe der "Münchner Zeitung" irgendwann im März 1922 (+) * Einbruch in die Motorenhütte und Einbruchsversuch an den Stadeltür (+) * Auffällige Spuren im Schnee (+) * Aussagen Sofie Fuchs (Teil 1) (Teil 2) (-) |
Bewertung: Diese Schilderung der Ereignisse passt grob zu der Rahmenhandlung, dass es kurz vor den Morden einen Einbruch in die Motorenhütte sowie einen Versuch gab, die Tür zum Stadel aufzubrechen. Der Zeitpunkt und die von Gruber selbst berichteten auffälligen Fußspuren würden gut passen. Allerdings gibt es auch deutliche Widersprüche, so dass diese Schilderung Plausibilitätsprüfung nicht standhält: * Die von Gruber berichteten Fußspuren waren über die nördlich von Hinterkaifeck gelegenen Wiese gekommen und nicht aus Richtung Hexenholz, wo das Kommando sein Lager gehabt haben will. * Zudem berichtet Sofie Fuchs in sämtlichen ihrer drei Aussagen von einem Streit am Abend des 30.03. Im Zuge dieses Streits suchte die ganze Familie nach der ausgerissenen Frau, so dass der Hof demnach in der Nacht zum Freitag für längere Zeit leer war; eine Suche hätte zu diesem Zeitpunkt relativ sicher stattfinden können; ein Sechsfachmord wäre nicht nötig gewesen. |
Die Tatwaffe und der Tathergang
Beschreibung lt. Noack: Oberleutnant Mehnert soll selbst den Befehl zum Abbruch der Aktion gegeben haben, angeblich weil er nach Tagen der Observierung feststellen musste, dass der Hof nie leer war und es somit keine Gelegenheit geben würde, die Unterlagen zu suchen. Angeblich überraschte Viktoria die Männer beim Abrücken und sollte nur betäubt werden. Obwohl das Kommando mindestens mit Pistolen bewaffnet war, wurde für die Tat ein zufällig vor Ort gefundenes Schlagwerkzeug verwendet. Beim ersten Mord im dunklen Stadl (spätabends) soll einer der Männer das Opfer Viktoria Gabriel festgehalten haben, während der andere mit der Reuthaue zuschlug.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten: * Tatwaffe: eine Reuthaue aus dem Besitz der Opfer (-) * Massive Kopfverletzungen bei Viktoria Gabriel (-) |
Bewertung: Aus den wenigen erhaltenen Informationen bezüglich der Verletzungen geht hervor, dass entweder Viktoria Gabriel oder ihre Mutter Würgespuren am Hals aufwiesen. Welche der Frauen gewürgt worden war, dazu sind die Informationen widersprüchlich. Es könnte also durchaus sein, dass die erste Konfrontation zwischen Viktoria und einem der Täter im Stadel stattgefunden hatte und es zum Handgemenge inklusive Gewalteinwirkung gegen den Hals kam. Unlogisch sind aber folgende Überlegungen: * Der erste Angriff soll beim Abrücken passiert sein. Für ein Abrücken spricht weder die Tageszeit am Abend, während die Bewohner noch nicht zu Bett gegangen waren. Zudem lautet die Geschichte auch dahingehend, dass das Kommando zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Gelegenheit gehabt haben soll, nach den Unterlagen zu suchen, was eben Mehnert veranlasst haben soll, das Kommando abzubrechen. Dass ein solcher Aufwand betrieben wird, um dann unverrichteter Dinge abzurücken scheint unwahrscheinlich. Auch, dass man nicht doch irgendwann die Konfrontation mit den Hofbewohnern gesucht hatte. Das Kräftegleichgewicht dürfte angesichts der Bewaffnung und der Mächtigkeit der gegnerischen Organisation deutlich zu Gunsten des Kommandos ausgefallen sein. * Die Schilderung „nur betäuben wollen aber der Schlag war zu heftig“ ist unzutreffend. Viktoria Gabriel hatte „9 sternförmige Wunden am Kopf“, was mindestens neun separate Schläge voraussetzt. * Beim Abrücken hätten alle Männer ihre Schusswaffen mit sich geführt. Der Vorzug eines Vorort gefundenen Schlagwerkzeugs gegenüber der eigenen mitgeführten Waffe könnte noch für den ersten Moment im Affekt eine Erklärung bieten. Für eine körperliche Auseinandersetzung unter Beteiligung von 2 Tätern und 1 Opfer macht das für die Dauer von mindestens 9 Schlägen keinen Sinn. * Der Tathergang soll das Festhalten des Opfers bzw. Mund-Halten durch den Wachtmeister sowie den gleichzeitig mit der Reuthaue zuschlagenden Feldwebel beinhalten. In einem wenn überhaupt nur schwach beleuchteten Stadel mit einem schweren, unhandlichen Schlagwerkzeug wäre das Verletzungsrisiko für den Wachtmeister enorm gewesen. |
Darstellung der Tötung von Cäzilia Gabriel
Beschreibung lt. Noack: Laut Buch [3] soll Cäzilia Gabriel die Attacke in der Scheune überlebt haben und etwas später als Mehnert sich von seinen Männern in der Küche den Vorfall erklären ließ in die Küche gekommen sein, wo sie von Wachtmeister Ploner mit dem Bandeisen niedergeschlagen und endgültig getötet wurde.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten: * Die bekannten Verletzungen von Cäzilia Gabriel (-) * Bericht über nur wenige Blutspuren zwischen Stadel und Küche (-) |
Bewertung: Sicher scheint, dass die siebenjährige Cäzilia Gabriel als Einzige die Gewalteinwirkung zunächst für mehrere Stunden überlebte. Dass bei ihr als einzigem Opfer von einer klaffenden Wunde am Hals berichtet wird könnte für das Bandeisen als spontane weitere Tatwaffe sprechen, von der in der Geschichte die Rede ist. Alle übrigen Details können so nicht durch die Aktenlage gestützt werden. * Cäzilia hatte u. a. eine zertrümmerte Schädeldecke. Ob sie mit dieser Verletzung noch in der Lage gewesen wäre aufzustehen und in die Küche zu laufen ist wenig wahrscheinlich. Auch wenn sie am Kinn eine querverlaufende breitklaffende Wunde möglicherweise von einem Bandeisen herrührend hatte. * Laut Aktenlage soll diese Halswunde stark geblutet haben und dafür war es in der Küche sowie im Gang vom Stadel zur Küche zu sauber. * Es spricht nichts für die Küche als weiteren Tatort. Blutspritzer, wie sie bei einer so brutalen Tötung eines eh schon schwer verletzten Opfers zu erwarten wären, wurden nirgends erwähnt. * Die Leiche des Mädchens wurde von der Polizei im Stadel aufgefunden bei den anderen drei erwachsenen Opfern dort. Anhand der Spurenlage dort wurden keine Auffälligkeiten wie das eigene Aufstehen und Umherirren der Cäzilia, ihr Gang zur Küche und die spätere Wieder-Ablage der Leiche im Stadel beobachtet. |
Der ungenannte Waidhofener als Gast bei den Mördern
Beschreibung lt. Noack: Als gänzlich neue Information wird in Video-Teil 3 [5-03] berichtet, dass nach den Morden eine Person (ein den Autoren namentlich bekannter, aber noch ungenannter Waidhofener) auf den Hof gekommen und vom Kommando festgesetzt worden sei. Nach einem Verhör in der Küche durch Ernst Friedrich Mehnert selbst soll dieser Mann auf Ehrenwort laufen gelassen worden sein. Zwei Stunden später sei dieser Mann dann zurückgekommen und habe dem Kommando Schnaps und Jod für eine bereits eiternde Wunde gebracht. Feldwebel Schmidt sei beim Kampf mit Andreas Gruber mit einem Messer verletzt worden.
Während der Tag, wann der Mann auf den Hof kam, unbekannt bleibt, wird die Zeit aus der Kladde zitiert mit „um Mitternacht“. Ebenso wird erwähnt, dass der Mann nicht gut auf die Toten zu sprechen war. Nachdem das Kommando dem Mann die Leichen gezeigt hatte, soll dieser gesagt haben „nun wäre Karl Gabriel gerächt“. Zudem habe er das Kommando gewarnt, nicht durch das nahe gelegene Dorf zu fliehen.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten: * keine bekannt (-) |
Bewertung: Unserer Ansicht nach hält dieser Punkt einer Prüfung nicht stand. Es gibt hier so viele Logikfehler, dass es mühsam scheint, Jemanden zu finden, den diese Version überzeugt. * Das beginnt bereits mit dem Besuch um Mitternacht bei einer Person, auf die man nicht gut sprechen ist. Solche Besuche waren nicht üblich. * Das Zurückkommen des Mannes, der nur kurze Zeit vorher von 3 Männern, von denen er wusste, dass sie eben 6 Menschen getötet hatten laufen gelassen wurde, scheint absurd. * Auch wenn der Tag des Besuchs nicht bekannt ist - der erste Besuch muss spätestens bis zum Montag (03.04.) um Mitternacht erfolgt sein, da das Kommando laut Noack am Dienstag abrückte. Es ist fraglich, ob bereits nach drei Tagen eine bedrohlich eiternde Wunde entstanden sein kann, die zudem nicht vom Kommando selbst durch auf Hinterkaifeck vorhandene Medikamente behandelt worden war. Einen Mitwisser zu riskieren, wo ohnehin schon ein Mehrfachmord geschehen war und diesen dann ein weiteres Mal zu empfangen - das erscheint unpassend edel. |
Tagelange Suche nach den Frachtbriefen
Beschreibung lt. Noack: Das Kommando soll nach den Morden im ganzen Anwesen gründlich nach den Frachtbriefen gesucht haben. Im Buch wird der Eindruck vermittelt, dass diese Suche schliesslich in der Nacht zum Sonntag unter den Dielenbrettern in Viktoria Gabriels Schlafzimmer endete. Es folgt dann noch eine Ausführung der Vernichtung der gefundenen Unterlagen durch Verbrennen im Backhaus am Sonntag -oder Montagabend. Bei dem Verbrennen wäre das Kommando beinahe erwischt worden, aber durch „ins Gesicht Leuchten“ bei einer unbekannten Person konnte diese vom Näherkommen abgehalten werden.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten: * Das Augenscheinsprotokoll zum Durchsuchungsstatus des Hofes (-) * Zur Begegnung am Backhäuschen (-) |
Bewertung: Auf den ersten Blick scheinen sowohl die durchsuchten Schränke als auch die Begegnung am äußeren Backofen zu passen. Leider halten die Prüfungen anhand der noch vorhandenen Akten bei beiden Punkten nicht stand: * Bezüglich des gründlich durchsuchten Anwesens können wir aufgrund des nicht erhaltenen Berichts der Spurensicherung nur aus dem Augenscheinprotokoll der Gerichtskommission zitieren, wo es heißt: „Durchwühlt war eigentlich in der Wohnung nichts, mit Ausnahme vom Schlafzimmer, wo der oder die Täter einige Zeit herumgesucht haben müssen.“ * Es gibt in den Akten Hinweise zu einer stattgefundenen „Begegnung am Backofen“, in einem Querverweis des Staatsanwalts Pielmayer ist der Sachverhalt allerdings deutlich anders dargestellt, denn demnach soll laut Michael Plöckl -dessen Aussage sich nicht erhalten hat-, am Samstag, den 1.April abends die am Morgen noch geschlossene Backofentüre halb offen gestanden und der Kamin geraucht haben. Ein aufblitzendes Licht, wie etwa von einer Taschenlaterne kommend will er an dem Wald, der in der Nähe des Anwesens bis nahe an die Straße geht, bemerkt haben. Zeitnahe Zeitungsberichte bestätigen den Samstag als Datum dieser Begegnung. |
Die Flucht
Oberleutnant Ernst Friedrich Mehnerts, dessen Existenz wir nach unseren Recherchen anzweifeln müssen, musste nach dem Sechsfachmord auf Hinterkaifeck durch sein Kommando sowie nach dem Doppelmord an seinen beiden Kollegen durch ihn selbst, fliehen. Sein Ziel war eine französische Krankenschwester aus dem Elsass, deren Vater ihm wie auch sie während eines Lazarettaufenthalts geholfen haben soll.
Der Weg nach Frankreich teilte sich in mehrere Etappen auf, die wir im Einzelnen vorstellen werden.
Alle Fragen und Widersprüche zu dieser aufregenden Flucht sollen in diesem Abschnitt unter die Lupe genommen werden.
Kurzzusammenfassung:
Das Kommando soll nach den Morden auf Hinterkaifeck zu dritt auf Fahrrädern nach Taiting gefahren sein, wo sie die restliche Nacht in einem Viehunterstand verbringen wollten. Bei einem Streit zwischen den beiden Wachtmeistern und Mehnert soll er die beiden erschossen haben. Die (wie?) verständigten Arbeitgeber der Schwarzen Reichswehr organisierten den Abtransport der Leichen während Mehnert seine Flucht fortsetzte. Wann und wie Frankreich als Ziel ins Spiel kam ist unklar, die Geschichte legt nahe, dass erst der Doppelmord an den Reichswehrmitgliedern eine Auslandsflucht von Mehnert notwendig gemacht haben soll.
Bis Augsburg fuhr er angeblich mit dem Fahrrad und wechselte dort (ohne Fahrrad?) in die Eisenbahn, die ihn über Ulm und Stuttgart nach Baden-Baden brachte. Ein Abstecher nach Röt im Murgtal brachte ihn zu einem Pferdehof, wo er ein ausgebildetes Kavalleriepferd kaufte, das ihn auf einem Umweg über Offenburg schliesslich nach Iffezheim und über den Rhein brachte.
Transportmittel Fahrrad
Beschreibung lt. Noack: Das Kommando bekam für die Absatzbewegung nach Augsburg (ca. 50 km) Fahrräder zur Verfügung.
Fragen, Auffälligkeiten, Widersprüche |
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Bewertung: * Die Reichswehr hatte finanzielle aber auch logistische Mittel zur Verfügung, um ein solches Kommando unauffälliger und oder schneller aufzulösen, als drei bewaffnete Männer in Reichswehruniform auf Fahrrädern mit Campingausrüstung und Werkzeug planmäßig 50km weit zu einem Bahnhof fahren zu lassen * Die Bahnhöfe Edelshausen, Niederarnbach, Schrobenhausen und Pobenhausen waren allesamt deutlich schneller erreichbar und wurden zudem von derselben mehrfach täglich existierenden Zugverbindung nach München bedient (siehe Fahrplan) * Mehnert soll wegen einer Kriegsverletzung eine Hand gefehlt haben; das Fahrrad als Fluchtmittel mit schwerem Gepäck scheint angesichts der winterlichen Straßenverhältnisse und der oben schon erwähnten unnötig langen Strecke nach Augsburg ein außergewöhnlich beschwerliches Reisemittel für ihn gewesen zu sein * Zum Abtransport der beiden Leichen in Taiting soll ein Auto oder gar ein Lastkraftwagen zur Verfügung gestanden haben; die Mitnahme von Mehnert zu einem geeigneten Reisepunkt läge nahe, zumal so Mehnert den Helfern vor Ort alles hätte zeigen können; der durch seine mögliche direkte Fortsetzung der Flucht gewonnene Zeitvorsprung scheint angesichts seiner sicherlich niedrigeren Reisegeschwindigkeit kein dauerhafter Vorteil gewesen zu sein |
Die gewählte Fluchtroute
Wichtige Ergänzungen vorab (Hintergründe)
Ergänzung: Etappen-Strecken
Nr. | Route / Stadt | km | Richtung |
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1 | Baden-Baden | Startpunkt nach der Bahnreise | unbekannt, Suche nach Pferd |
2 | Baden-Baden- Röt | 35 km | Süddost |
3 | Röt- Offenburg | 45 km | West |
4 | Offenburg- Iffezheim | 45 km | Nord |
Mehnert bestieg in Augsburg die Bahn, die ihn über Ulm und Stuttgart nach Baden-Baden brachte. Dort soll er von einem Viehhändler die Adresse des Danielhofs in Röt erhalten haben, den er dann auch aufsuchte um Petrus -ein Kavalleriepferd- zu kaufen.
Anstatt nun direkt wieder die Richtung nach Baden-Baden zurückzureiten, ritt Mehnert einen Umweg über Offenburg und verdoppelte damit den Weg nach Iffezheim.
Einwurf: geschichtliche Fakten
Zu Offenburg und Umgebung
Das Mehnert den Umweg über Offenburg wählte ist deswegen interessant, da Offenburg nur knapp 20 km von Kehl am Rhein entfernt liegt.
Im Rahmen der Alliierten Rheinlandbesetzung nach dem Ersten Weltkrieg war Kehl mit einem 10 Kilometer Radius um die Stadt zwischen 1919 und 1930 von französischen Truppen besetzt. |
In Folge der alliierten Rheinlandbesetzung wurde auch Offenburg als Annex des Brückenkopfes Kehl am 4. Februar 1923 besetzt. (Quelle)
Zu Iffezheim und Umgebung
Die Rheinbrücke Wintersdorf etwa 4 km nördlich der Staustufe befindet sich auf Iffezheimer Gemarkung, ist aber nach dem näher gelegenen Ort Wintersdorf benannt.
1919 kam die Brücke aufgrund des Versailler Vertrags auf ganzer Länge in das Eigentum Frankreichs. Erst nach der Inbetriebnahme des – vor allem mit einem großen Güterbahnhof – ausgebauten gemeinsamen Grenzbahnhofs in Wintersdorf wurde am 17. Dezember 1922 der Zugbetrieb wieder aufgenommen. (Quelle) |
Ergänzung: Mehnert in Uniform
Im Buch [3] ist an mehreren Stellen beschrieben welche Kleidung Mehnert getragen haben soll:
- Zunächst einmal wird bei den Vorbereitungen erwähnt, dass man sich entschlossen hatte die Kommandoaktion in Reichswehruniform durchzuführen (Seite 45, kindle version)
- Beim Kauf des Pferdes habe der Bauer Mehnert angeschaut, „erst ihn, dann die Uniform“ (Seite 20, kindle)
- „Er trug die Uniform der deutschen Reichswehr“ als er das Rheinufer erreichte (Seite 19, kindle)
Die Strecke
Beschreibung lt. Noack/Kladde: In der Kladde (s. Auszug links) steht, dass Mehnert nach Westen wollte und dazu mit der Reichsbahn nach Baden-Baden fuhr. Gestützt wird diese Aussage durch F. H. Noack, der im Video-Interview mit dem Donaukurier [4] davon berichtet, dass er die zeitliche Abfolge von der Mordnacht bis zur Überquerung des Rheins [Anm. Noack nennt da den 07.04. während in früheren Aussagen der 10.04. genannt wird] lückenlos verifizieren konnte. Leider wurden auch hier bisher keine Belege präsentiert.
Im 3. Teil der Video-Serie [5-03] beschreibt Noack Flucht per Eisenbahn detailliert. Demnach fuhr Ernst Friedrich Mehnert mit der Bahn von Augsburg nach Stuttgart, dann von Stuttgart nach Baden-Baden. Dort habe er dann einen Viehhändler getroffen, der ihm die Adresse des Danielhofes in Röt im Murgtal gab, wo er ein Kavalleriepferd erstehen konnte, mit dem er seine Reise fortsetzte.
In der Kladde ist auch erwähnt, dass Mehnert den Rhein bei Iffezheim sehr gut gekannt hat, weil dort während seiner Dienstzeit ein Schiff auf Grund lief (sh. Screenshot links) und damit liegt die Vermutung nahe, dass Baden-Baden genau deshalb, also für die Überquerung- sein Ziel war.
Um diese vielen Details der Fluchtroute zu veranschaulichen haben wir den ungefähren Streckenverlauf anhand einer Landkarte von 1920 aufgezeigt. Sie soll eine Einordnung erlauben, welche Wege eingeschlagen wurden und wo es zu Umwegen kam. Ebenso muss Rücksicht auf die damaligen besatzungsbedingten Besonderheiten genommen werden wie beispielsweise auf die ebenfalls eingezeichnete 10km-Besetzung um Kehl.
Fragen, Auffälligkeiten, Widersprüche |
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Bewertung: * Es ist natürlich durchaus möglich, dass es im direkten Umkreis von Baden-Baden keinen Pferdehändler gab, oder Mehnert auch ganz bewusst nach einem Kavalleriepferd gefragt hatte und dafür einen Weg von 35 km einfach in Kauf genommen wurde, zumal eine südöstliche Flucht wieder vom eigentlichen Ziel, dem Rhein, wegführte * Nach dem Kauf des Pferdes erfolgte ein Ritt nach Iffezheim an den Rhein, der am 10.04.1922 gegen Mitternacht erreicht worden sein soll. Warum nicht die direkte Strecke über die grobe Richtung Baden-Baden (45km) genommen sondern ein Umweg über Offenburg (insg. ca. 90km), bleibt völlig unklar; auch weil das Besetzungsgebiet um Kehl hier gefährlich nahe der angeblich genutzten Fluchtroute lag und damit das Entdeckungsrisiko ungleich höher war * Auch wenn die Person Mehnert vom Autor heroisiert wird, wie wahrscheinlich ist es, daß sich jemand der auf der Flucht ist nicht unauffälliger bewegt, oder hier kleidet; zumal die Gebiete, an denen er auf seiner Flucht vorbei und vermeintlich teilweise auch durchreiten musste, vom Feind besetzt waren |
Die Rheinüberquerung
Beschreibung lt. Noack: Mehnerts Flucht soll ihn vom Hauptbahnhof Augsburg über das Murgtal geführt haben, wo er das Kavalleriepferd Petrus erwarb, das ihn schließlich nach Iffezheim an den Rhein brachte. Nach den Aufzeichnungen soll dort einst ein Munitionsschiff auf Grund gelaufen sein, weswegen er -aufgrund der geringen Seichte- diese Stelle für die Überquerung nach Frankreich wählte. Beschrieben wird die Überquerung folgendermaßen: Mehnert, noch immer in Reichswehruniform erreichte den Rhein bei Iffezheim gegen Mitternacht des 10.04.1922- zwei Tage nachdem er Petrus in Röt im Murgtal erwarb. (Zitat: „In den beiden vergangenen Tagen waren sie Freunde geworden.“). Mit einem Feldstecher soll er dann die deutsche und französische Seite auskundschaftet haben. Bei einer günstigen Gelegenheit kommandierte er dann das Pferd Petrus aus dem Stand in vollem Galopp über den sandigen Strand auf das Wasser zu, bevor dieses mit einem Galoppsprung in den Fluss sprang und ungesehen von den Grenzposten die französische Seite erreichen konnte, und sich dort sofort in Galopp den nahen Büschen nähern konnte.
Ergänzung: Schwimmen mit Pferd
Das von Mehnert im Schwarzwald erworbene Pferd Petrus war laut den Aufzeichnungen ein Kavalleriepferd. In der Kavallerie des Heers wurden Pferde als Fortbewegungsmittel der berittenen Infanterie (Dragoner) eingesetzt. Ernst Friedrich Mehnert soll ja im 3. Schlesisches Dragoner-Regiment Nr. 15 gewesen sein. 1911 hatte das Regiment eine Große Schwimmübung am Rhein bei Drusenheim. Ein Leutnant durchschwamm dabei den Fluss in kompletter Uniform mit gesatteltem Pferd (Quelle).
Fakten zur Rheinüberquerung am 10.04.1922
Theoretisch ist die Rheinüberquerung also durchaus möglich, aber um die Wahrscheinlichkeit der
Rheinüberquerung auf ihre Plausibilität hin zu werten, ist es notwendig, gewisse Fakten zusammenzutragen.
Breite des Flusses: 300 m
Schwimmgeschwindigkeit Pferd: 4 km/h (Quelle)
Wassertemperatur: –
Außentemperatur: –
Fließgeschwindigkeit Rhein: Am Oberrhein normal 3-5 km/h (Quelle)
Pegelstand April 1922:
Die Fließgeschwindigkeit im April 1922 war vermutlich schneller, da zu dieser Zeit noch keine Staustufe(n) Einfluss auf die Strömung nahmen, auch durch den jahreszeitlich bedingten erhöhten Pegel (Schneeschmelze) ist eine schnellere Strömung anzunehmen. Außerdem führte der Rhein Hochwasser und hatte einen um mehr als 1 m erhöhten Pegel.
Weitere Hintergrundinformationen
Bis hier die genauen Daten des entsprechenden Zeitraums vorliegen, einstweilen die folgenden pauschalen Informationen:
- ein Infoblatt der DLRG zu Ertrinkungsunfällen in kaltem Wasser
- eine Maximum Außentemperatur von unter 10°C zum Zeitpunkt der Rheindurchquerung und etwa 5°C während der vorherigen 2 Tage des Ritts durch den Schwarzwald (Quelle: https://www.wetterzentrale.de/reanalysis.php?jaar=1922&maand=4&dag=1&uur=000&var=301&map=6&model=obsde) sh. auch 5. zum Wetter der Vorwoche
- die Wasseremperatur des Rheins beträgt im April durchschnittlich ca. 6°C ( Quelle: https://rheinstation.uni-koeln.de/aktuelle-rheindaten/wassertemperatur)
- Lebensgefahr durch die Unterkühlung (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hypothermie)
- In der Woche vor Mehnerts Ankunft im Schwarzwald glich dieser noch einer Winterlandschaft. Die Die Coburger Zeitung berichtete am 29.03.1922:
Der Winter will sein Regiment nicht aufgeben, trotzdem wir uns schon seit dem 21, März-kalendermäßig – im Frühling befinden. Täglich Schnee und Kälte. Heute früh zeigte das Thermometer 2 Grad C unter Null. In Baden und Württemberg ist abermals ein Kälterückfall eingetreten. In den Gebirgslagen hat sich Frost bis ‚ zu -8 Grad und starker Schneefall eingestellt. Die Vorberge des Schwarzwaldes wie überhaupt das ‚ganze Schwarzwaldgebiet gleichen einer tiefen Winterlandschaft. In den obersten Berglagen erreicht die Schneedecke 125 Zentimeter und die Schneeverwehungen an den exponierten Bergkämmen eine Höhe von 4 bis 6 Meter im Durchschnitt.
Quelle: https://api.digitale-sammlungen.de/iiif/presentation/v2/bsb00001160/canvas/314/view
zu 1.) Demnach kann es durch das plötzliche Eintauchen in eiskaltes Wasser nach einer bis drei Minuten zum sogen. Kälteschock kommen, der lebensbedrohlich ist und zum Schwimmversagen führt. In dieser 2. Phase fällt es der Person schwer „sich festzuhalten, zugeworfene Schwimmhilfen zu ergreifen oder gar alleine in ein Boot zurück zu klettern“, weil die Hände an Kraft und Koordinationsfähigkeit verlieren! Mehnert hatte nur noch eine Hand mit der er sich am Pferd halten konnte!
Zu 4.):
Nach dem zweitägigen Ritt durch den Schwarzwald bei etwa 5°C (Stichwort: Windchill-Effekt ist da noch die Durchquerung des Rheins die bei einer durchschnittlichen Schwimmgeschwindigkeit von 4 km/h ca. 4,5 Minuten (Abtreiben, gegen Strömung ankämpfen sind nicht berücksichtigt)! Dann das Weiterreiten in nasser Kleidung auf französischer Seite – über eine Pause mit Kleiderwechsel ist nichts bekannt, fraglich wäre ja auch wie es etwaiges Gepäck beim Durchschwimmen des Hochwasser führenden Rheins trocken ans andere Ufer geschafft hätte. Ein schwimmendes Pferd ist im Videobeitrag muenchen.tv „Alltag und Schwimmtherapie in der Pferdeklinik in Dießen am Ammersee“ zu sehen
Plausibilitätsprüfung und Fragen
Fragen, Auffälligkeiten, Widersprüche |
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Diese Überprüfung kann erst dann seriös durchgeführt werden, wenn die historischen Daten aus den entsprechenden Archiven vollständig zur Verfügung stehen. Hinterfragen wollen wir mit diesen Daten vor allem: 1.) Die ungefähre Distanz des strömungsbedingten Hinuntertreibens, also ob es Mehnert möglich gewesen wäre abzuschätzen wo auf der französischer Seite er nach dem Durchschwimmen des Flusses ans Ufer gekommen wäre 2.) Die Einwirkung der Wasser -und Außentemperaturen auf Mensch und Tier |
Rund um das Motiv – Einlagerung von Flugzeugen
Beschreibung lt. Noack: Andreas Gruber soll für die Reichswehr von 1919 bis 1921 insgesamt zehn Flugzeuge vom Typ „Fokker D III“ auf seinem Hof eingelagert haben. Diese sollen allesamt auf dem Weg zur Demobilisierungsstelle abgezweigt worden sein. Er soll dafür 50.000 Mark in Silber erhalten haben. Zudem soll er aber auch neugierig geworden sein und den eingelagerten Kisten die Frachtbriefe der deutschen Reichswehr mit Stempel und Unterschrift der abgehenden Dienststelle (Oberschleißheim), den aufgeführten Werknummern der Fluggeräte sowie den Stempeln der alliierten Kontrollkommission entnommen haben und diese Papiere zurückgehalten haben, um damit die Reichswehr zu erpressen.
Geschichtlicher Hintergrund: Während es bei den Waffenvorräten und Munition lediglich Beschränkungen gab, war es durch den Versailler Vertrag Deutschland verboten eine Luftwaffe zu haben oder am Wiederaufbau einer solchen zu arbeiten. Grubers entnommene Frachtbriefe hätten der Entente-Kommission aber verdeutlicht, dass in diesem Fall eben nicht die erlaubten Waffen „zwischengelagert“ wurden, sondern dass schwere Waffen einbehalten wurden und möglicherweise an der Wiederaufnahme einer Luftwaffe gearbeitet wird und somit Vertragsbruch begangen wurde. Tatsächlich hatte es nach dem Ersten Weltkrieg einige sogenannte Fememorde gegeben, in denen die drohende Anzeige illegaler Waffenlager das Motiv war. Weiterführende Informationen bieten u.a. Wikipedia oder ein Blogbeitrag der „Archive in München“.
Die Plausibilitätsprüfung dieses Themenbereichs ist aufwändig und sicher nicht unumstritten, da Kritiker jederzeit (und sicher auch berechtigt) Einwände erheben können. Viele Aspekte können je nach Sichtweise abweichend interpretiert werden.
Die hiesige Beleuchtung des Komplexes wird sich auf wenige Fragen beschränken, die man mit Beispielen oder Berechnungen belegen kann. Die Akten im Mordfall Hinterkaifeck geben hierauf keinen Hinweis. Lediglich die Suche nach einigen Kriminellen, die der Schwarzen Reichswehr und ihren angeschlossenen Organisationen nahestanden, könnten eine vage Verbindung herstellen lassen. Eine Ermittlungsrichtung Fememord ist aus den verbliebenen Akten nicht zu erkennen.
Ein Waffenlager als Motiv für einen Mehrfachmord? Passt das in die damalige Zeit?
Um diese Frage zu beantworten muss man die oben bereits erwähnten Fememorde genauer erläutern.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten bzw. bekannte Fakten: * keine bekannt (-) |
Bewertung: Dieser Punkt wird von uns klar mit ja beantwortet. Es sind genügend Fälle von Fememorden aus diesen Jahren dokumentiert wo es darum ging das Opfer vom Verrat eines Waffenlagers abzuhalten. Es ist bei den auf Wikipedia gelisteten Fällen auch ersichtlich, dass die toten Opfer nicht immer zur Abschreckung (Bsp. Maria Sandmayer) öffentlich präsentiert wurden, sondern auch wie bei den Morden St. Annaberg im Juni 1922 versucht wurde, die Leichen zu vergraben. Oder auch Hans Hartung der 1921 mit Steinen beschwert in der Zusam gefunden wurde. Die Einzellage des Hofes bot sich für ein mögliches Lager auch an. |
Wäre Hinterkaifeck ein geeigneter Ort für ein illegales Waffenlager gewesen?
In den letzten 30 Jahren gab es immer wieder Historiker, die ein Waffenlager auf Hinterkaifeck ausdrücklich für möglich hielten. Was den Hof als mögliches Waffenversteck anbietet soll im Folgenden erläutert werden.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten bzw. bekannte Fakten: * Vorstrafe Andreas Grubers (+) * Andreas Gruber als Mitglied der Einwohnerwehr Wangen, mind. 1919-1920 (+) * Lage des Hofes ohne direkte Nachbarn, die nächsten Häuser waren 500m entfernt (+) * gute Anbindung ans Schienennetz (+) |
Bewertung: Die Lage des Hofes muss als absolut geeignet eingestuft werden, wenn es um illegale Machenschaften geht, von denen so schnell niemand etwas mitbekommen sollte. Hinzu kommt das, was über Grubers Persönlichkeit bekannt ist: verschwiegen, nicht konktaktfreudig, durch seinen Gefängnisaufenthalt wahrscheinlich geprägt, was eine skeptische Grundhaltung gegen den Staat und Einmischung betrifft. Entgegen allen damaligen Regelungen war der vorbestrafte und viel zu alte Gruber Mitglied der Einwohnerwehr Wangen und als solches auch bewaffnet worden. Da die regionalen Einwohnerwehren als letztes Glied in der Kette für die praktische Einlagerung von abgezweigten Waffen verantwortlich waren, wären zumindest die organisatorischen Strukturen auch in Hinterkaifeck angekommen gewesen. Der Kontakt nach München von wo aus die Wirtschaftsstelle der Einwohnerwehren die Waffen organisiert und verschoben hat, wäre in wenigen Kontaktsprüngen möglich gewesen. |
War auf Hinterkaifeck überhaupt Platz für 10(!) Flugzeuge in Kisten?
Es stellt sich die Frage, ob die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten mit der Größe der zu einlagernden Gegenständen in Einklang zu bringen sind. Diese Aufstellung von einerseits auf einem Selbstversorgungsbetrieb mit Landwirtschaft und Tierhaltung selbst benötigten Gütern wie Landwirtschaftlichen Maschinen, Werkzeugen, Nahrungsmittel etc. alleine ist schon aufwändig. Jeder Vergleichsbauernhof hat in Jahrzehnten jede Ecke genutzt und brauchbare sowie nicht mehr oder noch nicht wieder brauchbare Dinge angesammelt. In den hiesigen Überlegungen kann also nur ein Bruchteil der Sachen erfasst werden. Ähnlich schwierig gestaltet sich die Analyse des in der hier überprüften Geschichte eingelagerten Gutes. Wie viele Flugzeuge sollten gleichzeitig gelagert werden, wie war der Platzbedarf für jedes Einzelne?
Hinweis zum Fertigstellungsgrad dieses Abschnitts: um diese Seite nicht zu überfrachten werden alle herleitenden Überlegungen auf einer Unterseite dokumentiert, die über den folgenden Link erreichbar ist: Platzbedarf Flugzeugeinlagerung
Sobald es dort einen Konsens gibt und übersichtliche/verlässliche Informationen bekannt sind, wird die Plausibilitätsprüfung hier in diesem Abschnitt ergänzt.
Einlagerung für die Reichswehr von 1919-1921
Beschreibung lt. Noack: Die Flugzeuge Fokker DIII sollen 1919 an der französischen Kontrollkommission vorbei auf der Route Schleißheim-Ingolstadt oder Ingolstadt-Schleißheim nach Hinterkaifeck verbracht und dort bis 1921 eingelagert worden sein. Hält dieser Punkt einer Überprüfung stand?
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten bzw. bekannte Fakten: * dauerhafte Magd auf dem Hof (-) * wechselnde Knechte/ Mägde/ Erntehelfer/ sonst. Helfer (-) |
Bewertung: Wir wissen aus den Akten, dass mit der Magd Kreszenz Rieger ab November 1920 bis zum Spätsommer/Herbst eine Magd auf dem Hof gelebt hat, die derartige Schiebereien hätte mitbekommen müssen. Kreszenz Rieger berichtet zudem, dass Andreas Gruber kurz nach ihrem Dienstantritt Anton Bichler auf dem ganzen Hof herumgeführt hatte. Zitat: „hat Gruber den Bichler am ersten Sonntag meines dortigen Dienstes sein ganzes Anwesen, d.h. alle Räumlichkeiten, auch den Motor gezeigt.“ Darüber hinaus gibt es weitere Aussagen, wonach Gruber in diesem Zeitraum Stallburschen, Erntehelfer und Knechte beschäftigte. |
Mehnerts Detailwissen über den konkreten Flugzeugtyp
Beschreibung lt. Noack: In Kapitel 3 „Offiziere“ [3] sitzt Oberleutnant Mehnert im Büro seines Vorgesetzten Oberstleutnant Rosner. Als weitere Anwesende bei diesem Treffen sind namentlich u. a. aufgeführt: Hauptmann Langer von der Dienststelle in Ingolstadt und Polizeioberleutnant Ramers. Mehnert wird bei diesem Treffen über den Auftrag bzw. die Kommandoaktion „Beschaffung der Papiere“ unterrichtet. Aufgrund der späteren Aufzeichnungen in der Kladde und der Äußerung es habe sich um Fokker DIII gehandelt liegt nahe, dass Mehnert diese Informationen hier erfahren hat.
Plausibilitätscheck / Fragen (+) passende Information (-) widersprüchliche Information |
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Relevante Informationen aus den Ermittlungsakten bzw. bekannte Fakten: |
Bewertung: Die Frage, die sich stellt: wenn Mehnert 1-1,5 Jahre nach der Einlagerung den Auftrag zur Beschaffung von Papieren bekommen hätte, hätte man ihm überhaupt ausführlich von den ehemals gelagerten Gegenständen inkl. Flugzeugtyp erzählt? "Waffen" - das wäre doch ausreichend gewesen. Allenfalls noch "Flugzeug" oder als Anhaltpunkt für die Papiere, die sie suchen sollten, noch "Frachtbrief" (oder was auch immer)... |
Wie aktuell waren Fokker DIII im Jahr 1919?
Die Fokker D.III war ein deutsches einsitziges Jagdflugzeug. Es war nur begrenzt an der Front im Einsatz, bevor es im Dezember 1916 aus dem Kampf abgezogen wurde. Entstanden ist es als Versuch die Leistung der Fokker D.II zu verbessern. Die ersten sieben Serienflugzeuge wurden am 1. September 1916 ausgeliefert. Anfang Oktober 1916 ergab die Bewertung des M.21-Prototyps von Fokker in Adlershof mangelhafte Konstruktion und Verarbeitung. Als Reaktion darauf ordnete die Inspektion der Fliegertruppen „Idflieg“ an, dass ein Produktions-D.III zur Qualitätskontrolle getestet werden sollte.
Im November 1916 wurde die Serie 369/16 in Adlershof zerlegt und bis zur Zerstörung getestet. Während sich die Tragflächen als akzeptabel erwiesen, entsprachen Rumpf und Leitwerk nicht den Spezifikationen. Idflieg tadelte Fokker wegen der minderwertigen Baupraktiken seiner Firma, erlaubte jedoch die Fortsetzung der D.III-Produktion. Der Kommandierende General der Luftstreitkräfte „KoGenLuft“ verbot jedoch den Einsatz von Fokker-Flugzeugen für Fronteinsätze.
Fokker baute 210 D.III-Flugzeuge in seinem Schweriner Werk, bevor die Produktion im Frühjahr 1917 eingestellt wurde. Spät produzierte Flugzeuge ersetzten das Flügelverformungssystem durch hornbalancierte Querruder am oberen Flügel. Obwohl die D.III für den Fronteinsatz ungeeignet war, diente sie bis Ende 1917 weiterhin in Heimatverteidigungseinheiten. Quelle: Wikipedia
Privates/Persönliches
Nichtwissen der Tochter über Geburtsnamen des Vaters
Noack berichtet in der Video-Serie [5] darüber, dass er Susanne, die Tochter von Ernst Friedrich Mehnert bei einem Besuch auf den Namen Mehnert angesprochen habe und ihr dieser nichts gesagt habe.
In Frankreich gilt seit 1804 der von Napoleon eingeführte Code civil, dessen erste Entwürfe bereits in den 1790-iger Jahre entstanden und noch heute in ihrer Urfassung gültig sind! Wie zum Beispiel das Dekret vom 20. September 1792 in welchem die Führung und Beurkundung des Zivilstandes definiert wurde, und das noch heute gültig ist. Dort heißt es unter Titel V, Art. 3: dass die Sterbeurkunde „soweit bekannt, die Vornamen, Namen, das Alter, den Beruf und den Wohnort des Vaters und der Mutter des Verstorbenen sowie den Ort seiner Geburt“ enthalten sollen. (Quelle)
Der aktuelle Gesetzestext bestätigt dieses alte Gesetz im Artikel 78 des code civil und ergänzt zusätzlich um: dass der Standesbeamte – um die Richtigkeit der gemachten Angaben zu gewährleisten- die Geburtsurkunde oder, falls in Frankreich keine Geburtsurkunde vorliegt, der Heiratsurkunde eine Überprüfung der persönlichen Daten des Verstorbenen verlangen kann.
Bei der Heiratsurkunde definiert der code civil (Fassung von 1792 o. g. Quelle) in Titel IV, Section IV, Art. 7 den Inhalt der Heiratsurkunde: und unter 2.) hätten dort auch die Eltern des Brautpaares namentlich aufgeführt werden müssen.
Bestätigt wird durch den Gesetzestext der französischen Regierung, der hier noch weiter ins Detail geht. So braucht das Brautpaar zur Eheschließung einen Identitätsnachweis durch ein von einer Behörde ausgestelltes Dokument.
Plausibilitätscheck / Fragen |
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Dieser Punkt ist der Vollständigkeit mit aufgeführt und wird von uns nicht beurteilt. Wie glaubwürdig und schlüssig die Aussage ist, darf jeder selbst entscheiden. |
Besorgung eines Medikaments gegen Wundbrand durch den Vater der französischen Krankenschwester
Hier wird im Buch eine Zuneigung zwischen Mehnert und der ihn betreuenden Krankenschwester Margaux beschrieben, die zu diesem Zeitpunkt wohl noch kein offizielles Paar gewesen waren. Margaux soll Mehnert noch während seines Lazarettaufenthalts in Colmar in die Praxis von Dr. Lambert gebracht haben, wo dieser ihm ein Medikament verabreichte, das in diesen Kriegstagen wohl nur noch in der Schweiz erhältlich war. Nach Zureden von Margaux soll ihr Vater schließlich in die die Schweiz gefahren und über Beziehungen und unter Aufwendung eigenen Geldes das Medikament besorgt haben. 2009 hingegen wurde im Forum von hinterkaifeck.net kolportiert, dass ein zukünftiger Schwiegervater einen Ochsen gegen ein auf dem Zivilmarkt erhältliches Medikament gegen Wundbrand tauschte; damals war von einer aufwändigen Schweizreise keine Rede.
Auf der Seite des beta verlags erschien ein Artikel zur deutschen Militärpharmazie im Ersten Weltkrieg. Diesem ist zu entnehmen, dass der Krieg einerseits zwar eine große Herausforderung für die militärische Pharmazie war, andererseits gab es aber auch nahezu 3.800 Apotheker, die ihren Dienst leisteten. Neben der Logistik im Heimatland mussten Feldapotheken betrieben und die Truppen an der Front und in der Etappe versorgt werden. Bei nicht mehr erhältlichen Grundstoffen mussten Apotheker improvisieren.
Plausibilitätscheck / Fragen |
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Da die Apotheker ja für die Logistik beider Bereiche (zivil und militä.) zuständig waren, stellt sich zunächst die Frage, warum dieses Medikament im Lazarett -wo Infektionen bis hin zum Wundbrand ja an der Tagesordnung waren- nicht oder nicht in ausreichender Menge vorhanden war. Daran knüpft die nächste Frage an, nämlich ob es üblich war eine stationär im Lazarett behandelnde Person während des Aufenthalts zu einem zivilen Arzt zu bringen. Frage 3: Hätte dieser Arzt -wissend das der Patient bereits ärztl. Behandlung im Lazarett erfährt- seine Vorräte eines raren oder schwer zu erhaltendem Medikaments „unter der Hand“ ausgegeben? |
Wahrscheinlichkeit des Besuchs der Kadettenanstalt
Als Kadettenanstalt oder Kadettenschule werden weiterführende Schulen bis zum Abitur bezeichnet, die in der Regel der Vorbereitung auf eine militärische Karriere dienen oder für eine zukünftige militärische Karriere förderlich sind. Zugetragen wurde dem Forum 2009 über Ernst Friedrich Mehnert, der verwaister Sohn eines Handwerkers gewesen sein soll: „Früh verwaist, im Waisenhaus streng erzogen dann an die Kadettenanstalt weitergereicht“! Aufnahmeberechtigt an einer Kadettenanstalt waren neben den Offizierssöhnen die legitimen Söhne von Staatsbürgern aller Klassen , die aber nur aufgenommen wurden, wenn Vakanzen vorhanden waren und bei gehöriger Befähigung nicht unter 10 Jahre und nicht über 16 Jahre alt sein durften.
Plausibilitätscheck / Fragen |
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Die Frage hier wäre, wer für den Schulbesuch finanziell aufkam, denn der Erziehungsbeitrag betrug um die Jahrhundertwende 900 Mark per annum (das entsprach etwa dem Gehalt eines Leutnants), dieser Betrag konnte je nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern auf bis zu 10 Prozent gesenkt werden. (Quelle: Wikipedia) Selbst in Familien mit beiden Elternteilen wechselte nur ein ganz geringer Teil der Kinder von der Volksschule, die für alle Pflicht war, auf eine weiterführende Schule. Von zehn Kindern verließ gerade mal eines die Volksschule. Die meisten Arbeiterkinder blieben auf der Volksschule. Es war einerseits bei den Arbeitern nicht üblich, die Kinder, auch wenn sie begabt waren, auf ein Gymnasium zu schicken. Außerdem mussten die Kinder in vielen Arbeiterfamilien möglichst mitarbeiten und schnell Geld verdienen. So einen Luxus wie der Besuch eines Gymnasiums konnten sich Arbeiter kaum leisten. (Quelle: https://www.zeitklicks.de/kaiserzeit/alltag/kindheit-und-jugend/setzen-steh-auf-ruhe) |
Problemloses Weiterleben in Frankreich
Durch die Erzählungen wird ein praktisch unkompliziertes „zur Tagesordnung übergehen“ im Elsaß suggeriert. Mehnert trifft nach der abenteuerlichen Flucht bei seiner Margaux ein, niemand hat offenbar irgendwann auch mal nur hinterfragt oder einfach nur gewundert, wo der Verlobte denn herkam? Auch wenn man den Gästen in der Gastwirtschaft von Margaux Familie vielleicht eine plausible Erklärung liefern konnte, so bleiben hier doch Fragezeichen, denn die bereits erwähnten Zivilstandsregister verlangen zwingend einen Identitätsnachweis bei der Eheschließung (durch ein von einer Behörde ausgestelltes Dokument).
Hier gilt unser Augenmerk dem geschichtlichen Kontext und den Beziehungen Frankreich/Deutschland nach dem 1. Weltkrieg:
Nach dem deutsch-französischem Krieg 1870/71 wurden die überwiegend deutschsprachigen größeren Gebiete des Elsass und Lothringens an das Deutsche Kaiserreich abgetreten. (Friede von Frankfurt am 10. Mai 1871)
Bis zum Oktober 1872 konnten die Einwohner des neuen Landes Elsass-Lothringen entscheiden, ob sie französische Staatsbürger bleiben wollten (was bedeutete, Elsass-Lothringen verlassen zu müssen). Für etwa ein Zehntel der Bevölkerung Elsass-Lothringens, also circa 161.000 Menschen, wurden Optionen bei den Behörden abgegeben, etwa 50.000 Bürger nahmen sie letztendlich wahr. Als Reichsland Elsaß-Lothringen blieb es bei Deutschland bis 1918. Nach dem Ersten Weltkrieg kam das 1871 abgetretene Gebiet wieder zu Frankreich.
Zum Waffenstillstand am 11. November 1918 diktierten die Franzosen den Deutschen die Bedingungen; unter anderem hatten sie sämtliche besetzten Gebiete sowie das Reichsland Elsaß-Lothringen binnen 15 Tagen zu räumen.
Die reichsdeutschen Beamten und nach 1.871 Zugezogene und deren Nachfahren (insgesamt 300.000 Menschen) mussten das Elsass verlassen. Im Gegenzug kehrten viele Menschen zurück, die 1871 nach Frankreich gezogen waren. Das politische Leben formierte sich weitgehend entlang der Muster aus der Vorkriegszeit.
Ein Blog der Max Weber Stiftung „Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland“ beschreibt in einem Eintrag diese Situation nach dem 1. Weltkrieg. „Fremd geworden in der Heimat“
Die staatlichen Regelungen nach 1919 sind kleinteilig, komplex und detailreich. Grob gesprochen teilen die französischen Behörden die Bevölkerung in zwei Gruppen ein. Den einen, genannt annexés, wird die französische Staatsangehörigkeit komplikationslos erteilt: Sie können sich in Listen eintragen und werden damit wieder Franzosen. Dieses Verfahren wird réintégration genannt. Es steht allen Einheimischen offen, die bereits vor 1871 in Elsass-Lothringen gelebt haben. Diesen Weg will auch René Braun gehen.
Zunächst nicht eingebürgert wird dagegen die Gruppe der „Altdeutschen“ (vieux allemands) oder immigrés allemands, wie die französischen Behörden sie auch nennen: Sie können sich ab 1921 für die französische Staatsangehörigkeit bewerben und dazu das Verfahren der naturalisation durchlaufen. Im Versailler Vertrag von 1919 ist das Recht auf dieses spezielle Verfahren festgeschrieben worden. Eine wichtige formale Voraussetzung ist, dass die Antragsteller schon vor 1914 in Elsass-Lothringen gelebt haben und dann nach 1918 ununterbrochen drei Jahre lang.
Deutschstämmige Einwohnerinnen und Einwohner von Elsass und Lothringen werden als Altdeutsche kategorisiert. Frankreich macht dabei das Jahr der deutschen Annexion 1871 zum entscheidenden Ausschlusskriterium: Wer danach – also während der deutschen Herrschaft – zugezogen ist, wird als Deutscher angesehen. Das gilt auch für die Kinder von diesen Zuzüglern, sogar wenn sie selbst schon in Elsass-Lothringen geboren wurden.
Eine weitere Quelle ist die leider nur auf Französisch oder Englisch verfügbare Seite der Université PSL, einer staatlichen Universität in Paris.
Dort wird bei der Ausweisung bzw. Säuberung in Elsass-Lothringen auf Ausweisungs- und Sortierkommissionen hingewiesen.
Deuxième partie
(…)
Chapitre 2
Classement, expulsions et commissions de triage : l’épuration en Alsace-Lorraine
Le classement de la population. Dès l’entrée des troupes françaises en Alsace, les mairies reçoivent pour consignes de délivrer des cartes d’identité répartissant la population en quatre catégories, sur des critères héréditaires. Si la distribution ne pose pas de difficultés majeures à la campagne, elle soulève des problèmes insurmontables dans les agglomérations, où la mixité est plus importante.
L’expulsion des Allemands. L’épuration, qui débute dès novembre 1918, frappe en premier lieu les représentants du pouvoir impérial et du pouvoir militaire : fonctionnaires d’Empire, responsables des administrations impériales, membres des bureaux militaires, universitaires, mais aussi employés et ouvriers, qui sont contraints de quitter l’Alsace-Lorraine. Ces expulsions ont souvent lieu dans des conditions pénibles, à tel point qu’Alexandre Millerand prend le 11 mai un arrêté qui crée les commissions spéciales d’examen.
Les commissions de triage. Les commissions de triage sont chargées de l’examen individuel des Alsaciens-Lorrains signalés pour leurs sentiments germanophiles, leurs propos ou leur attitude pendant la guerre. Ce sont les armées d’occupation qui organisent le premier acte de l’épuration, mais à partir du mois de décembre, les Commissaires de la République suivent de près les travaux des commissions de triage. Des décisions gouvernementales interviennent en janvier 1919, qui clarifient la situation et précisent les attributions du pouvoir civil. Au printemps 1919, l’administration doit faire face aux critiques de l’opinion : on reproche aux commissions de triage l’arbitraire des procédures et la gravité des peines infligées aux Alsaciens.
Übersetzung durch google
Zweiter Teil (...) Kapitel 2 Klassifizierungs-, Ausweisungs- und Sortierkommissionen: Säuberung in Elsass-Lothringen Bevölkerungsklassifizierung. Sobald französische Truppen ins Elsass einmarschierten, wurden die Rathäuser angewiesen, Personalausweise auszustellen, die die Bevölkerung anhand erblicher Kriterien in vier Kategorien einteilten. Während die Verteilung auf dem Land keine großen Schwierigkeiten bereitet, wirft sie in den Ballungsräumen, wo die Vielfalt größer ist, unüberwindbare Probleme auf. Die Vertreibung der Deutschen. Die Säuberungswelle, die im November 1918 begann, traf in erster Linie die Vertreter der Reichsmacht und der Militärmacht: Reichsbeamte, Leiter der Reichsverwaltungen, Angehörige militärischer Ämter, Akademiker, aber auch Angestellte und Arbeiter, die das Elsass verlassen mussten. Lothringen. Diese Ausweisungen erfolgen oft unter schwierigen Bedingungen, so dass Alexandre Millerand am 11. Mai ein Dekret erlässt, das spezielle Überprüfungskommissionen einrichtet. Sortierkommissionen. Den Triage-Kommissionen obliegt die individuelle Prüfung der gemeldeten Elsässer-Lothringer auf ihre germanophilen Gefühle, ihre Worte oder ihre Haltung während des Krieges. Es waren die Besatzungsarmeen, die den ersten Akt der Säuberung organisierten, doch ab Dezember verfolgten die Kommissare der Republik aufmerksam die Arbeit der Sortierkommissionen. Im Januar 1919 wurden Regierungsbeschlüsse gefasst, die die Situation klärten und die Befugnisse der Zivilgewalt präzisierten. Im Frühjahr 1919 musste sich die Verwaltung öffentlicher Kritik stellen: Die Triage-Kommissionen wurden wegen der Willkür der Verfahren und der Härte der gegen die Elsässer verhängten Strafen kritisiert. |
Suche nach weiteren involvierten Personen
In die Aktion waren laut Buch [3] neben den Mitgliedern des eigentlichen Kommandos noch weitere, zum Teil namentlich bekannte Personen involviert. Darunter die Auftraggeber, die Ansprechpartner des Andreas Gruber in Sachen Einlagerung oder auch Mitglieder des Vorkommandos. Ist es möglich hier Personen zu verifizieren? Welche Informationen werden zu diesen Personen geliefert?
Quellen
Entgegen kommt unseren Nachforschungen, dass gerade die Bayerischen Archive bereits große Teile ihrer Bestände digitalisiert zur Verfügung stellen bzw. Suchmaschinen anbieten, mit denen Stichworte und Namen gesucht werden können. Auch weitere frei zugängliche Quellen standen zur Verfügung.
Hier eine Liste aller für die Personensuche verwendeten Bestände:
- Adressbücher Ingolstadt (1921, 1926)
- Adressbuch München (1922)
- Kriegsstammrollen Bayern (ancestry)
- Deutsche Rangliste 1914 umfassend das gesamte aktive Offizierkorps
- Verwaltungshandbuch Bavarikon
- Findmitteldatenbank der Staatlichen Archive Bayerns zu „Personalakten“
- Übergreifende Suche über alle Bestände (ancestry)
Anmerkung: Sofern für die Suche nach einzelnen Personen weitere Quellen einbezogen wurden, beispielsweise weil sich ein konkreter regionaler Bezug ergab für den ein spezieller Archivbestand verfügbar ist, wird das separat angegeben.
Mitglieder Vorkommando
Dieses soll aus Polizisten aus Schrobenhausen und Umgebung bestanden haben. Namentlich erwähnt ist nur Leutnant Borowski von der Bayerischen Landespolizei.
Leutnant Borowski
Was wissen wir über Leutnant Borowsi? |
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Leutnant Borowski von der Bayerischen Landespolizei soll dem Vorkommando angehört haben und am Tag der Ankunft des eigentlichen Kommandos anwesend gewesen sein. Die Übergabe und Kommunikation fand wohl zwischen Borowski und Mehnert statt. |
Recherchen: * alle o.g. Bestände |
Ergebnis: Ein Polizist Borowski konnte nicht gefunden werden. |
Mitglieder des eigentlichen Kommandos
Aufgrund der vollständigen digitalisierten bayerischen Kriegsstammrollen müsste es hier möglich sein, mindestens Angehörige vom Pionierbataillon 4 Ingolstadt zu finden, denn die Kriegsstammrollen enthalten ja neben den Namen auch Rang und Geburtsort des Soldaten.
Laut der Geschichte soll Ernst Friedrich Mehnert beide Mitglieder seines Kommandos erschossen haben. Deshalb der Vollständigkeit halber: in den Zeitungsarchiven finden sich weder Suchaufrufe nach zwei vermissten/fahnenflüchtigen Reichswehrsoldaten, noch dass es in der Scheune bei Taiting jemals einen Leichenfundgab oder dahingehend Untersuchungen stattfanden.
Feldwebel Schmidt
Was wissen wir über Feldwebel Schmidt? |
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Von ihm ist bekannt, dass er ursprünglich aus der Region Traunstein kommt und als Wilderer 1912 wegen Totschlags an einem Jäger zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt werden sein soll. |
Recherchen: * alle o.g. Bestände zusätzlich: * Zeitungsarchive wie bspw. der Rosenheimer Anzeiger Bemerkungen zur Recherche: Der Familiennamen Schmidt wurde in allen möglichen Schreibweisen (Schmitt, Schmiedt, Schmid, etc) zur Suche verwendet; der Geburtsort wurde auf den ganzen Landkreis Traunstein und dem angrenzenden Chiemgau erweitert |
Ergebnis: Ein Feldwebel Schmidt wird in keinem der durchsuchten Bestände geführt. |
Wachtmeister Ploner
Was wissen wir über Wachtmeister Ploner? |
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Wachtmeister Ploner, ein gebürtiger Tiroler, der nach einfacher Pionierausbildung in Ingolstadt, zum Fronteinsatz kam. Er soll Angehöriger des Pionierbataillon 4 Ingolstadt gewesen sein. |
Recherchen: * alle o.g. Bestände |
Ergebnis: Es konnte keine Person Ploner (Plonner, Bloner/Blonner) gefunden werden, auf die die o.g. Informationen zutreffen. |
Die Initiatoren
Der Geschichte nach kam ein Hauptmann Langer aus Ingolstadt nach München in die Prinz Leopold Kaserne der Dienststelle des Oberstleutnant Rosner, um diesen von der Erpressung durch Andreas Gruber zu berichten.
Hauptmann Langer
Was wissen wir über Hauptmann Langer? |
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Er soll bei der Demobilisierungsstelle in Ingolstadt tätig gewesen sein. |
Recherchen: * alle o.g. Bestände |
Ergebnis: Ein Hauptmann Langer (oder ähnlich) ist im entsprechenden Zeitraum und auch danach innerhalb der Festung Ingolstadt nicht aufgeführt. |
Oberstleutnant Rosner
Was wissen wir über Oberstleutnant Rosner? |
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Rosner wird je nach Quelle als Abwehrchef oder stellvertretender Abwehrchef des Wehrkreis VII gewesen sein. Sein Büro befand sich in der Münchener Prinz Leopold Kaserne. Dort war auch ein Leutnant Wilhelm als Ordonnanzoffizier. Rosner kannte Mehnert persönlich, und hatte ihm den Posten als Sprengmeister in Oberschleißheim besorgt. Rosner und seine Frau sind eines Abends oder Nachts auf offener Strasse von „roten Banditen“ bedrängt worden und durch Mehnert bzw. dessen Schüsse aus der Parabellum 08 gerettet worden. In der Geschichte wird Rosner von Hauptmann Langer darüber informiert, dass Gruber die Reichswehr zu erpressen versucht. Außerdem ist im Buch zu lesen, daß Rosner etwa im gleichen Alter wie Polizeioberleutnant Ramers (nach anderen Aussagen in den Videobeiträgen auch Ramer) war und mit diesem zusammen auf der Kriegsschule gewesen ist. Als Fähnriche wären sie zusammen „gedrillt worden“. |
Recherchen: * alle o.g. Bestände Bemerkungen: aufgrund der Dienstelle in der Prinz Leopold Kaserne (S. 838) sowie der Andeutung er hätte auch privat (S. 675) in München gewohnt als er zusammen mit seiner Frau bedrängt wurde, wurde das Münchner Adressbuch ebenfalls durchsucht. |
Ergebnis: Oberstleutnant Rosner wurde nicht gefunden. |
Polizeioberleutnant Ramers
Was wissen wir über Oberleutnant Ramers? |
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Ramers (oder Ramer) soll zunächst Fähnrich (zusammen mit Rosner) gewesen sein, im Anschluss daran habe er in Landsberg ein Nachschublager geleitet, bevor er dann 1919 zur Bayerischen Landespolizei wechselte. Es gab bei der Polizei München einen Josef Ramer, allerdings war Ramer anders als im Buch nicht der Polizeipräsident in München, sondern der Direktor. Präsident war Ernst Pöhner. Anders als die Figur im Buch trat der reale Ramer bereits vor 1919 der Polizei bei. Und war bereits am 16.03.1900 als Polizeirat bei der Polizeidirektion in München. |
Recherchen: * alle o.g. Bestände |
Ergebnis: Ein Ramers mit den genannten Kriterien konnte nicht gefunden werden. |
Fazit zur Suche nach weiteren genannten Personen
Bewertung |
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Dass ein einzelner Name von Ernst Friedrich Mehnert nicht richtig erinnert wurde liegt durchaus im Bereich des Möglichen, zumal der angebliche Verfasser seine Erinnerungen 50 Jahre später und im hohen Alter (80+) niedergeschrieben haben soll. Dass aber sämtliche sechs Namen falsch erinnert wurden pricht gegen die Geschichte, vor allem da ja zu dem Oberstleutnant Rosner eine Art freundschaftliches Verhältnis bestanden haben soll. |